Osteuropa 2008 - Tag 14: Timisoara - Brasov
Von Pascal Zingg
Sonntag: 13.07.08Sonntag gleich Reisetag, einen ganzen solchen muss man auch einplanen wenn man hier durch das halbe Land will - nicht nur mit der Bahn sondern auch mit dem Auto. Da das Autobahnnetz in diesem Land eigentlich nicht existiert, dauert es halt immer ein wenig länger, und auch eine “Hauptreisestrasse" (also z.B die Strasse 1) ist kein Garant für schnelles Vorwärtskommen. Im Gegenteil, weil da immer ein Haufen Verkehr ist, kommt man meist langsamer voran als auf einer normalen Hauptstrasse. Heute früh aber klingelte der Wecker natürlich wieder zur gewohnten Zeit um 7 Uhr. Da ich aber nicht sonderlich gut geschlafen hatte, liess ich den Wecker sein und beschloss für mich noch im Bett zu bleiben. Da sich Pascal ebenfalls nicht rührte ging ich davon aus, dass es ihm auch passt. So wurde es 9 Uhr bis wir uns aus den Betten quälten, obwohl das Wetter wieder extrem gut war. Kaum aufgestanden ging es wieder zum "Frühstück", welches leider auch heute nicht überzeugen konnte. Wir packten dann alles zusammen, natürlich nicht ohne etwas zu vergessen (mein Duschgel steht noch im Bad da) und fuhren los. Wir wussten in etwa wo lang und so lautete das erste Ziel des Tages Lugoj ... oder besser irgendeine Tankstelle da. Mitten in der Stadt fanden wir dann eine OMV Tanke, und füllten dort unsere Spritreserven wieder auf. Kaum raus aus Lugoj ging es über die ersten Berge, oder besser gesagt Hügel. Auf einer kleinen Hauptstrasse ging es in die Haupthauptstrasse 7, bis die Strasse 1 welche von Arad nach Bucaresti führt erreicht wurde. Die Strasse warjedoch extrem schlecht im Schuss war, wobei die Chruschinov Platten ziemlich verbraucht waren (Anm. von Pascal Chruschinov ist Nils Spitzname für Nikita Chruschtschov, und als Chruschinov Platten bezeichnet er die Betonplatten auf gewissen Strassen). Das Auto lief, der Zingg schlief und ich war wieder mit 120% hinter dem Steuer. Wenn man in der Schweiz 90% Aufmerksamkeit dem Verkehr widmen muss, sind es hier 120%: Löcher in den Strasse, überholende Fahrzeuge, Gegenverkehr auf der eigenen Spur ... eine Sekunde nicht aufmerksam und schon ist etwas passiert. Eine Fahrweise mit welcher ich mich erst anfreunden musste, mittlerweile habe ich jedoch gefallen daran gefunden. Gefährlich nur, wenn ich gleich in Finnland fahren würde, so Passiv wie die Fahren, würde ich da wohl als extremer Verkehrsrüpel im Nullpunktnix im Bunker landen. Kurz hinter Deva drückte meine Blase und ich wollte mal rechts ranfahren, parallel war die Bahn und ich dachte, beim nächsten BÜ: „Fahr mal rein“. Der kam dann gleich und war, Zufall, geschlossen! Direkt am HP Geoagiu parkierten wir also unser Auto in den Schotter und stellten uns mal hin. Zugleich kam auch ein ex. SNCF Triebwagen der CFR als Regio im Licht in Richtung Deva gefahren. Ein netter Zufall, welchen man natürlich an einem Wechseltag immer gebrauchen kann.
Weiter ging es dann auf der Strasse 1 in Richtung Sibiu. Doch irgendwo etwa 20km vor Sibiu, ich war gerade wieder mit einer aggressiven Gruppe von Fahrzeugen daran einen Schleicher zu überholen, stockte der Motor wieder. 110, 4 Gang, Pedal voll unten und es geschah nichts, im Gegenteil, die Geschwindigkeit wurde langsamer und die Tourenzahl nahm ab. Scheisse, nicht schon wieder, das Problem ist ja bekannt! Ich probierte etwas, schaltete runter, hoch, gab Gas, nahm Gas weg ... es kam kaum etwas. Als es dann durch die Lüftung wieder zu stinken begann, war ich davon überzeugt, dass wieder Endstation war. Ich stupfte dann Zingg und gab ihm zu verstehen, dass es gleich aus sei mit der Karre. Sein Kommentar: „Nur huere Lämpe mit dem scheiss Charre!“ Dachte ich auch. Ziel war jetzt noch so weit in Richtung Sibiu zu kommen wie möglich ... und auf einmal, lief die Karre wieder wie immer, nicht ganz rund, aber sie lief. Wir fuhren dann bis Sibiu rein und setzten uns erstmal in einem MCD an der Strasse und assen etwas. Überlegten dabei: Wie weiter? In Sibiu bleiben und morgen zu Chevi gehen, um es mal checken zu lassen, oder weiter versuchen nach Brasov zu kommen und erst etwas unternehmen falls es nicht mehr geht? Wir entschieden uns für zweiteres und dachten, das passt schon, er läuft ja wieder. Ich nahm noch kurz die Hörprobe bevor wir den Parklatz wieder verliessen. Es lief erstaunlich gut, kein einziges Mal spuckte der Schlitten wieder. Als dann kurz vor Avrig an einer Nebenstrasse ein BÜ geschlossen war, traute ich mich das erste mal wieder das Auto ab zu schalten. Kaum am BÜ vorne, kam der Zug auch schon, mit einer 65er bespannt kam ein Schnellzug von Bukarest nach Timi an uns vorbei, das Licht passte eigentlich, aber nicht für das Telebild, welches einiges besser wurde als das normale.
Ohne Halt ging es dann weiter bis hier nach Brasov, amüsiert nur von den Beerenverkäufern, welche überall am Strassenrand standen und ihr Ware feilboten. In Brasov angekommen suchten wir schon bei der Einfahrt nach einem Hotel oder einer Pension, erfolglos. So bog ich dann bei einem Kreisverkehr erstmal in Richtung Gara ab. Auf der Suche nach einem Kursbuch wurden wir wieder enttäuscht, die Frau an der Info hatte zwar eins und meinte: „Dieses hier?“ Sagte dann aber das sie keine solche zu verkaufen hätte ... *grummel*. In der Innenstadt suchten wir dann ein Hotel, was wie erwartet nicht gelang. Das erste sah extrem herunter gekommen aus, hatte nur ein Zimmer für zwei Nächte und war eigentlich etwas zu teuer, das zweite war mit über 600 Lei (ca. 300 Franken!) pro Nacht viel zu Teuer. So kramten wir mal unsere Notizen nach vorne und schauten uns die Tipps für Hotels an, welche wir von Rumänien erhalten haben. Etwas direkt in Brasov war aber nicht dabei, da wir aber nicht nur die E-Piste machen wollen, wollten wir möglichst zentral bleiben, und da war Brasov ideal. So fuhren wir mal weiter auf der Strasse 1 in Richtung Bucuresti, um am Stadtrand etwas Günstiges zu suchen. Es gelang, das letzte Haus vor dem grossen Wald ist eine nette Pension (Castel heisst die), welche Zimmer für 80 Leu pro Nacht vermietet, was ja schon fast Geschenkt ist. Natürlich muss man dabei auf einigen Komfort verzichten, die Dusche hat Ihren Namen kaum verdient, kein Internet, kein funktionierender TV, keine Klimaanlage etc. Aber für den Preis kann man nichts sagen und das wichtigste: Es ist Sauber und bisher ist uns im Zimmer nichts Lebendes entgegen gekrochen :). Das dumme an der Lage des Hotels, die Haupstrasse 1 geht direkt vor dem Zimmer durch, das gute daran, 5m weiter hinten ist die Bahn, der Balkon geht in diese Richtung raus und so sitzen wir jetzt hier und schauen ein wenig den Zügen nach, bei einem kleinen Snack welcher wir hier unten gekriegt haben - extrem gemütlich! Nach unserer Ankunft wollten wir aber nochmals in die Stadt, etwas Zutrinken kaufen und noch etwas für Pascal erledigen. Als wir das erste Mal durch die Stadt fuhren, sah er nämlich, dass ein alter Bieler O-Bus verkehrt, original Lack sogar noch mit dem Bieler Stadtwappen. Als halber Bieler war er extrem angetan von den Kisten und drängte dazu, doch noch ein Bild von einem solchen zu machen. Wir stellten uns dann an die Wendeschlaufe der Buslinie und nach einiger Warterei kam dann auch einer in der gewünschten Lackierung.
Mir Wurst, aber der Zingg hatte jetzt 3 schlaue Bilder gemacht heute ;). Noch ein letztes Mal fuhren wir zum Bahnhof, parkten aber nicht ganz am selben Platz. Was einen einarmigen Clochard auf den Plan rief, der uns sofort nach der Ankunft bedrängte, und Geld von uns wollte. Wir machten einen auf *ignore* und er zog ab, um den Nächsten zu belästigen. Am Bahnhof fotografierten wir noch die Abfahrts- und Ankunftstabelle, und besorgten uns einen Faltfahrplan von der Privatbahn, welche mit den alten Carawelle Triebwagen zwei Nebenlinien bedient. Auf dem Weg zum Wagen kam auch der Einarmige wieder und wollte wieder Geld, wieder gab ich ihm zu verstehen, dass ich ihm nichts geben werde, so zog er ab und belästigte sofort wieder den Nächsten. Wir waren drin, die Türen waren zu und verriegelt, der Rückwärtsgang drin, da rannte von hinten ein Junge ran, klopfte an die Scheibe und machten die hohle Hand. Ich schüttelte den Kopf und fuhr los, an seiner Geste sah ich, dass er nicht sonderlich erfreut über meine Reaktion war. Meine einzige Angst ist jeweils nur, dass die einem noch in die Karre treten wenn man ihnen nichts gibt. Darum haben wir danach im Zimmer hier unser Kleingeld gesammelt, damit wir den Deppen das nächste Mal etwas geben können. Hier in der Pension kam dann aber noch das kleine Hüngerchen, welches wir auf dem Balkon nicht mit Müller Milchreis sondern mit einem Salat und Pommes stillten. Währenddessen war ein Auge aber immer bei der Bahn und beobachtete die diversen Nachtzüge. Morgen gehts mal an die Hauptstrecke, wir lassen uns überraschen, rechnen aber beide damit, dass es nichts grossartiges werden wird, dafür gibt es zuviel grünes Zeugs in diesem Land.
(Text: Neel Bechtiger)
vor zum 15. Tag
zurück zum 13. Tag