Marokko 2010 - Teil 6

Von

Text: Neel Bechtiger

[title]Sonntag 07.02.2010, Fes - Fes[/title]

Karte

Und heute war er endlich da, der Morgen wie wir ihn uns immer erhofft hatten. Draussen war es schön, keine Wolke war am Himmel und der Sonntag begann mit freundlichem Vogelgezwitscher unter dem strahlend blauen Himmel. Genau so kalt war es denn auch als wir nach dem Frühstück den Parkplatz betraten um unseren Logan zu entern.
Der Parkplatzwächter hatte von gestern noch genug Trinkgeld und er nickte auch nur zustimmend als wir raus gefahren sind. Über die wie immer schön leeren Strassen fuhren wir in Richtung Osten, an einen Ort wo wir schon mal waren uns das schlechte Wetter aber einen Strich durch die Rechnung gemacht hat – in die Kehre vor Ain Sbit. Denn wieder stand der Morgenzug aus Taza an welcher ja nach unseren Vermutungen DH und DF dran haben sollte auf dem Programm.
Die Sonne kam langsam hervor auf der Fahrt zur Stelle und durchsetzte die teilweise dichten Nebelbänke mit einem goldenen Schein. An der Stelle angekommen zündete sie gerade auf die Strecke und somit war das Timing perfekt. Wir waren sogar wieder etwas zu früh und nutzten die Zeit um uns etwas optimaler hinzustellen, der Sonnenstand war nicht optimal. . Ohne auch nur eine Gefahr einer Wolke kam dann der Zug und er war .... zu unserer kleinen Enttäuschung nur mit einer GM bespannt, die Nador Lok fehlte – janu.

DH 350/370 der ONCF zwischen Sidi Harazem und Aïn-es-Sbite
Der Frühzug 200 von Taza nach Fes hier im allerersten Licht des Tages an der einzige Stelle mit Frontlicht auf der ganzen Fahrt - hinter Ain Sbit. An diesem Sonntag leider ohne die DF die noch Mitte der Woche an diesem Zug hing.

Nach dem Zug drehten wir bei und fuhren, auch wie letztes mal, wieder zum Bahnhof von Ain Sbit um da nach Train de Marchandise zu fragen. Nicht das bekannte und erwartete Gesicht öffnete die Türe, aber nicht minder freundlich wurde unsere Frage beantwortet. Um kurz nach 1 sollte ein Güterzug nach Fes rollen, was unser Nachmittagsloch immerhin etwas stopfen sollte. Aber erstmal musste ein Loch bis um halb 12 gestopft werden – bis zur P-Zug Kreuzung in Touabaa). Zur Sicherheit fragten wir aber sowohl in Touabaa und auch in Matmata nach wegen dem Güterzug. Und fast wie erwartet wollte keiner der zweien von dem Zug Bescheid wissen. Einer hatte sogar noch einen Zug von Fes im Angebot, welcher der andere auch nicht kannte. Es waren alle Hilfsbereit, aber die Informationen sind natürlich ganz schön Wertlos ... und da uns die erste Info einen sehr Kompetenten Eindruck machte, er ging extra ins Büro um zu schauen, gingen wir mal aus das der Zug auch kommt.

Zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Vor Matmata am Ende des Barrage Idris 1er dieses Bild, eine abgesoffene Palme zeugt vom doch eher hohen Wasserstand des Stausees.

Da wir unseren Stellenplan von der letzten Übung schon fix hatten fuhren wir gleich an die letzte Stelle im Osten und warteten da in der Sonne bis die Zeit reif ist für die Feinverteilung. Wir taten nicht viel und genossen die Sonne und das laue Lüftchen am Stausee. Als die Zeit reif war liessen wir David wie abgemacht stehen und fuhren los, Daniel lud mich bei meiner Stelle aus und fuhr zu seiner Ecke.
Bei mir wartete es sich richtig angenehm, bis auf einen kleinen Jungen der mit seinen Schafen in der Gegend war, war nichts los. Der kleine sprach nur Arabisch, wollte erst Zigaretten und als ich ihm von meinem Getränk angeboten habe doch lieber Geld, was er nicht kriegte. Der Zug von Osten wurde durch David vorgemeldet, der von Westen von Daniel, so war ich immer prima vorbereitet und konnte mit der Musik im Ohr auf den Zug warten. Der Junge hatte seine liebe Mühe die Schafe im Griff zu halten, denn er stand ja bei mir und fand mich irgendwie interessanter als die Herde, und so übernahm sein Hund die meisten Aufgaben. Lief dann doch mal ein Schaf auf ein Feld wo es nicht hin sollte schmiss er ganz einfach mit Steinen in die Richtung des verbotenen Gebiets und trieb so die Schafe wieder zurück – dass er dabei ein Tier traf nahm er wohl in kauf. Dann ging es los und als der Zug bei mir vorbei rollte und ich die Kamera hervor nahm schaute der kleine gleich noch viel Dümmer (das Erlebnis ist überall dasselbe ;)).

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
DH mit Zug 202/126 aus Oujda am Ortsausgang von Matmata. Der Staussee führt genau bis an den Ort heran, dann ist fertig.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Landschaftsblick mit Zug 202/126 aus Oujda zwischen Matmata und Touabaa.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Ruhig liegt das Wasser des Barrage Idris 1er als der Frühzug aus Oujda an seinen Ufern entlang nach Westen strebt. Er wird gleich Touabaa erreichen wo mit dem Gegenzug aus Fes gekreuzt wird.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Nach erfolgter Kreuzung schleicht nun Zug 205/105 nach Oujda über den Küstenabschnitt.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Auch heute hatten wir uns wieder artig verteilt, und so entstand ein weiteres Bild am Barrage Idris 1er von Zug 205.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Das letzte Bild von diesem Zug entstand kurz vor Matmata wo das Ende vom Barrage Idris 1er fast schon erreicht ist. Gut zu sehen auf diesem Bild, die Palme im See und der riesige Wasserturm unter welchem das letzte Bild entstanden ist.

Als die Züge vorbei waren holte mich Daniel wieder ab und wir fuhren gemeinsam zu David welcher derweil noch an seiner Stelle nach dem Güterzug Ausschau gehalten hat.
Daniels Geschichte über das warten war auch spannend; er wartete unterhalb eines Dorfes und wurde irgendwann von der Jugend entdeckt. Diese wollte Kommunizieren und einer konnte anscheinend Französisch. Irgendwann kam dann eine aus dem Dorf welche sowohl sehr gut Französisch als auch Englisch sprach, sie sei Architektin in Fes. Die nächste Stunde sei sehr spannend gewesen meinte Daniel und er wurde zur Attraktion des Ortes. Ob er verheiratet sei wurde nebenbei auch gefragt, was doch eine spannende Frage ist ;) Dabei stellten wir auch fest, dass wir die Leute wohl unterschätzt haben, in den Dörfern gibt es Internet und die meisten haben ein Handy. Fotos von den Frauen durfte er dann aber nicht machen, schon gar nicht fürs Internet – und so blieben die meisten Fern vom Gruppenfoto ;)
David hatte nicht so viel zu erzählen, er wartete einfach.... und fand für die Gegenrichtung eine wirklich nette Stelle.
Nächster Punkt, der vielleicht Güterzug. Da er nicht unmittelbar bei uns gekreuzt hat rechneten wir nicht vor 30min mit ihm ... aber irgendwie, da war doch vorhin etwas? Und wirklich, es war ein unüberhörbares GM tröten in der Luft. David lief zurück zu seiner Stelle während Daniel und ich sehr sehr eilig mit dem Auto gen Westen fuhren. Weit mussten wir nicht und weit durften wir nicht, denn eine dicke Schleierschicht zog von Westen auf und hielt uns davon ab dem Zug weit vorzufahren.
Bei einer Fotogenen Brückenstelle rannten wir aus dem Auto und knallten den gleich folgenden Güterzug mit GM vorne und hinten. Leider war aber genau zur durchfahrt der erste Schleier vor der Sonne, was etwas stört.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Von einem Güterzug wussten wir zwar, trotzdem kam er etwas überraschend. So entstand an der Brücke bei Matmata nochmal ein Bild von einer DH. Etwas unglücklich geraten ist die Wagenfolge vom Zug.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Der Zug hatte Nachschub durch eine DH und so war immerhin ein Notschuss möglich.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ


DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Weiter hinten (das Ende des Sees ist noch zu erkennen) rollte der Zug dann in eine kleine Schleierwand hinein auf dem Weg nach Fes. Und auch hier stören die dummen Flachwagen ;) Die Buden unten links sind übrigens Verkaufsstände der Lokalen Bevölkerung wo Erzeugnisse vom Acker angepriesen werden. Es waren vor allem Karotten, Kürbisse und alles was sonst noch so Wächst im Winter.

DH 350/370 der ONCF zwischen Matmata und Et-Touabaâ
Und noch der Nachschuss, dass es das letzte Bild des Tages werden sollte vermuteten wir da noch nicht.

Zurück bei David waren wir alle etwas perplex ... aber froh nicht vorher langsam losgefahren zu sein, denn so hätten wir dem Zug unter umständen nur zuschauen können. Es war etwa 13 Uhr und wir hatten Zeit, viel Zeit, bis um etwa 17 Uhr sollte sich kein Rad mehr bewegen. Es war arg zugesifft zu der Stunde, aber man weiss ja nie was das Wetter genau macht. Deshalb wollten wir das mal abwarten.
Und nun hatten wir Hunger, dafür fuhren wir mal in den nächsten Ort welchen wir schon häufig durchfahren aber nie angehalten haben. An so einem Fleisch / Grillstand liessen wir uns nieder und bestellten 1kg für uns drei. Es dauerte eine ganze weile bis Serviert war, was vor allem den zahlreichen Gästen geschuldet war, welche der Wirt bedienen durfte. Während wir am Essen waren wurde ein anderer Gast extrem ungeduldig. Die Familie fuhr kurz nach uns hin und musste halt etwas länger warten. Bei uns würde man freundlich nachfragen wann man mit dem Essen rechnen kann, nicht so hier. Keine zwei Sätze waren gewechselt da schrieen sich sowohl Ladenbesitzer als auch Gast an, die Familien mischte sich bald ein ;) Wir verstanden wo das Problem war, es dauerte ihm zu lange und obwohl das Essen jetzt im Teller lag wollte er es nicht mehr. Er bezahlte nur einen Teil. Es kam soweit das sich jeweils drei Personen gegenseitig anschienen und der sonst eigentlich gesellig wirkenden Geschäftsmann zum Schlachtermesser griff. Das war es dann aber auch schon, wutentbrannt verliess die Familie das Lokal und brauste mit dem alten Benz davon – ui, wenn die erst im Strassenverkehr so entspannt sind? ;)). Wir taten das ganze dann als „Marokkanische Diskussionskultur“ ab und assen weiter. Es war lecker, sehr lecker aber viiiel zu viel ;) Wir bezahlten artig unser Essen, was und sonst blüht haben wir ja erlebt, und fuhren zwecks weiterem Zeitvertreib mal der Strecke gen Fes nach. Da der Schleier dünner wurde und sich teilweise am auflösen war wollten wir den P-Zug mal abwarten, hatten sonst ja eh nix zu tun. Wir warteten lange in der Sonne, dann im Schatten und zur Planzeit wieder in der Sonne. Nur Zug wollte keiner kommen, auch nach über 30min tauchte keiner auf ... dafür war der Schleier wieder dicht und rundherum schon fast Nacht. Etwas Unterhaltung beim warten bot unter anderem ein einsamer alter Mann auf seinem Esel welcher nach Zigaretten schnorrte oder ein PickUp Taxi VOLL mit Frauen, das Geschrei, Gelächter und gewinkt war gross als sie unsere Kameras entdeckten. Ein zweiter Frauentransport später erwartete uns und bevor man uns sah hörte man das Geschrei von der Ladefläche runter.
Irgendwie wollte der Zug nicht und als es selbst für Kunst zu dunkel wurde fuhren wir weg. Fes war Routiniert schnell erreicht und wir parkten unser Auto vor dem Ibis. Es war grausam viel los in der Stadt und der grosse Platz vor dem Bahnhof erinnerte eher an Indien, ein Gewusel und wir mussten mit dem Auto einmal quer durch ;) Der Platz frass uns und spuckte uns 2min später am richtigen Ort wieder aus, nichts für schwache Nerven. Petit Taxis hätten für dieselbe Strecke im Platz wohl in 5 sec. Zurück gelegt.
Hunger hatten wir noch nicht wirklich und so kam es das wir dem Wunsch von Daniel nachgaben noch in die Medina zu fahren. Ein Petit Taxi fuhr uns für 20 Dh an einen Eingang der Medina und der Fahrer empfahl uns ein Lokal mit Marokkanischen Spezialitäten welches wohl einem bekannten gehört – es war leer und so mieden wir es ohne schlechtes gewissen. Der Taxifahrer war klasse, schon als er uns angesprochen hat roch man deutlich seinen Joint. Im Auto rauchte er dann genüsslich weiter .. und fuhr dabei mit teilweise 100kmh durch die Stadt – und dazu lief (wirklich wahr), Bob Marley. Er meinte dann auch, easy way of life hier in Fes ;).
Die Medina (Altstadt) von Fes sei die grösste und schönste in Marokko, seit dem Jahr 1200 werde daran gebaut und aktuell leben und arbeiten 200'000 Leute in der grossen Medina von Fes. Es ist schon gewaltig, gross (Flächenmässig) ist die Medina nicht und so ist es unvorstellbar was da drin für ein Gewusel herrschen/- und wie drückend die Hitze im Sommer sein muss. Wir liefen mal von einer Seite in die Medina hinein ohne einen Plan zu haben wohin und wofür. Wir liessen die Medina einfach mal auf uns wirken, da gibt es überall kleine Geschäfte, Metzgereien, Gemüsehändler, Gewürzhändler, Friseure, auch einen Gashändler haben wir ausgemacht. ... und alle werfen den Müll vor den Laden – wobei es dafür erstaunlich sauber ist, Geruchsarm hingegen weniger ;)
Das einzige Transportmittel innerhalb der Mauern sind Handkarren welche auch am Abend noch Zahlreich unterwegs waren und Waren von A nach B transportierten. Wir sind in einem Teil der Medina gelandet wo sich wohl nur selten Touristen hin verirren, und so wurden wir von vielen Leuten angegafft und von nicht wenigen auch angesprochen, alle hatten sie etwas schönes für uns. Irgendwann, wir waren etwa 30min unterwegs kamen wir an einem Souvernirshop vorbei, dem ersten ... und kaum 2sec gestanden war der Besitzer schon bei uns und quatschte uns zu. Und es lief 1:1 so ab wie es im Reiseführer beschrieben wurde. Erst werde etwas gesprochen, dann gibt man einige gute Tipps (keine inoffiziellen Stadtführer benutzen ect.) um den Eindruck zu erwecken, man sei dein Freund. Dann wird etwas erzählt über die Familie und wie schlecht es ginge und man sagt, dass er der einzig Faire Händler sei hier, alles andere seien Gauner und er uns deswegen super Preise machen wolle, weil wir seien ja sicher Studenten. Blablabla ;) Er war zwar nett, aber er wollte natürlich ein Geschäft machen und wurde dann recht aufdringlich. Das hielt uns nicht davon ab zu handeln, wobei er erst einen etwas entsetzten Eindruck machte, er wollte uns damit wohl sagen, ich glaube ihr seid zu dumm zum Handeln und glaubt mir meine Story. Trotzdem handelten wir und schlussendlich hatten wir alle etwas. Dann wurde er richtig aufdringlich, denn sein armer Kollege mit dem Laden nebenan müsse ja auch etwas verdienen und wir wurden gebeten da auch noch zu schauen. Man wollte dann unbedingt etwas verkaufen, dass wir kein Interesse hatten und dies auch ziemlich direkt mitteilten interessierte nicht. Die beiden wurden richtig nervig, da wir aber um die Verkaufstrategie bescheid wussten (Reiseführer sei dank) liessen wir uns davon nur bedingt stressen. Irgendwann wurde es uns aber zu Dumm und wir liefen davon, da keiner hinterher lief schien man genug Geschäfte gemacht zu haben mit uns (zweifelsfrei hatten sich die zwei die sicher zusammen gehören eine kleine goldene Nase verdient mit uns).
Wir fanden den Weg aus der Medina fast auf Anhieb und nahmen uns am Ende gleich wieder ein Petit Taxi zum „Place de Revolution“. Speziell aufdringlich fuhren die Petit Taxis in denen wir Sassen nicht, oder es kommt einem nicht so vor, aber es ist schon ein anderes fahren – wobei die verbeulten Fiat (bei unserem ging die hintere Türe nicht richtig zu) auch nicht so schützenswert sind wie ein Leihwagen ;).
Ein Medinabesuch am Abend ist schon sehr speziell, viele positive Eindrücke konnten wir leider nicht sammeln, aber der Taxifahrer hatte uns gewarnt ... und auch im Reiseführer wird von unbegleiteten Touren abends in der Medina grundsätzlich abgeraten. Zumindest diese Medina in Fes werden wir diesen Urlaub aber nicht mehr bei Tag besuchen. Wir gönnten uns dann einen kleinen Snack an der Strasse und liefen zurück zum Hotel ... sehr müde fielen wir gleich ins Bett, das Internet funktioniert nämlich noch immer nicht.