Der Fluch der Bügeleisen - Teil 4 - Ende
Von Christof Hofbauer
Jetzt darf aber nichts mehr schief gehen, also sicherheitshalber nochmal die Checkliste durchgehen:- Licht? Ausreichend!
- Wolken? Keine!
- Sonnenstand? Von der richtigen Seite!
- Hindernisse? Keine im Weg!
- Kamera? An und eingestellt!
*klick*
Im kalten Morgenlicht wartet 210 003-0 im Bahnhof von Tisnov auf die nächsten Leistungen. Aber auf welche eigentlich?
Endlich! Im vierten Anlauf auf dieser Tour hat es geklappt, eine der markanten Mittelführerstandsloks auf den Chip zu bringen. Das noch etwas Schatten auf der Maschine liegt ist nur ein kleiner Schönheitsfehler. Um den weg zu bekommen hätte die Sonne etwas höher stehen müssen. Aber dafür bräuchte es Zeit, und genau das ist es was wir nicht haben. Es ist nämlich der letzte Tag der Kurztour und heute Abend muss Nil in München in den EC Richtung Schweiz steigen. Das heißt für uns, nicht trödeln und los!
Gestern Abend hatten wir beschlossen, heute noch etwas früher aus den Federn zu kriechen und damit wir einen letzten Versuch starten können, die Lok zu erwischen. Das hat perfekt geklappt, auch wenn uns eine Streckenaufnahme natürlich lieber gewesen wäre! Aber was solls, Hauptsache der Fluch ist endlich gebrochen, der Fluch der Bügeleisen! Oder doch nicht? …….. Der Tag wird es zeigen!
Wir machen uns jetzt schleunigst auf den Weg gen Westen. Der Zeitpunkt da wir München erreichen müssen ist fix und die Route ergibt sich von selbst. Das Zwischenziel heißt Sumava! Ja gut, für mich jetzt nicht unbedingt etwas was es neu zu entdecken gilt, habe ich doch die Ecke in den letzten zwei Jahren schon des Öfteren besucht, aber gegen röhrende Bardotkas in schöner Landschaft ist nichts einzuwenden. Und außerdem kann ich mich hier mal ausnahmsweise als Guide, der die Stellen kennt, auszeichnen, denn für Nil ist es Neuland.
Gemütlich durch böhmisch-mährische Land cruisen ist an diesem Sonntagmorgen leider nicht angesagt und auch kleine Fotohalte sind zu unterlassen, haben wir uns doch das sportliche Ziel gesetzt, den Os 8110/1 zu erreichen, der um 10.51 Uhr Kajov erreicht. Laut Navi wird’s eng, aber machbar.
Im Vertrauen, dass wir meist gegenüber dessen Rechnung aufholen, machen wir uns aber keine Sorgen. Wie gesagt, nur bummeln ist nicht drin. So geht’s vorbei an Jihlava und entlang der Schmalspurbahn auf Richtung Jindrichuv Hradec zu. Hier überlegen wir sogar kurz doch einen kleinen Stopp einzulegen, das Kursbuch belehrt uns aber schnell, dass in absehbarer Zeit keine Leistungen anstehen. Passt, so kommen wir wenigstens nicht in Versuchung. Auf Veseli n.L. zu läuft die KBS 225 ja über längere Zeit in Sichweite oder gar parallel zur Hauptstraße. Und da ereilt uns der Fluch wieder! Vor lauter: „Schaffen wir es noch pünktlich zur Bardotka-Leistung?“ haben wir ganz verpeilt, im Kursbuch nach möglichen Zugbegegnungen zu schauen. Und das sollte sich bitterlich rächen, kommt uns doch bei Mnich ein lokbespannter Os entgegen. Und was hängt vorne dran? Na klar, eine 210er! Mist!
Zum Ärgern bleibt aber nicht viel Zeit. So etwas passiert halt und unser Ziel liegt ja im Böhmerwald. Hätte man aber gerne nebenher mitgenommen. Bewusst „liegen“ lassen wir dann aber die Bahnhofsrangierlok von Veseli n.L., das hätte mit Anfahrt und allem zu viel Zeit gekostet. Und so kommen wir, trotz kleinem Verkehrschaos in Ceske Budejovice, so früh in Cesky Krumlov an, dass sogar nochmal tanken, Frühstück kaufen und bis nach Mezipotoci vorfahren locker drin ist. Unsere Baguettes mampfend stehen wir nun in der Wiese und lauschen auf die markanten Klänge der alten Dame.
Die farbenfrohe 749 051-9 hat heute Dienst. Gerade beschleunigt sie lautstark den Os 8110/1 aus dem Haltepunkt von Mecipotoci.
Schön! So kann es weitergehen! Der nächste Programmpunkt ist auch klar, nämlich der Klassiker „Einfahrtssignal Kajov“. Also nichts wie hin und gemerkt, wir sind definitiv nicht alleine. Vor uns parkt ein markanter, roter Geländewagen mit oberpfälzer Kennzeichen. Juhu, endlich, nach vielen, vielen Tagen Schweizer Dominanz bei den letzten Fototouren erlebe ich heute zum ersten Mal, dass mein Dialekt in der Überzahl ist! Yes!
Gemeinsam machen wir uns auf, um in den Wildwuchs vor dem Signal einzutauchen. Dabei ist der Blick immer brav auf den Boden geheftet, sind doch die dort wohnhaften Kreuzottern durchaus etwas Vorsicht wert. Wir machen aber anscheinend genügend Lärm oder sie haben gerade was Besseres zu tun, auf alle Fälle lässt sich keines der „possierlichen“ Tierchen blicken. Bemerkbar macht sich dagegen der erwartete Zug und wir sind schon gespannt, was denn da um die Kurve biegt. Als es dann die, zugegebener Maßen recht verranzte, 749 253-1 ist, fällt meinen Mitstreitern vor Enttäuschung der Kiefer runter. Sie hätten sich doch etwas attraktiveres gewünscht. Mich als „Nummernsammler“ freuts, gibt’s doch so wenigstens etwas Abwechslung.
Zugegeben, auch auf dem Foto kommt die verkeimte 253-1 nicht gut rüber, aber immerhin ist sie mal was Neues. Hier passiert sie mit dem Os 8112/3 eine der klassischen Fotostellen an dieser Strecke.
Zugverfolgung ist ja auf dem folgenden Streckenabschnitt nicht wirklich schwer, und so laufen wir entspannt zum Auto. Kurz vor Sebanov haben wir den Zug dann wieder überholt und es gibt an einem Waldbahnübergang nochmal ein Foto des kleinen Dreckspatzes.
Bild schief? Nö, wohl eher die Gleislage. 749 253-1 kommt in überschaubarem Tempo mit Os 8112/3 daher.
Von Robert haben wir mittlerweile erfahren, dass im Sperrgebiet gebaut wird. Sprich, es ist Streckensperre. Ist uns irgendwie durchgegangen, die Info. Es gibt als auf dieser Seite erst mal nichts zu holen, darum machen wir uns auf über den Buckel, hin zum Stausee nach Cerna u Posumavi. Hier gibt’s ne gelbe Schlange *wuah* , die sich den Verkehr auf dem oberen Streckenteil mit einer Bardotka teilt.
Ein Regio-Nova Doppel mit 814 083-2 an der Spitze wartet im Bahnhof von Cerna u Posumavi auf den nächsten Einsatz.
So, für den jetzt aus Richtung Cerny Kriz kommenden Os 8114/5 habe ich ein „ich will, ich will, ich will“ Motiv: Die Stelle direkt am Bahnübergang mit Seeufer und Booten. Zu Fuß vorlaufen? Nö, Auto mitnehmen, wer weiß was kommt!
Besser war das, denn vorne angekommen: „Was soll denn jetzt der Sch….!“. Weg, zu spät, verdaddelt! Und wieder zeigt sich, man soll sich Motive halt nicht aufheben. Irgendwann sind sie weg. So wie das Seeufer! Aus irgendeinem Grund hat man eine Art Mole gebaut. Neu, hässlich und völlig doof ins Motiv gebastelt! *grmbl* Das wars dann! Und was jetzt? Robert rauscht gerade zielstrebig an uns vorbei! Haha, ganz einfach! Hinterher!
So kommen wir nach Horni Plana, stellen uns dort auf die Wiese, ignorieren den falschen Sonnenstand und genießen Aussicht und Klang.
Trotz mangelnder Ausleuchtung des Zug, das Bild musste irgendwie sein. 749 100-4 mit dem Os 8114/5.
Nicht schlecht das Panorama, aber lichttechnisch geht das doch wohl noch viel besser. Bei der Hinfahrt nach Horni Plana hatte ich schon eine Stelle erspäht und dorthin soll es jetzt gehen.
749 100-4 mit Os 8114/5, diesmal bei Hurka ins rechte Licht gerückt.
Wie weiter? Na klar, jetzt erst mal noch ein paar Bahnhofsaufnahmen in Cerna u Posumavi und dann zurück über den Bergrücken.
Für 749 100-4 ist in Cerna a Posumavi aufgrund der Streckensperre an diesem Tag Schluss. Gelegenheit sie beim Umsetzen abzulichten.
Fotos im Kasten, nun heißt es den Bussen des Schienenersatzverkehrs folgen und auf die andere Seite wechseln. Hier wartet schließlich unser Lackwunder 749 253-1 um ab Horice na Sumave die Fahrgäste wieder auf Schienen weiter zu transportieren.
Wir wollen uns das Ganze in Sebanov aus der Höhe her ansehen und ablichten.
Kaum Kontrast bieten die 749 253-1 mit dem Os 8114/5 in der Landschaft.
Querschuss auf die Garnitur beim Passieren von Sebanov.
Für den Gegenzug fahren wir wieder vor zur Pusteblumenwiese in Mezipotoci.
Die rote 749 252-3 ist an diesem Tag mit dem Os 8116/7 in den Sumava unterwegs.
Nur wenige Kilometer weiter, in Sebanov, können wir den Zug nochmal ablichten.
Ein Blick aufs Handy zeigt, das Ührchen tickt gegen uns. Wir müssen schließlich heute in München noch einen Zug erreichen. Wir haben also zwei Möglichkeiten zur Auswahl. Einmal die rote Bardotka beim Umsetzen im Bahnhof zu machen oder vor zu fahren und auf den nächsten Zug von Cerny Kriz zu warten. Da letzterer aber aus dem Regio-Nova Doppel besteht *wuah* entscheiden wir uns spontan für Variante 1.
Am Bahnhof von Horice na Sumave trefen wir dann auch Robert wieder und gemeinsam halten wir das Umlaufen der Bardotka fest. O.k., ganz so fluffig wie sich das liest ist es nicht. Der Lokführer lässt sich nämlich extrem Zeit und zudem interessiert er sich noch für das alte Holz eines abgerissenen Schuppens. Nachdem er seine Maschine daneben abgestellt hat, wählt er bedächtig einige Bretter und Balken aus und verlädt sie auf den hinteren Führerstand seines Diesels. Man kann ja schließlich auch schon im Mai an den kommenden Winter denken, oder? *grins*
Etwas scheint aber den so gemütlich aussehenden Mann dann doch immer mehr aus der Ruhe zu bringen. Entweder das Leben an sich, unser Fotografieren oder die Tatsache, dass wir ihn bei der Holztransaktion gesehen haben. Er schimpft immer lauter vor sich hin, schüttelt immer heftiger den Kopf und deutet mit Gesten sein Unverständnis über unsere Anwesenheit aus. Hm? Aber wir sind doch ganz liebe!
Vielleicht versteht er halt einfach nur nicht, warum sich erwachsene Männer bei so einem schönen Frühlingstag auf einen Dorfbahnhof stellen um alte Technik zu fotografieren *grins*
Langwierig ist die Prozedur des Umsetzens, muss der Lokführer doch alles alleine machen: ab – und ankuppeln, Weichen stellen, Schlüsseln, Holz sammeln….. *grins* 749 252-3 hat im nördlichen Bahnhofskopf umgesetzt und rollt nun auf dem Ausweichgleis zurück.
Böhmisches Stillleben mit 749 252-3.
Der Meister auf dem Weg zu seiner Maschine. Mittlerweile hat er 749 252-3 am anderen Zugende wieder angekuppelt und ist nun bereit zur Rückfahrt als Os 8118/9.
Unsere dead-line zur Abfahrt rückt immer näher und so packen wir schweren Herzens unsere Fotoapparate weg. Noch ein kurzer, gepflegter Ratsch mit Robert und dann soll‘s losgehen.
Auf dem Rückweg schauen wir dann noch mal kurz in Volary auf den Bahnhof. Zwar ist die Cargo-Bardotka da, aber sie steht so abgestellt, dass ein vernünftiges Bild nicht möglich ist. Dann mal weiter im Text.
Durch Sumava und Bayerischen Wald geht es hinab in die Donau Ebene, weiter über die Autobahn und hinein nach München und ins Parkhaus im Hauptbahnhof. Schade, so schnell sind vier tolle Tage auch schon wieder vorbei. Nochmal mit dem Auto Aufzug fahren und schon stehen wir am Schalter. Hier wird’s nochmal spannend. Noch was frei und gibt’s noch einen schönen Fensterplatz? Nö, der Zug ist gut gebucht und so muss Nil mit einem Gangplatz vorlieb nehmen. Macht nix, meint er, so kann er wenigstens gleich Reiseberichte schreiben.
Wir verabschieden uns am Zug und ich laufe noch nach vorne um die Ausfahrt der beiden 218er zu genießen. Schön wars!