Bergenbahn 2014: Erwartetes Grau und unerwartetes Grün

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Freitag, 03.10.2014

Wie schon gestern holte uns der Wecker um 07:00 aus dem Bett. Eigentlich wollten wir ja heute eine halbe Stunde früher oben sein, um den ersten El 18-Zug noch ablichten zu können, aber der Blick aus dem Fenster liess unsere Motivation schwinden. Im Gegensatz zu gestern war es heute kein Hochnebel, sondern eine Wolkendecke; immerhin mit einigen helleren Stellen. So ging ich erst mal zum Frühstück, während Pascal sich nochmal einige Minuten aufs Ohr legte.

Wir mussten noch unser Zimmer räumen, Bettwaren abgeben etc., dennoch kamen wir eine Viertelstunde früher als gestern los. Die Fahrt in Richtung Fjell war aber etwas mühsam, da es heute Morgen erstaunlich viel Gegenverkehr auf der schmalen Strasse hatte.

Beim Parkplatz angekommen war das Wetter noch immer nicht besser. Mangels besserer Ideen gingen wir dann trotzdem mal hoch. Im Gegensatz zu gestern war es sehr windig, so dass es relativ kalt war, und der erste See nicht mehr spiegelte. Da wir jetzt doch wieder zu spät waren, um den El 18-Zug ganz hinten ablichten zu können (es hätte sowieso keine Sonne gehabt), stellten wir uns relativ weit vorne auf eine kleine Halbinsel raus, und warteten mal auf ebendiesen Zug. Inzwischen guckte auch die Sonne manchmal ein bisschen zwischen den Wolken hervor, aber unsere Stelle hatte sowieso noch Bergschatten. Der Zug kam auch bald, gefühlt mit ein paar Minuten Verspätung.

El 18 2260 der NSB zwischen Ørneberget und Vieren


Was nun? Ich wollte nochmal um den See herum auf den Hügel von gestern, einerseits in der Hoffnung auf ein besseres El 18-Bild, andererseits um die Gegenrichtung mit einem Zug aus Bergen auszuprobieren – diese stellte ich mir sehr toll vor. Pascal dagegen war das zuviel Aufwand, insb. in Anbetracht der mehr als nur unsicheren (man könnte sagen schlechten) Wetterlage. Ich machte mich daher alleine auf den Weg.

Als nächstes Stand der Lokaltog Bergen – Myrdal an. Ich war inzwischen auf der anderen Seite des Sees etwa in der Mitte angekommen, und ging etwas höher hinauf, um einen guten Blick zu kriegen. Der Regio kam bald, allerdings ohne Sonnenschein.

BM 69 der NSB zwischen Ørneberget und Vieren


Die Sonne kam aber immer mal wieder durch die Wolken und beleuchtete schön die Strecke, ich machte mir daher noch immer Hoffnungen. Wenig später trötete es weit hinten, der Cargolink-Zug kündigte sich an. Die Sonne war gerade wieder schön da. Bange Minuten vergingen, bis der Cargolink-Zug auftauchte und in schönstem Sonnenschein vorbei zog, wärend die ganze Umgebung dunkel war - toll!

Baureihe 185 der CL zwischen Ørneberget und Vieren


Baureihe 185 der CL zwischen Ørneberget und Vieren


Baureihe 185 der CL zwischen Ørneberget und Vieren


Ich ging nun weiter in Richtung Hügel. Dabei verschwand die Sonne bald komplett, und die Wolken wurden bedrohlich dunkel. Ich erwartete, jeden Moment verschifft zu werden, und meine Motivation, weiter zu gehen, sank gegen Null. Nachdem ich schon umgedreht hatte und ein paar hundert Meter zurück gelaufen war, wartete ich mal an Ort und Stelle auf den Regen, der jedoch nicht kam. Tendentiell wurde es nach einiger Zeit wieder leicht heller, so dass ich dann doch noch den Hügel hoch kraxelte.

Als nächstes stand der Regiontog aus Oslo an. Es war jedoch komplett finster, und das änderte sich auch nicht mehr, bis dieser kam. Schade. Er hatte sowieso eine ähnliche (oder dieselbe) silbrige El 18 vorgespannt wie gestern, das Ganze wäre also sowieso bisschen für nix gewesen.

Ich wechselte nun auf die Rückseite des Hügels, und tatsächlich, der Blick ins Tal war ausgezeichnet. Der Wind war jedoch hier noch unangenehmer, so dass ich alles anzog, was ich dabei hatte. Es dauerte zum Glück nicht lange, bis die CargoNet-Vectron kam. Die Sonne war zwar hinter Wolken verborgen, aber es war wenigstens nur finster und nicht extrem finster, und der Zug bunt und kontrastreich, so dass ich euch das Bild jetzt nicht vorenthalten will.

Baureihe 193 der CN zwischen Ørneberget und Vieren


Etwa 35 Minuten später wäre ein Regiontog aus Bergen gekommen, jedoch wurde es wieder ganz finster und die Warterei in der Kälte wurde mir zu madig, so dass ich die Übung 15 Minuten später abbrach und mich auf den Rückweg machte. 45 Minuten später war ich zurück beim Rallarvegen, wo ich gleich wieder auf Pascal stiess, der auch nicht gerade den motiviertesten Eindruck machte. Wir beschlossen, zurück in Richtung Auto zu gehen, und dann am Ende des Sees noch den anstehenden CargoLink-Zug aus Oslo abzulichten. Pascal hatte ausserdem die Essenstüte dabei, so dass es etwas Atombrot und Frischkäse als Mittagessen gab.

Am Ende des Sees stellten wir uns an zwei ein paar hundert Meter auseinander liegenden Stellen auf, und nachdem wir von einem vorbei spazierenden Ehepaar ausgiebig beäugt wurden (ja die machen da tatsächlich Fotos von der Eisenbahn!) kam der CargoLink-Zug pünktlich vorbei.

Baureihe 185 der CL zwischen Ørneberget und Vieren


Der Weg zurück zum Auto war nun nicht mehr weit, und dort angekommen gabs nochmals einen kleinen Snack, und ein paar gerade noch leicht von der Sonne angestrahlte Bäume wollten noch abgelichtet werden.

Ørneberget


Anschliessend machten wir uns auf den Weg in Richtung Geilo. Auf Höhe des Bahnhofs Mjølfjell bemerkte Pascal unerwartet einen Zug, deshalb fuhren wir fix zum Bahnhof hoch. Da stand tatsächlich eine El 18 mit älteren Wagen aus Oslo im Ausweichgleis... der fuhr doch gestern noch nicht? Der Blick in den Bildfahrplan verriet, dass der Zug heute zum ersten mal fuhr, und im Winterhalbjahr jeweils Freitags verkehrt. Wir warteten noch rasch auf den Gegenzug um ein Bild zu machen, dann gings weiter in Richtung Geilo.

El 18 2252 der NSB in Mjølfjell


Wir wählten den Weg „unten rum“ via Eidfjord. Die Strecke war landschaftlich sehr spektakulär, inklusive imposanter Brücke zur Fjord-Querung (vor wenigen Jahren musste man hier noch die Fähre nehmen), Strassen-Kehrtunnel, felsigen Tälern mit extrem steilen Bergflanken und schlussendlich dem Fjell. Das Wetter war zwar durchgehend schlecht, aber es regnete wenigstens nicht.

Zwischen Øvre Eidfjord und Hardangervidda


Hardangervidda


Geilo erreichten wir beim Eindunkeln, und nach einer kleinen Suche – Unsere Unterkunft „Geilo Gaarden“ war nicht so angeschrieben, wie sie im Internet beworben wurde – fanden wir das gebuchte Apartment. Riesig, mit sechs Betten auf zwei Stockwerken, und trotzdem günstiger als das Hotel nebenan! Die Nebensaison machts möglich.

Nach einem kleinen Spaziergang durch Geilo, der Ort besteht quasi nur aus Sportgeschäften (Wintersport sei dank), kehrten wir in einem kleinen Restaurant ein, welches für meinen Geschmack aber etwas zu alternativ war. Dennoch wurden wir satt und konnten dank Wifi noch den Plan für morgen schmieden. Die Wetterprognosen waren allesamt schlecht, daher war der Plan ein Ausflug per Bahn von Geilo nach Flåm, schliesslich hatten wir noch einige Interrail-Tage übrig. Abfahrt 11:37, gemütlich!

Ein anderes Problem stellten wir jedoch noch fest: Mit dem Lokaltog von Haugastøl aufs Fell zu kommen, wie wir das mal angedacht hatten, war nicht möglich, da der Lokaltog nur im September am Wochenende fährt. Wir waren (mal wieder) zu spät dran. Es war aber alternativ möglich, mit dem Regiontog nach Finse zu fahren und abends wieder zurück, allerdings würde das nur von Voss her klappen, nicht von Geilo. Mal schauen, unser Aufenthalt in Geilo könnte kürzer ausfallen als erwartet...

Samstag, 04.10.2014

Der Tag begann gemütlich um 9:00. Draussen wars bedekt, wie erwartet. Ich holte in der nahen Bäckerei einige Backwaren zum Frühstück. Nach einem kurzen Einkauf im Kiwi-Supermarkt war es dann schon bald Zeit, den Bahnhof aufzusuchen.

Da die Flåmsbana für Interrail-Besitzer nur einen Rabatt gewährt, mussten noch Tickets her. Diese bekamen wir am Schalter problemlos, wobei angeblich der Normalpreis für Hin- und Rückfahrt (400 NOK pro Person) günstiger war als zwei einfache Fahrten mit Interrail... wie auch immer. Die Reservation für die NSB-Züge wollten wir nicht, im ersten Zug habe es noch genügend Platz und abends wollten wir sowieso den Speisewagen aufsuchen.

Regiontog 61 Geilo ab 11:37, Myrdal an 12:39
Fast pünktlich ging es los. Wie prognostiziert hatte es noch genügend Sitzplätze, sogar auf der richtigen Seite. Die Sitze waren bequem, und wir drückten bei der Fahrt durchs Fjell unsere Nasen an den Fenstern platt, war doch die Landschaft äusserst sehenswert, und zog auf den Neubauabschnitten mit 160 km/h vorbei, nicht schlecht. In Finse war ich doch etwas erstaunt, dass es da einiges an Tourismus-Infrastruktur hat; deshalb halten hier wohl auch alle Züge, im Gegensatz zu den meisten anderen Stationen. Nach der Fahrt durch den langen neuen Scheiteltunnel waren wir schon in Myrdal.

In Myrdal gabs erst einmal ein paar Bilder der El 18 des Regiontog und jenen der Flåmsbana.

El 18 2260 der NSB in Myrdal


El 18 2243 der NSB in Myrdal


El 18 2243 der NSB in Myrdal

Nettes Detail: Erhabenes NSB-Logo

Nach einer guten Viertelstunde ging es weiter, steil bergab.

Lokaltog 1873 Myrdal ab 13:00, Flåm an 13:50
Die Fahrt war spektakulär, wie es im Prospekt stand; Zusammen mit einem ganzen Haufen Asiaten wechselten wir eifrig von der einen Waggonseite zur anderen, um möglichst nichts zu verpassen. Nicht nur die Landschaft war eindrücklich, auch die Trassierung der Bahnlinie war faszinierend, da diese äusserst aufwändig angelegt werden musste und dennoch sehr enge Radien und Steigungen bis 55 Promille aufweist; sonstwo hätte man sowas sicherlich als Schmalspurbahn gebaut. Die Wagen waren trotz 3+2-Bestuhlung komfortabel, einmal mehr zeigten sich die Vorteile des grossen Lichtraumprofiles. Dass die Linie eine Touristenattraktion ist war uns bekannt, aber wir waren doch überrascht, wie sehr alles auf Touristen ausgelegt ist. Monitore zeigten den Verlauf der Fahrt, die Sprache der Durchsagen deuteten wir als Japanisch und Koreanisch, die Anzeigen waren auf Deutsch, und am Wasserfall Kjosfossen gabs gar einen Fotohalt. Auf der einen Seite befindet sich der Wasserfall, auf der anderen Seite das Kraftwerk, welches den Strom für die Flåmsbana bereitstellt.

Kjosfossen


NSB in Kjosfossen


Unten angekommen war dann auch klar, woher die starke Ausrichtung auf Touristen kommt: Ausser ein paar vereinzelten Häusern und einer Schiffsanlegestelle gibts in Flåm schlicht und ergreifend nichts. Aufgrund der Anzahl asiatischer Fahrgäste erwarteten wir eigentlich ein Kreuzfahrtschiff vorzufinden, aber ausser einer kleinen Fähre, die gerade anlegte, war auf dem Fjord nicht viel los.

Zu unserer freudigen Überraschung stand in Flåm eine El 17 vor dem Depot abgestellt. Wir rechneten nicht mehr damit, diese Baureihe zu sehen, wurde der Betrieb doch schon im Juli auf El 18 umgestellt. Inzwischen zeigte sich sogar die Sonne ein wenig, so gabs heute, entgegen allen Erwartungen, sogar Sonnenbilder!

El 17 der NSB in Flåm


El 18 2248 der NSB in Flåm


Als nächstes sollte der Zug wieder nach Myrdal hoch fahren, wir liefen daher etwas der Strecke nach, und erlegten den Zug in einem offenen Bereich, wenn auch im Dunkeln.

El 18 2248 der NSB zwischen Flåm und Lunden


Nun hatten wir bis zu unserer Rückfahrt noch eine ganze Menge Zeit.

Flåm


Zum Glück gab es da das Museum der Flåmsbana, welches zwar ganz interessant war, aber leider meine Hauptfrage nicht zufriedenstellend klären konnte: Wieso baute man über 21 Jahre hinweg eine derart aufwändige Strecke mit vermutlich hohen Betriebskosten (kurze Züge mit zwei Loks!), wo es da doch eigentlich nichts zu erschliessen gab?

Das Musem schloss allerdings etwas zu früh, so dass wir als nächstes durch die Souvenir-Läden pilgerten. Ausser dem üblichen Zeugs gabs da aber nicht viel zu wollen. Die letzte knappe Stunde bis zur Abfahrt verpflegten wir uns in einem nahegelegenen Restaurant.

Lokaltog 1876 Flåm ab 16:50, Myrdal an 17:40
Die Strecke kannten wir jetzt natürlich schon, trotzdem gabs natürlich wieder viel zu sehen. Die Sprache der Durchsagen deuteten wir dieses Mal als Chinesisch und Norwegisch, jedenfalls nicht dieselben wie bei der Hinfahrt...

In Myrdal angekommen stand auf Gleis 1 ein Zug in Richtung Oslo, was uns erst ein wenig verwunderte, da wir nicht so recht einordnen konnten was das denn für einer war, und noch mehr verwunderte, als wir die Lok sahen: Eine Flåmsbana-El 17! Gibts da jetzt plötzlich Planleistungen auf der Bergenbahn mit diesen Loks? Dafür war die Komposition allerdings etwas komisch. Irgend ein Zusatzzug oder eine Leermaterial-Überführung? Für denjenigen Zug, den wir gestern gesehen hatten, passte es nicht. Stellte sich heraus, dass es eine El 17-Abschiedsfahrt nach Voss war, welche morgen zurück fahren sollte! Eine Hand voll Eisenbahnfotografen waren auch anwesend, die wild darauf los knipsten.

El 18 2248 der NSB in Myrdal


El 18 2248 der NSB in Myrdal


Es gab da allerdings jetzt ein Problem: Für die Bergenbahn gabs nur einen richtigen Bahnsteig, und dieser war vom Extrazug belegt. Es stand nun aber der Regiontog aus Bergen an. Kein Problem: Schnurstracks wurde der Extrazug rückwärts aus dem Bahnhof gedrückt und aufs Ausweichgleis gestellt. Wenige Minuten später war der Spass vorbei und unser Zug zurück nach Geilo tauchte mit ein paar Minuten Verspätung auf.

Regiontog 64 Myrdal ab 17:57, Geilo an 19:01
Obwohl wir eigentlich schon gegessen hatten setzten wir uns in den Speisewagen, da es da gerade Platz hatte, wir keine Lust auf Sitzplatzsuche hatten und Pascal noch was essen wollte. Der Speisewagen war gut besucht, aber ich fand das Ambiente ehrlich gesagt nicht so überwältigend. Irgendwie bisschen wie der ICE-1 mit dem Charme eines Ölfasses. Die Wandfensterplätze waren auch nicht gerade toll.

Nun ja, egal, Pascal holte sich einen Pølser und ich mir ein undefinierbares Smoothie. Die Fahrt nach Geilo ging rasch vorbei, wobei ich unterwegs eine Gruppe Mädchen aus der klemmenden Wagenübergangstüre befreien musste.

Zurück in Geilo war es nun dunkel und wir hatten nichts mehr vor, also zurück in unser Apartment. Die grosse Frage war jetzt: Wir wussten zwar, wann der Extrazug mit El 17 zurück kommt (sonnenstandstechnisch allerdings etwas zu spät), aber die Wetterprognosen waren eigentlich überall einfach nur schlecht. Tja, was tun?

Klar war: Die Wetterprognosen auf dieser Seite des Fjells waren einfach nur schlecht, und zwar für die ganze Woche, und bei sämtlichen Wetterdiensten. Auf Seite Voss waren immerhin zwischendurch mal bessere Tage zu erwarten. Zudem war ein Tag in Finse nur von Voss her sinnvoll möglich. Alles in Allem blieb eigentlich nur noch, wieder zurück nach Voss zu wechseln. Ich wollte aber immerhin die Strecke mal noch von aussen sehen um herauszufinden, wie das genau mit der Zugänglichkeit ist, und immerhin ein paar Bilder zu machen; wir hatten daher vor, den morgigen Tag hier zu verbringen, inkl. Bild des El 17-Zuges, und abends nach Voss zu wechseln. Gute Nacht!