Chile 2012 - Tag 7: Tocopilla

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Die gute Nachricht zuerst: Die Boxcabs fahren noch. Unsere Information bezüglich "letzter Fahrt" kam gestern ja etwa so zu stande: Unser Guide, der nicht so richtig verstand was wir machen und wollen, telefonierte mit einem LF über eine vmtl. eher schlechte Verbindung (Netzqualität zwischen Antofagasta und Tocopilla ist nicht soo toll), und übersetzte die Informationen dann in sein nicht allzu gutes Englisch. Bei sovielen möglichen Fehlerquellen erstaunt es, im Nachhinein betrachtet, nicht so sehr, dass da gewisse Dinge am Schluss falsch herum raus kamen. Dennoch, wir mussten gestern mangels besseren Informationen wirklich davon ausgehen, dass wir die letzte Fahrt fotografieren - wie ich es beschrieben hatte.

Aber beginnen wir vorne. Ich hatte nicht so gut geschlafen; das Hauptproblem war, dass das Bettlaken nicht mit der Matratze verbunden war, und ich so spätestens nach zweimal im Bett drehen total darin verheddert war. Gleich nach dem Aufstehen begrüsste mich dafür eine ziemlich grosse Kakerlake oder war auch immer das für ein Viech war. Immerhin, besser als Bettwanzen, denn Kakerlaken beissen wenigstens nicht.

Anschliessend gings zum Frühstück. Man merkte unserer Wirtin an, dass sie solche Gäste-Massen nicht so gewohnt ist; sie irrte etwas unkoordiniert zwischen Küche und unseren Tischen hin und her. Schliesslich erhielten wir aber doch alles, was wir wollten (abgesehen von sauberem Geschirr ;) ).

Unsere Reiseleitung klärte uns derweil über das auf, was sie gestern erfahren hatten. Der Hauptpunkt war, dass die neuen Loks nach wie vor nicht zufriedenstellend funktionieren. Zwei Hauptprobleme gibt es: Das Eine ist die schlechte Fahrleitung, welche häufig zu Unterbrüchen bzw. entsprechenden Lichtbögen führt. Dies bekommt der Elektronik nicht so gut, während die rudimentäre Technik in den Boxcabs damit keine Probleme hat. Das zweite Problem besteht darin, dass die neuen Loks leichter sind und daher schlechteres Adhäsionsverhalten zeigen. Tagsüber bei trockenen Schienen ist das nicht so ein Problem, aber nachts kondensiert die Luftfeuchtigkeit an den Schienen, so dass die Züge die 40 Promille nicht mehr hoch kommen. Deshalb werden nachts ausschliesslich die Boxcabs eingesetzt. Dennoch wird erwartet, dass die restlichen Neubauloks in nächster Zeit abgeliefert werden.

SQM zwischen Barriles und Quillagua
Rustikale Fahrleitung der SQM, wohl noch aus Pionierzeiten des elektrischen Betriebs

Da die Führung der SQM die alten Loks endlich weg haben will, wurde offenbar auch ein neuer Abteilungsleiter für die Eisenbahn eingesetzt, dessen Hauptaufgabe es ist, dafür zu sorgen, dass die alten Loks ersetzt werden. Dennoch rechnet "unser" Lokführer damit, dass die Altbauloks noch 1-2 Jahre im Einsatz stehen werden. Es bleibt also spannend.

Ein weiterer Punkt war, dass offenbar Pläne bestehen, die Elektrifizierung wieder zu verlängern. Diese endet heute in Barriles, ging aber früher auch schon weiter (die Masten stehen noch, aber es hängt kein Fahrdraht mehr). Die elektrifizierte Strecke wurde offenbar primär deshalb verkürzt, weil nicht genügend Elektroloks zur Verfügung standen, um die ganze Strecke zu bedienen.

Nach dem das nun geklärt war und alle etwas erleichtert waren, ging es zur Strecke hoch, um den ersten Zug mit Boxcabs zu fotografieren. Die eigentlich gewünschte Stelle für den Anfang wäre beim Bahnübergang gleich oberhalb Tocopilla gewesen, aber das war sonnenstandstechnisch komplett aussichtslos; ähnlich sah es im Reverso aus. Das Ziel war deshalb eine nette Hufeisenkurve, etwa auf halbem Weg zwischen Reverso und Carmelita. Dummerweise war der Zug ziemlich früh unterwegs und der Sonnenstand auch tiefer als bei der Vorbereitungsreise, so dass der Zug schon bald im Schatten vorbei kam. Schade um die tolle Fotostelle!

Dafür fuhren wir nun nach Quillagua, während es ein Teil der Gruppe etwas weiter hinten im gleichen Seitental versuchte. Das klappte nun wunderbar.

GE 289A "Boxcab" der SQM in Quillagua
Die Boxcabs 607 und 601 mit Leerzug in der Ausweiche Quillagua

GE 289A "Boxcab" der SQM in Quillagua


Anschliessend konnten wir den zug wunderbar bis Barriles hoch verfolgen.

GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua


GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua


GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua


In Barilles wurde ziemlich fix umrangiert, und kaum 20 Minuten nach Ankunft fuhren die beiden Boxcabs schon wieder talwärts, was zunächst mal zwei Bilder an der Strasse ergab.

GE 289A "Boxcab" der SQM in Barriles
601 und 607 an einem beladenen Nitratzug in Barriles

GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua


GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua


Nun hätte ich mich gerne zurück zur Kurve verschoben, wo wir morgens waren, weil diese nun sicher gut im Licht war und sich dort sowohl Berg- wie auch Talfahrer ablichten liessen. Unser Reiseleiter und Fahrer liess sich von diesem Vorhaben jedoch nicht überzeugen, und deshalb fuhren wir zu einer anderen Hufeisenkurve. Während der Rest der Gruppe weiter vorne irgendwelche Querschüsse versuchte (Querschüsse in Ehren, aber ich muss jetzt nicht 10 Bilder haben, die den Zug von weit weg in einer Geröllhalde zeigen, denn diese Bilder haben so die Tendenz, immer wieder gleich auszusehen), versuchte ich die Kurve irgendwie umzusetzen, was allerdings ein ziemlicher Fehlschlag war (D'oh - Hätte ich nur den Querschuss gemacht...). Als dann der Rest der Gruppe auch noch den bergfahrenden Zug an gleicher Stelle abwartete, ärgerte ich mich vollends, und versuchte was mit einem Einschitt umzusetzen, was aber irgendwie auch nicht so ganz zufriedenstellend war.

E650 653 der SQM zwischen Barriles und Quillagua
Neubaulok E653 schleppt zusammen mit E652 einen Leerzug den Berg hoch

Als Abschluss des "Vormittagsprogramms" verfolgten wir noch den Bergfahrer mit den zwei Neubauloks, und machten ein weiteres Bild an der Strasse.

E650 653 der SQM zwischen Barriles und Quillagua
E653 und E652 im oberen Abschnitt. Der Zug war extrem langsam unterwegs, insb. langsamer als die Altbauloks

Da irgendwie niemand das Bedürfnis hatte, die Neubauloks weiter zu verfolgen, ging es stattdessen zurück nach Tocopilla, um eine Mittagspause zu machen.

Tocopilla
Blick über die Hauptstrasse, welche von Maria Elena und Barriles kommt. Im Hintergrund das Kohlekraftwerk

Dabei besuchten wir ein anderes Restaurant, welches auch noch nett aussah. Die Speisekarte kam mir aber irgendwie komisch vertraut vor: Wie gestern Abend gab es da im Wesentlichen Fisch, Rindfleisch und Poulet, plus wahlweise Pommes oder Reis. Ist das jetzt "die Chilenische Küche"? Egal. Ich bestellte mir wieder das Poulet, und dieses mal wars eigentlich ganz gut, im Gegensatz zu gestern.

Derweil besuchte mein Zimmergenosse etwas die Stadt und den "Strand". Dabei bestätigte sich der Eindruck, den wir auch sonst schon gekriegt haben: Die Stadt hat ein ziemliches Problem mit Umweltverschmutzung. Das Meer ist offenbar eine ziemlich schwarze Brühe (ich habe dann darauf verzichtet, mir das selber anzuschauen), und auch die Jugend mit den Spraydosen greift das Thema regelmässig auf - Sprüche wie "Toxopilla" oder "Stop contaminación" sind allgegenwärtig. Das alles erstaunt auch nicht, denn Tocopilla ist "die Energiestadt" der Region (aka. da steht ein grosses dreckiges Kohlekraftwerk) und was mit den Abwässern der Kupfergewinnung (riesige Mengen Schwefelsäure) und den Überbleibseln des Nitratabbaus so geschieht, dürfte auch eine ziemliche Sauerei sein. Hier wird der ganze Dreck der Produktion jener Güter, welche wir so gedankenlos konsumieren, sicht- oder zumindest erahnbar.

Der nächste Programmpunkt war natürlich die mit zwei Boxcabs bespannte Nachmittagsleistung. Wir fuhren wieder hoch zum Reverso (um die mühsame Spitzkehre zu vermeiden allerdings nicht ganz hoch), stellten uns aber weiter hinten auf, um den Zug in der Ausweiche fotografieren zu können. Ein netter Nebeneffekt war, dass diesmal die Industrie von Tocopilla im Bild war, im Gegensatz zum ähnlichen Bild von gestern.

GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Tocopilla und Reverso
601 und 607 schleppen wiederum einen Leerzug den Hang hoch

GE 289A "Boxcab" der SQM in Reverso
601 und 607 in der Spitzkehre

Ich verschob mich nachher noch zur Ausfahrt, allerdings waren die mit umsetzen so fix, dass ich nicht mehr ganz die Position erreichen konnte, die ich wollte.

GE 289A "Boxcab" der SQM in Reverso
Ausfahrt aus der Spitzkehre, diesmal mit 607 voraus

Wir machten einen einzigen Zwischenstopp...

GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua
Nach etwas klettern kam man am Gegenhang bis fast auf Höhe der Strecke hoch

GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua
Ein paar Minuten später, ich stand immernoch an derselben Stelle

... und fuhren anschliessend nach Barriles hoch.

GE 289A "Boxcab" der SQM in Barriles
Noch ist in Barriles tote Hose, die beiden Boxcabs kommen gerade an

Nach kurzer Zeit war da schon der Dieselzug von der Mine im Anmarsch; allerdings, zu unserem Erstaunen, nicht mit derselben Lok wie gestern bespannt, sondern mit einem Hobel. Wir fuhren etwas raus, um ein Bild mehr oder weniger auf Strecke machen zu können. Als der Zug auf uns zu fuhr, wurde er aber immer langsamer, und hielt schlussendlich an - Die Lokführer hatten offensichtlich mitbekommen, was wir hier machten, und posierten mit ihrem Hobel noch für ein Foto! Ich war dafür allerdings auf der falschen Gleisseite.

EMD SW1200 25 der SQM in Barriles
Beladener Nitratzug aus einer Mine um Maria Elena, bespannt mit SQM's Nummer 25. Man beachte die Fahrleitungsmasten; der Draht wurde allerdings abgebaut

Der "Hobel" war allerdings ein ziemlich eindrückliches sechsachsiges Gefährt.

EMD SW1200 25 der SQM in Barriles
SQM's Nummer 25

EMD SW1200 25 der SQM in Barriles
Während den üblichen umfangreichen Rangierarbeiten

Nach etwa einer halben Stunde kam dann noch ein zweiter Zug aus einer Mine, bespannt mit dem gestrigen Loktyp, allerdings Nummer 5 statt 4.

5 der SQM in Barriles
SQM's Nummer 5 mit einem zweiten, beladenen Zug

EMD SW1200 25 der SQM in Barriles
Jetzt läuft was: Die beiden Boxcabs sind vor einer knappen Minute ausgefahren, und während der zweite Dieselzug noch rein rollt, zieht Nummer 25 bereits einen Leerzug aus dem Bahnhof in Richtung der Minen

Auf der Rückfahrt nach Tocopilla gabs noch ein letztes Bild vom Zug, in extrem gelbem Abendlicht (bevor sich jemand beschwert: Ja ich weiss, dass der Weissabgleich nicht stimmt ;) ).

GE 289A "Boxcab" der SQM zwischen Barriles und Quillagua
601 und 607 im letzten Licht des Tages

Der Sonnenuntergang fand heute ohne uns hinter den Wolken statt, die Abendstimmung war aber trotzdem wieder toll.

Tocopilla
Oberhalb Tocopilla

Für das Abendessen gingen wir ins gleiche Restaurant wie am Mittag, da dies ja eigentlich ganz nett war. Ich bestellte mir zur Abwechslung mal die Fleisch-Variante mit Reis - Das Fleisch war allerdings, mal wieder, spärlich gewürzt und zäh. Oh man, die Chilenische Küche *seufz*.

Unsere SQM-Bilder sollten damit mehr oder weniger abgeschlossen sein, da für morgen nur noch ein Depot-Besuch geplant war. Ich war mit meiner Ausbeute zwar quantitativ zufrieden, qualitativ liess das alles aber irgendwie zu Wünschen übrig. Oberhalb Reverso gäbe es eigentlich noch einige Stellen mit Meer bzw. Tocopilla im Hintergrund, welche von Schweiz-1 auch umgesetzt wurden, und die hübsche Kurve von heute Morgen hätte ich auch sehr gerne im Licht und mit Zug fotografiert. Ich wollte daher (wieder mal) schauen, ob man für morgen ein Auto zusammen kriegt, welches Streckenbilder macht, statt im Depot rum zu eiern... Aber immerhin, die Boxcabs haben wir ausgiebig erwischt, und die anderen Fotostellen werden auch in ein paar Jahren, wenn es die Boxcabs vielleicht nicht mehr gibt, noch da sein - Wer weiss, vielleicht für einen späteren Besuch.