Sonne, Wein und Piroska - Teil 1
Von Christof Hofbauer
Gingen die letzten beide Frühjahrstouren in die wundervolle Eisenbahnwelt der Benelux-Stadten, sollte diesmal der Südosten von Europa unsicher gemacht werden. Schliesslich gabs ja genug Ziele, E-Lok Oldies in Slowenien, Dieselpower in Kroatien, Malaxa in Rumänien und dazwischen buntes in Ungarn. Tja, doch wie sooft im Leben, der Mensch denkt und die Arbeit lenkt. Mitten in der schönsten Vorplanung wurde mir ein Angebot gemacht, dass ich nicht ablehnen konnte. Schattenseite, die Woche Urlaub im Mai war damit gestrichen. Aber irgendwie war das Fotofieber doch so groß, dass ich nach einer Alternative suchte. Dann auch noch die Berichte, dass die MDmot bald aus Pécs und in absehbarer Zeit ganz verschwinden würden. Es war entschieden, der Wochenfeiertag sollte genutzt werden. Immerhin 4 Tage hatten wir so für die Tour. Ne ganz schöne Ecke zu fahren, aber besser wie garnicht. Jetzt hieß es Tour planen, Unterkunft und Kursbuch besorgen und los gings.Donnerstag, 21. Mai
Am Donnerstag um dreiviertel sieben gings los, etwas später wie geplant, aber am Abend vorher hatte ich flotte Stunden im Stau verbracht und so zogen sich packen usw. bis in die Nacht.
Über Passau und Wien landeten wir zur Mittagszeit im Burgenland. Was lag näher als die Schnitzelpause mit etwas Eisenbahn zu verbinden. In Müllendorf bot sich die Gelegenheit dazu. Ein Blick ins Kursbuch zeigte das gleich zwei Personenzüge vorbeikommen würden. Schnell war bei der Bahnhofseinfahrt ein Plätzchen gefunden, passend ein Kieshaufen den man als erhöhten Standort nutzen konnte. Bis zur Ankunft war noch etwas Zeit, also geduldig warten und den Blick etwas schweifen lassen. Aha, im dreigleisigen Bahnhof stand ein Bauzug mit einer M 44, im anderen Baumaschinen und im dritten ....... tja das war frisch eingeschottert aber noch nicht gestopft. Jetzt war klar, hier würde heute wohl kein Zug fahren. Also blieb nichts anderes übrig als den Hügel zu verlassen und zumindest die M 44 309 im Bahnhof auf den Chip zu bannen.
Das war ja ein „toller“ Auftakt L . Na immerhin, wir hatten uns gestärkt. Weiter gings über Sopron, Zalaegerszeg nach Nagykanisza. Alles lief super, aber die Dreiviertelstunde Verspätung konnten wir nicht wieder hereinholen. Während wir Richtung Barcs rollten mussten wir daher den Fotoplan umstellen. Sabine, die sich schon die ganze Fahrt als perfektes Navigationssystem betätigt hatte, blätterte nun eifrig in Kursbuch und Umlaufplan. Resultat, statt erst hinter Barcs bezogen wir schon vorher in Vizvár Stellung. Waren wir bis dahin dauernd unter einem schönen blauen Himmel unterwegs, mussten wir nach Ankunft am Bahnhof feststellen, dass sich der Himmel von Kroatien her immer mehr bezog. Und noch war es mehr als eine halbe Stunde bis zur Ankunft des Zuges. Ausser einer großen Schar an Schwalben die für Unterhaltung sorgten war alles wie ausgestorben. Endlich radelte der örtliche Schranken- und Weichenwärter Richtung Bahnhofseinfahrt an uns vorbei. Es rührte sich also was, aber der Himmel hatte sich mittlerweile schon stark bezogen und das Licht wurde immer difuser. Was soll, dafür sollte gleich als Sz 8916 der erste MDmot kommen ........ oder auch nicht, denn es lief Bzmot 160 ein.
Na toll, sind wir jetzt so weit gefahren um doch zuspät zu kommen. Während es immer finsterer wurde machten wir uns, diversen Kuhherden folgend die auf der Straße durch die Dörfer getrieben wurden, zum nächsten Fotopunkt auf. Wir hatten uns dafür Péterhida ausgesucht. Dort angekommen mussten wir feststellen, erst Sonne weg, dann MDmot weg und jetzt auch noch Strecke weg. Wir haben den ganzen Ort abgesucht, aber statt jeder Menge Natur und dem örtlichen Friedhof nichts entdeckt. Mist und jetzt drängte auch noch die Zeit. Also zurück nach Babocsa und dort am Bahnhof eine Stelle gesucht. Ansonsten war nichts prickelndes im Angebot, erst recht nicht bei dem miesen Licht das jetzt herrschte. Nun war warten angesagt und hoffen. Endlich Licht am Ende der Geraden. War es nun ein MDmot oder wieder eine Büchse auf ungarisch?!?!? Ja, nein, oder doch, ja wirklich, ein Vertreter der heiß begehrten Rassel kam an und verließ nach wenigen Minuten unter beachtlicher Lärmentwicklung der Sz 8913 den Bahnhof.
Mit MDmot 3004 hatten wir also den ersten im Kasten. Langsam hellte sich die Stimmung wieder auf und auch am Himmel zeigte sich die Sonne. Wir fuhren weiter Richtung Osten, Pécs entgegen und suchten nach dem ersten Fotoplatz. Lange Schatten der tiefstehenden Sonne und die Tatsache, dass sich die Strecke bald von allen Straßen entfernen würde ließ uns Darány als nächsten Standpunkt aussuchen. Im feinsten Abendlicht verlässt MDmot als Sz 8941 den Bahnhof.
Für uns hieß es nun erstmal tanken, nach Pécs fahren und das Hotel suchen. Das hört sich leichter an als es war. Irgendwie besteht die Altstadt von Pécs auf vielen Einbahnstraße und ausreichend Fußgängerzone. Wir kurvten etwas unmotivier herum, bis Sabine endlich ein Hinweisschild auf die Hotelgarage fand. Soweit so gut, aber im Hotel waren wir deshalb immernoch nicht. Nachdem wir den zentralen Platz dreimal erfolglos umrundet hatten, beschlossen wir uns zu Fuß auf die Suche zu machen. Guter Plan, denn nach nur 300 m und einmal ums Eck standen wir vor dem Hoteleingang. Mittlerweile war es nach halb neun und wollten nur noch einchecken, dass Auto sicher parken und unser Zimmer beziehen.
Freitag, 22. Mai
Heute galt es früh aufzustehen, denn wir wollten den ersten Güterzug nach Magyabóly, bespannt mit einer M 62 erwischen. Wir hatten nur die Abfahrtszeiten in Pécs und die Ankunftszeit in Villány. Daher beschlossen wir nicht auf der Strecke zu warten, sondern uns kurz vor Villány zu platzieren. Kurz vor Erreichen des Ziels trübte sich leider die Sonne wieder etwas ein. Dafür gabs gleich beim Einfahrtssignal das erste Fotomotiv. Schnell raus aus dem fahrbaren Untersatz und hingesprintet um den Bzmot 209 zu erwischen, der sich gerade wieder in Bewegung gesetzt hatte.
Wir fuhren weiter nach Villánykövesd und platzierten uns oberhalb eines kleinen Baches. Ich probierte gerade einige Standpunkte aus und durchstreifte die Wiesen am Bach, als es vor mir raschelte und etwas langes kupferfarbenes sich ins hohe Gras verzog, sprich wegschlängelte. Gut das ich nicht näher dran war, hätte eine unheimliche Begegnung werden können. Nach dieser kleinen Expedition ins Tierreich war nun wieder Eisenbahn angesagt. Endlich kam der Güterzug, naja Zug war schon fast übertrieben und vor allem die Bespannung war enttäuschend. Statt der erwarteten M 62 führte die Reko M 47 1213.
Ein Bild, ein langes Gesicht und die Frage was nun. Erstmal gings zurück nach Villány um dort zu schauen und die Ausfahrt zu fotografieren. Danach beschlossen wir in den ungarischen Grenzbahnhof Magyarbóly zu fahren. Vielleicht war die M 62 ja schon da. Doch auch hier war Fehlanzeige. Vor einem Güterzug stand M 47 1211.
Wir warteten noch auf die Rückkehr des Bzmot 209 aus Koratien und machten uns dann auf an die KBS 60 Richtung Barcs.
Hinter Szentlörinc, dort wo die elektrifizierte Strecke Richtung Dombóvár abzweigt, wollten wir Position beziehen, denn die Strecke für die Rückfahrt zur KBS 65 durfte nicht zu weit sein, stand doch der IC nach Sarajevo auf dem Programm. Gleich beim ersten Versuch wurden wir am kleinen Haltepunkt in Szendénes fündig. Bevor der erwartete Sz 8912 mit einem MDmot anstand kam aus Richtung Pècs erst noch Bzmot 192 als Sz 8947.
Dann war es soweit, MDmot 3004, den wir am Vortag schon gesehen hatten, lief in den besetzten Haltepunkt ein und verließ ich kurz darauf mit der schon bekannten Lärm- und Rauchentwicklung.
Nicht aber ohne uns etwas zu hinterlassen. Ein etwas „wild“ aussehender Ungar, der dem Zug entstiegen war, hatte erfolglos versucht ein Auto anzuhalten, dass ihn in die nächste Ortschaft mitnehmen sollte. Als er nun sah, dass wir zum Wagen gingen kam er Wort und Gestenreich auf uns zu. Nach einigem hin und her entschlossen wir uns Taxi zu spielen und ihn nach Hause zu fahren. Der kleine Abstecher war nicht langweilig. Mit fester Stimme gab er uns einen Ungarischkurs, den wahrscheinlich nicht mal Einheimische verstanden hätten J . Recht dankbar für den Transport versuchte er uns beharrlich noch zu einem Glas einzuladen, aber erstens mussten wir nun wirklich weiter und zweitens wäre die Koversation ziemlich einseitig geworden.
Wir machten noch einen kurzen Zwischenstopp in Szentlörinc .... vielleicht hatte sich ja hier eine M 62 versteckt .... aber außer einer dritten Reko M 47, der 1210, und einer modernisierten V 43 3220 vor einem IC nach Budapest gabs nicht zu sehen.
Also noch schnell die Lebensmittelvoräte aufgestockt, kalte Getränke gebunkert und schon gings zurück an die KBS 65 zum Bosnien-IC. Diesmal wollten wir an die Strecke, mussten jedoch in Vokány feststellen, dass die Sonne bereits zu weit rum war. Also dann zur Alternative Kistotfalu. Während ich mich am Hang hinter dem kleinen Haltepunkt aufstellte, bekämpfe Sabine erst mal ihren Hunger. Ich wollte ihr es kurz darauf gleich tun, schliesslich sollte der IC 259 bald kommen. Doch die Zeit verging und nichts passierte. Erst war er eine Viertel-, dann eine Halbe- und am Schluß mehr als eine ganze Stunde zu spät. Endlich, nun mit gut +90 min., röhrte es hinter der Kurve und M 41 2164 kam mit ihrem „schweren“ Zweiwagenzug angebraust. Der erste Wagen hinter der Lok ist der der ZFBH.
Nun gings sprung auf, marsch marsch, denn eigentlich hätte der nächste Sz mit einem MDmot schon durh sein müssen. Da bislang alle Schlepptriebwagen Richtung Westen bzw. Norden am Zug waren, positionierten wir uns in Vokány. Nach einigem Warten trafen auch vereinzelt Fahrgäste ein. Ein gutes Zeichen und schon blinkte auch der Bahnübergang. Doch statt des erwarteten Sz aus Pécs kam, fast fahrplanmässig, der IC 258 Dráva aus Sarajevo, bespannt mit M 41 2117.
Ich war zugegebener Maßen überrascht, hatte ich doch gedacht, dass die M 41 im kroatischen Grenzbahnhof von einem IC auf den anderen umgespannt wird. Nach einiger Zeit ließ sich dann auch noch Sz 8914 blicken, gebildet aus MDmot 3004.
Kennt hier schon jemand die Feinstaub-Normen? :-)
Zwei ungarische Schönheiten auf einen Blick.
Nun, da der Fahrplan gehörig in Unordnung gebracht worden war, hieß es was tun? Planmäßig stand schon fast der nächste Sz 8124 aus Pecs an. Wir fuhren daher nur wenige Kilometer weiter nach Pakonya., wo wir MDmot 3015 im besten Licht erwischten.
Nun wollten wir wieder an die KBS 60 wechseln um die Abendleistungen der MDmot zu erwischen. Ziel sollte der ehemalige Abzweigbahnhof Középrigóc sein. Wir steckten unsere Nasen in die Karte und glügelten aus, dass wir entlang der ehemaligen Strecke Villány - Sellye - Középrigóc am schnellsten sein würden. Zeit war genug, so dachte wir! Da hatten wir aber noch keine Ahnung, dass insgesamt gut 30 km auf der Straße, welche weitestgehend der stillliegenden Eisenbahnstrecke läuft, mit EU-Mitteln neu gebaut werden und aufgrund des neuen Belags auf 40 kmh Höchstgeschwindigkeit beschränkt waren.
Erst gings aber mal nach Villány, wo an der nördlichen Bahnhofsausfahrt gerade die Schranken herunter gekurbelt wurden. Schnell an den Rand gefahren, beim Wärterhäuschen postiert ....... und sich an der einzigen kleinen Fotowolke am ganzen Himmel erfreut *grrrr* ...... aber ein Bild des MDmot 3004 musste sein.
Der Vollständigkeit halber noch den Bzmot 174 im Bahnhof mitgenommen und los gings.
Nach einem kurzen Abstecher in Beremend.....vielleicht ist da ne M 62......nee, gar nichts, leer......gings zügig voran, bis, ja bis die besagten Kriechstrecken kamen, die ich meist sportlich, und doch für die mich überholenden Ungarn entschieden zu langsam, mit 60 kmh durch"eilte". Gott sei Dank war ich etwas bescheidener bei der Höchstgeschwindigkeit, stand doch tatsächlich kurz vor Drávafok eine Kontrolle und kassierte die eiligeren Zeitgenossen ab. Im Bahnhof Drávafok sah ich zu meinem Erstaunen dann zwei frisch mit Holz beladene Vierachser. Da ich vorher und nachher nur rostige Schienen mit teils abenteuerlicher Bettung sah, dürfte dieser Bahnhof von Sellye aus bedient werden.
So richtig widmen konnte ich mich dem gesehenen nicht, lief uns doch langsam aber sicher die Zeit davon. Den Blick ständig zwischen Fahrbahn, Schlaglöchern, Uhr, Karte und Tachometer hin und her gleiten lassend, erreichten wir den im Wald gelegenen Bahnhof aber doch noch bei Zeiten.
War er am Vortag schon bereits im Schatten, stand jetzt die Sonne recht ordentlich. Kaum angekommen lief auch schon MDmot 3022 als Sz 8913 von Pécs her ein.
Wir den nächsten planmäßig anstehenden Schlepptriebwagen wählten wir die Bahnhofseinfahrt aus Richtung Barcs. Wir waren gespannt, ob wir wie am Vortag wieder nur eine "Büchse" zu sehen bekommen würden. Dann wäre nämlich auch der Standort nicht richtig und wir könnten nicht mal eine "Ärger-Foto" machen. Die Minuten vergingen, doch dann kam der MDmot 3002 als Sz 8916 rauchen und lärmend heran.
Hatten wir für dieses Bild noch schöne Abendsonne gehabt, zeigte ein genauerer Blick an den Himmel nichts gutes. Wir folgten dem MDmot und schafften es tatsächlich noch mit ihm in Darány zu sein. Hier war das Licht aber bereits weg und wir genossen optisch und akustisch die Anfahrt. Mittlerweile hatte sich eine dicke, dunkle Wolkenfront am Himmel gezeigt und machte uns klar, dass wird heut nichts mehr mit Bildern. Also zurück nach Pécs und ein gutes Abendessen und einen ebensolchen Wein in der Fußgängerzone genossen.
Irgendwie kamen wir während der Fahrt darauf, dass wir am Vormittag eine Flasche Limo in Szentdénes hatten stehen lassen. Bei unserem hektischen Aufbruch mit unserem ungarischen Fahrgast hatten wir diese total übersehen. Schnell war der Beschluss gefasst, wir erretten die arme flasche aus der Einsamkeit eines fremden Landes und ausserdem sind 25 Cent Flaschenpfand auch Geld :-) .......... Also von der Hauptstraße runter und das kurze Stück zum Haltepunkt gedüst. Flasche gerettet und "ganz zufällig" noch ein Guten Abend Bild vom Bzmot 172 gemacht.
Im Hotel angekommen freuten wir uns schon auf ein schönes Essen im Freien. Doch während wir uns fertig machten, zog die Gewitterfront , die wir unterwegs gesehen hatten, mit Macht über Pécs. Blitze, Donnergrollen, Sturm, fliegende Tischdecken, Blumenschmuck, Teller, Gläser und ein Starkregen brachten uns aber nach einiger Zeit zu dem Schluß, vielleicht doch besser im Hotelrestaurant zu essen.
Nach einem guten Mal, einer guten Flasche Wein und einem Spaziergang durch die Fußgängerzone gings beschwingt ins Zimmer. Der dort einberufene Kriegsrat hatte schnell beschlossen, am kommenden Tag gehts nicht nochmal in die Umgebung von Pécs, hier hatten wir heute schon gute Ernte erzielt, sondern wir versuchen einen serbischen Sinobus auf der Grenzstrecke nach Szeged zu erwischen. Dann mal Gute Nacht!