Unter der Sonne Spaniens - Teil 1
Von Christof Hofbauer
Mittwoch, 18.01.2012Prolog
Grau ist’s in München, grau und kalt! Naja, dass graue rührt nicht vom Himmel her, sondern von der Wandfarbe des „Fingers“ in dem ich schon seit fast 10 Minuten stehe und darauf warte, dass die Herrschaften vor mir es endlich in den Flieger schaffen. Was kann beim Einsteigen in einen A320 nur solange dauern? Und dabei haben wir doch schon 25 Minuten Verspätung. Naja, da hat Nil Zeit den Flughafen von Madrid ausgiebig kennen zu lernen. Er hatte mir nämlich eben geschrieben, dass sein Flug von Zürich pünktlich geht. Der Plan ist, dass wir uns in der spanischen Hauptstadt treffen um eine Woche durch den Süden der iberischen Halbinsel zu gondeln. Der Entschluss reifte irgendwann um die Jahreswende, als das anhaltende „Nicht-Wetter“ hier bei uns die Fotoapparate schon langsam Moos ansetzen ließ.
Endlich hab auch ich es in die Maschine geschafft und kann mir nun das Drama sprichwörtlich hautnah anschauen. Der Flieger ist anscheinend ausgebucht und der überwiegende Teil der Fluggäste rekrutiert sich auch der Gattung „Business man“. Natürlich hat jeder seinen Rollkoffer im Handgepäck dabei, einen Laptop, eine sonstige Tasche für gewiss wichtige Dinge…….zu was gibt es eigentlich eine Beschränkung beim Handgepäck frage ich mich…….und zur standesgemäßen Bekleidung natürlich auch noch einen Wintermantel. Alles in allem……zu viel für die Stauräume des Fliegers! Als ich endlich meinen Platz erreicht habe, stapelt sich das „Hand“-gepäck schon auf allen freien Plätzen. Mein Fotorucksack findet zwischen meinen Beinen Platz, deren Knie mit dem Vordersitz innigen Kontakt haben. Zwischen Ihnen noch mein Anorak, ja und nicht zu vergessen mein Pulli, denn anscheinend will uns die fürsorgliche Fluggesellschaft schon mal auf das Klima in Spanien vorbereiten und heizt im Flieger ordentlich ein. So eingepackt kann mir nun nichts mehr passieren, selbst unangeschnallt würde ich Looping oder Rolle ohne Probleme überstehen. DAS KANN JA HEITER WERDEN.
Immerhin, der Pilot hat sich beeilt und bis Madrid eine halbe Stunde wieder raus geholt. Prima! Also raus aus dem Flieger, Koffer geholt und ab durch den Ausgang.
Nil wartet schon hinter diesem auf einer Bank, wir marschieren kurz zum Schalter des Autoverleihers und dann ab ins benachbarte Parkhaus. Der Weg dorthin führt über den Flughafenbahnhof im Terminal 4 und wir sehen mit einem dort angekommenen CIVIA das erste spanische Eisenbahnfahrzeug der Tour. Jetzt Auto geholt und ab zur letzten Etappe nach Aranjuez wo wir ein Zimmer vorgebucht haben. Zwischendrin ein Stopp in einer Niederlassung der Systemgastronomie mit dem großen M inkl. Liveübertragung von El Classico und schon haben wir unser Hotel erreicht. Kaum die Nachtschicht aufgeschreckt sind wir schon am Zimmer, wühlen uns durch die Fahrpläne und merken, die Nacht wird kurz. Also Licht aus und buenas noches!
Donnerstag, 19.01.2012
Etwas zäh geht das Aufstehen. Es ist noch dunkel als wir das Hotel verlassen, was zum einen daran liegt das wir uns fast am westlichen Rand der Zeitzone befinden, zum anderen daran, dass es noch sehr früh am Tage ist. Aber schließlich wollen wir als erstes den Talgo 276 nach Almeria kurz hinter Alcazar de San Juan ablichten und dahin ist es noch ein Eck zu fahren. Während Nil gefühlvoll Giulietta aus der Parklücke manövriert, so heißt nämlich die rassige Italienerin die uns die nächsten Tage begleiten wird, und sich dabei über den traditionell großen Wendekreis eines Alfas wundert, schweifen meine Blicke erst über die beeindruckende Bausubstanz rund um unser Hotel, dass die ehemalige Bedeutung Spaniens als Europäische- und Weltmacht wiederspiegelt, und dann über den Himmel. Oh, Wolken! So war das aber nicht bestellt! Naja, wir haben ja noch gut eine Stunde zu fahren und da kann sich noch viel ändern. Tut es auch und schon nach halber Strecke zeigt sich der Wolkenrand und am Horizont grüßt langsam die Sonne.
Start nach Maß in die Fototour! Während wir uns Alcazar des San Juan nähern geht langsam über dem Horizont die Sonne auf.
Unter Alcazar de San Juan, welch grandiose Ortsnamen die Spanier doch haben, wird die Landschaft bretteben. Nicht leicht einen geeigneten Standort zu finden. Außerdem kreuzen nur wenige Straßen die Bahn, was die Standortwahl auch nicht einfacher macht. Aber die Bauern der Region haben ein Einsehen mit uns. Aus von den Äckern zusammengelesenen Steinen haben sie nette Hügel entlang der Strecke gebaut und einen solchen erstiegen wir bei Cinco Cassus. Perfekt! Wir brauchten auch nicht lange zu warten und schon röhrt ein Diesel in der Ferne. Wenig später passiert der Talgo unseren Standort und das erste Eisenbahnbild der Tour ist im Kasten.
334 017-1 dürfte mit dem Talgo 276 wenig Mühe haben, trotzdem ist sie schon von weitem zu hören.
Fein! So dürfte es weitergehen. Wir kletterten von unserem Hügel wieder herab und schauten sicherheitshalber nochmal nach rechts und links, ob nicht ein grünes Signal weitere Züge verspricht. Dabei stellten wir fest, dass die Strecke anscheinen unlängst gründlich erneuert wurde.
Nach einem Zwischenstopp an der Tanke in Alcazar de San Juan machten wir uns auf an die Strecke nach Madrid. Hier stand nämlich demnächst ein Zug von Media Distancia an. Auf dem Weg dorthin gabs es aber noch einen Halt am kleinen Rangierbahnhof, nebst Bildern von der abgestellten Verschubloks von adif und den drei Maschinen von RENFE Mercancías.
310.036 der adif abgestellt im Rangierbahnhof von Alcazar de San Juan
Die beiden Traxxe 253 100-2 und 253 056-6 warten mit der Diesellok 333 343-2 auf ihren nächsten Einsatz.
Eigentlich widerstrebt es mir ja ein bisschen die ersten beiden mit auf das Bild zu nehmen, bin ich doch nicht unbedingt ein Traxx-Freund. Aber wenn man schon mal hier ist *grins* . Wir machten uns wieder auf den Weg und das Drama dieses Tages nahm seinen Lauf.
Wir waren schon etwas spät und als nun auch die Straße noch von der Strecke weg führt und weder Navi noch Karte Querungen der Eisenbahn anzeigten, wurden wir leicht hibbelig. Zum Glück wasr Quero bald erreicht und von dort geht eine Straße zur Bahn. Tja, leider läuft diese hier auf einem Damm und ist zudem noch eingezäunt. Was soll jetzt das? Hat man Angst die Züge könnten abhauen?!? Die Strecke sieht ebenfalls generalüberholt aus und dabei hat man ihr einen gut 2 m hohen Zaun auf beiden Seiten spendiert! Toll!
Über einen breiten Feldweg und eine Holperpiste gings erstmal der Bahn entlang. Die erste Stelle die wir fanden ist noch nicht richtig im Licht. Also weitersuchen! Dabei fuhr uns schon mal der angepeilte Media Distancia Zug in den Rücken. Prima! Aber da aus einem neuen Triebwagen gebildet verschmerzen wir es. Beim weiteren Suchen erspähten wir eine Brücke hinter einer Kurve. Dort sollte das Licht passen. Also nichts wie hin. Nur wie? Ein Weg endet vor einer großen ausgefahrenen Pfütze die Giuli wohl nicht bewältigen würde. Also zurück (dauert) und auf einem der Feldwege versucht, die weiter vorne rechts abgehen. Das Ergebnis ist so ziemlich immer das gleiche. Wir standen immer irgendwann vor einem Acker ohne der Brücke entscheidend näher gekommen zu sein. Also aufgeben und zurück zum Anfang. Kaum kam die Strecke in Sicht zieht ein Talgo an uns vorbei ….. gut ….. dann ein Güterzug mit Traxx ….. *arrrg* ….. und dann ein Triebwagen! Nun ist es aber genug! Wir sind stolz auf uns! :-( Eineinhalb Stunden rumgekurve im Nirgendwo und kein Foto. Im Gegenteil, in Summe vier Züge verpasst.
Nach einiger Fahrerei fanden wir hinter dem Bahnhof eine B-Stelle. Nichts Besonderes, aber man wird ja bescheiden :-) . Sie hatte nur ein Problem. Innerhalb der nächsten Stunde kam nur ein Zug, und der von hinten. Dass die in der Tanke gekauften Sandwiches massiv nach gar nichts schmecken verbesserte unsere Laune nun auch nicht gerade :-) .
Immerhin eins war jetzt sicher. Das Licht an der zu Anfang gefundenen Stelle passet jetzt und da wissen wir wie wir hin kommen. Also, kehrt, marsch, marsch.
Kaum angekommen gabs tatsächlich die ersten Aufnahmen.
Zuerst nähert sich 334 021-3 mit einer Talgo-Garnitur von hinten.
Dann lässt sich zu meiner Freude der 592 214 blicken und wird vor dem Hintergrund von Quero abgelichtet.
Und nachdem ein 449er passiert hat, kann 334 008-0 an gleicher Stelle auf den Chip gebannt werden.
Das war doch mal Balsam auf die „geschundene Fotografenseele“. Wir beschlossen, dass es Zeit ist das Motiv zu wechseln. Zu diesem Zweck nehmen wir nochmals das Projekt „Brücke“ in Angriff. Und siehe da, nach nur einem Fehlversuch hatten wir diesmal den richtigen Zugang vom Ort Quero her gefunden. Unsere Euphorie wurde aber auch gleich schon wieder gebremst. Während wir noch auf dem Weg waren, zog ein 269er-Doppel in Altlackierung mit einem Kesselzug nach Norden an uns vorbei.
Nur von Weitem konnten wir dieses 269er beobachten.
Das schmerzt gerade mich nun stark. Hatte doch ich als Baureihensammler auf diese mittlerweile seltener gewordenen Maschinen gehofft. Zudem ist es in einem Land wo Güterzüge eher die Rarität sind schon doppelt bitter, wenn man bereits zwei gesehen und verpasst hat. Sinnlos zu sagen, dass, als wir die Brücke wenige Minuten später erreicht hatten, erst mal wieder Ruhe auf den Schienen war.
Immerhin konnten wir nach einigen Warten eine 334er und zwei Regionaltriebwagen erlegen.
449 536-2 auf dem Weg in Richtung Madrid.
Während 449 011-6 gleich die Endstation Alcazar de San Juan erreicht hat.
Wir wollten nun wieder etwas probieren und folgten der an den Gleisen entlang führen Sandstraße. Kaum runter von der Brücke rollte von einer Traxx gezogen Güterzug Nummer drei an uns vorbei. War ja logisch, oder? Wir kämpften uns der Strecke entlang Richtung Alcazar de San Juan, ohne eine geeignete Fotostelle zu finden. Also beschlossen wir es hinter dem Ort zu versuchen, dabei das grüne Signal ignorierend, was Nil kurzerhand zum Blocksignal erklärte, dass immer offen wäre. Kaum hatten wir uns von der Strecke wegbewegt, rollte auch schon ein Güterzug, gezogen von einer grünen 335 durch! 0:4 im Spiel Nil/Chris gegen Güterzüge! Was für eine einseitige Partie. Dass wir dann in Alcazar selber noch das Ende einer 490er Garnitur sahen, sie aber nicht mehr erreichen konnten, machte das Kraut nun auch nicht mehr fett.
Wenigstens die Störche hatten ein Einsehen und warteten geduldig bis wir in Position waren.
Nil schlug nun vor für die letzten Sonnenstrahlen nach Quero zurück zu fahren und den Hügel bei der Bahnhofsausfahrt zu entern. In Ermangelung besserer Vorschläge stimmte ich zu.
Kaum waren wir dort mit Giuli über einen ausgefahrenen Sandweg gehoppelt und hatten die Gutste verlassen, rauschte auch schon der nächste Güterzug vorbei, diesmal gezogen von einer 251er.
Die stark verschmierte 251.013 passiert Quero mit einem Güterzug nach Osten.
Es reichte gerade noch zu einem Querschuss und somit stand es 0:5. Kantersieg für die Güterzüge würde man im Fußball sagen .
Wir nahmen es mit Humor, man kann es ja doch nicht ändern……und wurden zu guter Letzt noch belohnt. Denn nach dem üblichen Regionalverkehr mit einem 449er kamen wir tatsächlich noch zu unserem Ehrentreffen in Sachen Güterzüge. Und zu was für einem! Ein ach so herbei gesehntes 269er Doppel gab sich im letzten Abendlicht die Ehre.
449 054-6 auf dem Weg nach Alcazar de San Juan.
269 217-6 und 269 208-5 passieren mit einem Güterzug unseren Fotostandpunkt.
Ha! Nur mehr 1:5! Man wird ja Bescheiden :-)
Das dann nach einem weiteren Talgo und einem Media Distancia nochmal eine 251er erschien, welche mangels Licht nicht mehr ordentlich abgelichtet werden konnte passte ins Bild und machte somit das halbe Dutzend voll. 1:6 ….. was für eine Schlappe! :-)
Diese Maschine hatten wir heute schon mal auf ihrem Weg nach Madrid gesehen und tatsächlich auch abgelichtet. Nun kehrt 334 021-3 wieder aus der Hauptstadt zurück.
449 555-2 aus Alcazar de San Juan beendete die Serie der herzeigbaren Bilder an diesem Tag.
Nun war „Licht aus“ und wir machten uns auf den Weg. Linares war das Ziel, wo sich die Strecken nach Almeria/Granada und Sevillia/Malaga teilen.
Dort sitzen wir nun im Hotel bei einem guten Essen und lassen den Tag Revue passieren. Die Ausbeute war ganz ordentlich, doch im Vergleich zum möglich gewesenen dann doch eher bescheiden.
Aber wir haben ja noch ein paar Tage und ich kann Euch schon heute versprechen, auch wenn uns der „Fluch der fehlenden Minute“ fast die ganze Tour treu geblieben ist, es gibt noch genügend nette Bilder zu sehen.
Also dann bis Teil 2!