Grenzgänger - Teil 1

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Die Meldung, dass es nach dem 14.Juni evtl. vorbei sein könnte mit den tschechischen Zügen über Glucholazy, ein verlängertes Wochenende zu Pfingsten mit einem Montag der bei unserem östlichen Nachbarn kein Feiertag ist und eine positive Wettervorhersage, ließen schnell den Wunsch reifen, Schlesien mal wieder einen Besuch abzustatten.
Doch gemütlich sollte es sein, ohne Hektik von Anfang an. Da passte es gut, dass für den Samstag der VSOE von Prag anstand. Den mal zwischen Prag und Pilsen unter Fahrdraht, wäre mal was Neues. Ließe sich auch schön mit dem Alex kombinieren und der wiederrum mit einem Tourstart, für den nicht frühes Aufstehen nötig würde.
So geht’s an diesem 7.Juni auch erst kurz vor neun los. Noch schnell in Vohenstrauß Hörbücher getankt, zwecks der Unterhaltung, auf die Autobahn gewechselt und an der Grenze am Radio die Stationstaste von Evropa gedrückt. Perfekt!
Ich war sogar noch so früh dran, dass es für einen Zwischenstopp für den Pendolino ins Bäderdreieck reicht. Allerdings hat der gute fast über seinen gesamten Laufweg ein Lichtproblem. Nur an wenigen Stellen dreht die Strecke richtig. Eine davon ist die Bahnhofseinfahrt von Stribro. Die wollte ich mal probieren. War aber nicht so dolle, darum hier auch kein Bild. Warum erbarmt sich nicht mal jemand und schneidet einige 100 m weiter vorne die Böschung frei. Gäbe vom Hang herab eine tolle Aussicht mit der Altstadt im Hintergrund. Auch die Lärmschutzwand würde nicht groß stören. Ich schau mir die Stelle immer wieder an, aber statt mal frei zu sein, wächst sie immer weiter zu. Mist das!
Gut, für mich geht’s weiter nach Nyrany. Bunte Häuser, bunter Zug, so könnte das Motto für die nächste Aufnahme sein.



223 069 der NETINERA in Nyrany

Recht viel bunter als beim R 354 geht‘s nicht mehr. Vier Tschechen in vier Lackierungen, plus Alex-Wagen, dass ist die Garnitur die 223 069 in Richtung Landesgrenze zieht. Das Bahnwärterhaus, welches links von der Strecke stand, ist nun auch schon einige Zeit verschwunden.



Während des Wartens hatte ich mir überlegt wie ich die Lücke zwischen dem Alex und dem VSOE am nettesten füllen könnte und dabei festgestellt, es wird immer schwieriger abseits der Magistralen zwischen 9 und 12 Uhr Züge auf der Strecke zu finden. Irgendwie gab‘s überall nur Taktlücken. Gut, warum dann nicht mal die Nebenbahn nach Hermanova Hut anschauen. Fährt man sonst ja nur vorbei.
Auf dem Rückweg Richtung Ortsmitte komme ich am Einfahrtssignal vorbei, welches grün ist. Ein Zug von hinten bringt mir jetzt nicht wirklich viel. Also fahr ich gemütlich vor bis zum Bahnübergang. Fehler! Böser Fehler!
Warum? Es war kein Zug, sondern eine Leerfahrt. Mit einem beherzten Sprint gibt’s wenigstens im Bahnhof noch einen Nachschuss.



754 057 der ČD in Nyrany

Die beiden Blitzbrillen 754 057 und 019 rollen Richtung Plzen um dort den VSOE zu übernehmen.



Kein Galerie-Bild, aber bei gleichbleibendem Tempo in Sachen Umlackierung ist so ein Doppel bald eine Rarität.
Nun geht’s entlang der Nebenbahn nach Hermanova Hut. Uhrzeit und damit verbundener Sonnenstand lassen nicht viel Spielraum und so lande ich zum Schluss am Eingang zu diesem kleinen Ort.



814 303 der ČD in Heřmanova Huť

Jaja, auch mein Archiv füllt sich langsam mit diesen Gelblingen. Man kann halt einfach nichts dagegen machen. Den Reisenden wird’s freuen das Ceske Drahy auch auf dieser kurzen Nebenbahn Regionovas, wie hier 814 303, einsetzt. Ich wäre für den Os 27410 aber auch mit einer Büchse zufrieden gewesen.



Der „Endbahnhof“ der Strecke ist interessant. Kein Bahnhofsgebäude mehr vorhanden, nur ein Schuppen mit Anschrift, dafür ein weiter Fächer von Gleisen, die in dem benachbarten Industriekomplex verschwinden.



814 303 der ČD in Heřmanova Huť

814 303 wartet auf die Rückleistung nach Nyrany.



Bis zum VSOE ist immer noch Zeit, die Möglichkeit also, sich fotografierend dem Zielgebiet anzunähern. Kurz hinter Zdice möchte ich ihm auflauern, was liegt daher näher als zur KBS 200 zu wechseln. Ein Blick ins Kursbuch bringt aber die Ernüchterung: Nix los. Dafür gibt’s aber einen Zug auf der KBS 172 von Lochovice hinüber nach Zadni Treban im Berounka Tal. Leider lichttechnisch die falsche Richtung. Also in die Karte gekuckt und etwas gesucht wo man quer schießen kann. Am ehesten sollte es bei Vizina gehen. Dort angekommen zeigt sich die Landschaft aber extrem verbuscht. Am Schluss reicht es noch für einen Teleschuss auf das Büchsengespann. Fahrtrichtung? Da schweigt des Sängers Höflichkeit…..



810 319 der ČD in Vižina

Als Dreigestirn brummt Os 27709 durch Böhmens Hain und Flur. Bestimmt nicht untermotorisiert ist das Gespann aus 810 319 und 073 plus Beiwagen.



Jetzt gilt es aber einen Platz für den VSOE zu finden. Eigentlich wollte ich mich zwischen Zdice und Stasov am Berg platzieren. Doch dort angekommen muss ich feststellen, dass die Sonne schon achsig steht. Gibt eine dunkle Seite, was sich bei der Garnitur nur gar nicht gut macht. Jetzt hab ich ein Problem, denn die Uhr tickt und so genau kann man nicht sagen, wann er kommt. Sicher ist nur eins, nach Plan ist er schon aus Prag raus. Fahrzeit hochgerechnet mit der von Plangarnituren, bleibt mir nicht mehr viel Zeit. So geht’s der Strecke entlang Richtung Plzen. Kurz hinter Stasov dann die nächste Möglichkeit: Innenkurve. Doch auch hier wandert während des Wartens das Licht raus. Doof! Weiter hinten gäbe es noch was, aber reicht das noch zum Wechseln? Die Sorge es zu verdaddeln lässt mich unschlüssig werden. Irgendwie sollte ich hier weg, aber so recht traue ich mich nicht. Was ist wenn er genau in dem Moment kommt? Also nur die Seite gewechselt. Prickelnd ist es nicht, aber besser wie aus dem Auto zusehen, wie er an mir vorbei rollt.
Es dauert noch lange bis das vernehmlich Arbeiten der Motoren den Zug ankündigt. Und mit jeder Sekunde wächst die Gewissheit, es hätte für einen Wechsel locker noch gereicht.



363 071 der ČD in Stašov

Hörbar zu kämpfen hat 363 071 mit der langen Wagenschlange. Schon lange bevor sie in Sicht kommt, ist das Mahlen der Motoren deutlich zu vernehmen.



Äch, so wirklich viel vom Zug sieht man ja nun nicht. Dafür fehlt es an Höhe. Und mit der 071 haben sie nun auch nicht die wirklich schönste Lackvariante vorne dran gehängt, um es mal höfflich auszudrücken.
Ich verlasse den Ort des Geschehens mit einem dumpfen Gefühl, dass auch nicht besser wird, als ich auf meinem Weg zur Autobahn sehe, dass es zur anderen Stelle nur ein Katzensprung gewesen wäre. Es hätte locker gereicht, und dort hätte ich nicht nur die Wagenschlange gut aufs Bild gebracht, sondern auch den Kesselzug der gerade aus der Gegenrichtung kommt *grmpf*
Irgendwie holprig der bisherige Tagesverlauf. Nicht schlecht, aber auch nicht wirklich berauschend. Aber was solls, die Sonne scheint, die Musik im Radio ist gut und die Kräcker mit BiFi, die es jetzt als kleine Autofahrernahrung gibt während ich mich gen Süd-Osten auf mache, sind auch ganz gut.
Nächstes Ziel, die 024 von Usti nad Orlici nach Lichkov. Da gibt’s heute Abend noch einen Os rüber nach Polen. Den sollte ich in Lethorad noch kriegen. Und während ich mich von Frank Schätzing berieseln lasse, geht es langsam hinunter nach Mähren.



EN57 1946 der PKP in Letohrad

Abfahrbereit steht EN57-1946 im Bahnhof von Letohrad, um ihn ein paar Minuten später als Os 20043 in Richtung Lichkov zu verlassen.



Noch unter dem Fotografieren kommt mir die Idee, ob es nicht möglich wäre, den Triebzug nochmal auf der Strecke zu machen. Bei Jablonne nad Orlici dreht die Strecke ordentlich und dort könnte etwas gehen. Jetzt im Frühsommer steht um die Uhrzeit die Sonne auch noch hoch genug, dass die Gleise frei von Schatten sind. Die Fahrzeiten sind auch recht überschaubar, sodass das Vorhaben trotz naher Abfahrtszeit gelingen könnte. Während ich mich auf die Strümpfe mache rollt gerade der Gegenzug ein und mir bleibt beim Blick auf die Zuglok fast das Herz stehen. Es ist die 163 043, eine der beiden EM-Fußballloks. Wäre ich doch nur noch einen Moment länger auf dem hinteren Bahnsteig geblieben. Doch hätte, wäre, würde hilft nun alles nichts mehr. Vorbei! Denn nur kurz quält mich der Konflikt, Kibel kontra 163er Verfolgung. Als ich nämlich mit dem Auto die Bahnhofsstraße vor rolle wird klar, der Zug nach Usti ist längst schon wieder raus und damit uneinholbar. Also Kibel in Jablonne.
Dort finde ich ein nettes Plätzchen am Ortsrand. Im Vordergrund eine für den Osten früher so typische Ansammlung von Garagen.



EN57 1946 der PKP in Jablonné nad Orlicí

EN57-1946 hat soeben Jablonne nad Orlici verlassen und strebt nun als Os 20043 weiter Lichkov zu.



Während der Kibel Richtung Heimat heult und klappert, mache ich mich auch auf den Weg, hoch nach Jesenik. Dabei kreuzen sich noch einmal unsere Wege, steht doch der polnische Triebwagen gut eine dreiviertel Stunde in Lichkov quasi im Nichts, um dann, nun als Sp 1919 bezeichnet, hinüber in sein Heimatland zu wechseln und Wroclaw anzusteuern.
Herrliche Landschaft, ein sonniger Abend, eine gemütliche Fahrt und skurrile Eindrücke, wie der einer sichtlich angeheiterten Tschechin, die in Hanusovice einen lautstarken Disput mit dem Schalthäuschen eines Bahnübergangs austrägt…..alles Dinge die diesen Tag abrunden und sich einprägen.
In Jesenik im Hotel angekommen gibt man mir mit Bedauern zu verstehen, dass es aus dem gewünschten leisen Zimmer nichts wird. Es wäre bei Buchung das letzte freie gewesen und heute hätte man eine Travestieshow im Restaurant, was dazu führen würde, dass es mit dort essen nichts würde.
Da ich ersteren Wunsch, sprich „ruhiges Zimmer“ standardmäßig bei Buchungen eingebe, und mir als Alternative für die Verpflegung der Frühstücksraum angeboten wird, erschrecken mich beide Mitteilungen nicht wirklich. Und so sitze ich gut 20 Minuten später frisch geduscht vor meinem Pivo und warte gespannt auf mein Essen. Und während ich mir das hervorragende Mahl und das frische Bier schmecken lasse, ziehe ich für mich Tagesbilanz. Nicht berauschend, aber der Abend hat‘s irgendwie raus gerissen.
Morgen geht’s dann gleich mal rüber nach Glucholazy, so der Plan. Was ich jeweils in den 2-stündigen Zugpausen anstelle weiß ich jetzt noch nicht wirklich, aber bei einer Auswahl mit Zlate Hory, Osoblaha, Prudnik u.a. als Füllerprogramm sollten die Lücken doch irgendwie sinnvoll zu überbrücken sein.