Kanada 2015: Auf der Suche nach Zügen und Schnee - Teil 1
Von Pascal Zingg
PrologWie immer Anfang Jahr besprachen wir im Kreise von bahnbilder.ch wo es dieses Jahr hingehen sollte. Allen voran der Termin im Februar/März sollte mit einem Reiseziel ausgefüllt werden. Insgesamt hatten wir drei Optionen, die wir in Betracht zogen: Slowakei, Griechenland und Kanada. Da wir nicht so recht wussten ob es in der Hohen Tatra auch Schnee haben würde, schoben wir dieses Ziel mal vor uns weg. Griechenland schien eine interessante Option, zumal es ja neuerdings wieder einen Nachtzug von Belgrad nach Thessaloniki gibt. „Und Schnee?“, fragte David. Nun gut, es blieb dieses Kanada. „Hats da Schnee? Müsste eigentlich, Bilder und Videos gibt es bekanntlich genug.“ Inspiriert von Peter Hürzelers Tour zur MRL wählten wir Calgary als Reiseziel. Sollte es in Kanada keinen Schnee haben, so bliebe uns noch die Option Montana. Kaum war das Ziel gewählt, war auch schon der Flug gebucht. KLM via Amsterdam, hatte sich schon beim letzten Flug nach Nordamerika bewährt. Viel schwieriger war es anschliessend ein Route für die Tour zu wählen. Wie wir merken mussten, hatte es im Osten Nordamerikas viel Schnee gegeben, im Westen sah es jedoch nicht so rosig aus. Dies bestätigten uns vor allem die Bilder diverser Webcams. Kurz vor Abflug kam David deshalb mit dem Vorschlag die erste Woche in Saskatchewan zu verbringen. Vor allem die Brücke über den North Saskatchewan in North Battleford hatte es ihm dabei angetan. Im Gegensatz zu den Rockies war in der Plätte von Saskatchewan auch etwas Schnee zu erwarten. Da wir uns ein Winter in Kanada ohne die Rockies nicht vorstellen konnten, wollten wir dann aber mindestens die zweite Woche den „Felsigen Bergen“ verbringen.
Samstag 21.2.2015 Freienbach – Calgary – Brooks
Am Samstag Morgen ging es also los. Mit der S-Bahn nach Kloten und von da mit dem CityHopper nach Amsterdam. Für einmal schaffte es auch David an die Gewichtslimite von 23kg zu kommen: Schneeschuhe sei dank! Für welchen fantastischen Einsatz wir dieses schwere Gerät schliesslich gebrauchen konnten, war zu diesem Zeitpunkt noch niemandem klar. Da sich David für einen Aufpreis den letzten Exit-Platz gesichert hatte, sassen wir auseinander. Für zehn Stunden musste man sich nun selber beschäftigen. Sei dies mit Filmen auf dem eher schlechten Screen, mit (für Flugzeuge) sehr gutem Essen oder mit dem Ausfüllen der Zollbescheinigung des Sitznachbars. Letzteres war etwas speziell, der gute Mann hatte nämlich einen kanadischen Pass, konnte aber weder Englisch noch Französisch: „Sache gits!“ Endlich in Calgary angekommen, gings zum Hertz Counter, das bestellte Auto abholen. Zu unserer Verwunderung kosteten neben dem Zusatzfahrer auch die Winterreifen extra. Janü, als sicherheitsbedachte Schweizer wollten wir diese Tour sicher nicht ohne Winterreifen in Angriff nehmen. Da das mit dem Gepäck und dem Auto nicht eben speditiv ging, musste nun schnell eine Stelle gefunden werden, wollte man noch am ersten Tag ein Bild machen. Dies schien angesichts des guten Wetters eigentlich schon fast ein Muss. Dass es trotz ein wenig Neuschnee nicht eben viel von der weissen Pracht in der Landschaft hatte, störte uns derweil wenig. Gleich hinter dem Flughafen war dann auch schnell eine Stelle gefunden. Das Problem war einzig, dass es sich hierbei um eine CP Strecke nach Edmonton handelte. Wer schon einmal in Kanada war, weiss, dass es eigentlich nur auf den Hauptstrecken zuverlässig rollt. Da diese aber nun in Ost-West-Richtung verlaufen, war die Chance gross, dass an dieser Strecke nicht viel kommen sollte. Nach etwa einer Stunde, beschlossen wir uns deshalb umzustellen. Kurz vor Sonnenuntergang standen wir schliesslich an einem Bahnübergang an der Ost-West-Strecke der CP. Zu unserer Überraschung kam in nützlicher Frist sogar ein Zug. Es entstand ein Streiflichtschuss mit Skyline und etwas Schneestaub. „Für den Anfang gar nicht mal so schlecht“, dachten wir uns.
Erst jetzt legten wir übrigens unsere defintive Planung fest. An der CP in Richtung Osten, von da hoch nach North Battleford, über Edmonton nach Jasper, weiter nach Banff und wieder zurück nach Calgary war der Schlachtplan. Entlang dieser Route entschieden wir uns für Brooks als erstes Nachtlager. Das Navy unseres Jeep Compass kannte ein Super 8 in eben diesem Kaff, dieses steuerten wir zielgerichtet an, fanden aber nur ein Ramada. Auch gut, dachten wir uns übernachteten dort.
Sonntag 22.2.2015 Brooks – Swift Current
Der Morgen in Brooks startete mit einem typischen amerikanischen Frühstück. Ich freute mich dabei sehr, dass es im Ramada ein Waffeleisen gibt. Waffles mit Maplesirup ist etwas vom besten, was die Küche auf diesem Kontinent zu bieten hat. Frisch gestärkt gings auf die Strecke. Wenig überraschen war die Landschaft auf dem Weg nach Saskatchewan flach, flach oder manchmal auch noch etwas flacher. Was uns mehr irritierte war die Tatsache, dass es trotz der tiefen Temperatur (sie stiegen den ganzen Tag nie über 0° C) fast keinen Schnee gab. Ganz typisch entstand das erste Bild des Tages dann in der flachen Landschaft in einer abgedorrten Wiese. Hätte es nicht zwei, drei Schneefeldchen gehabt, es hätte glatt Sommer sein können.
Nach dem glatten Start erreichten wir auf unserer Reise in den Osten die Stadt Medicine Hat. Als Hockeyfan war mir dieses Kaff nicht ganz unbekannt, schliesslich gibt es dort ein Team in der kanadischen Juniorenliga WHL. Was es auch gibt ist eine Brücke über den South Saskatchewan, diese wurde begutachtet und als untauglich befunden. Stattdessen machten wir ein Bild von der F7, die im Stadtpark abgestellt war. Anschliessend stellten wir uns am Ortseingang auf eine Fussgängerüberführung. Dort kam erst ein Zug aus der falschen Richtung, ehe uns die CP dann auch noch einen Zug aus der richtigen Richtung schenkte.
Nach diesem wollten wir eigentlich gehen, mussten aber feststellen, dass sich am Bahnhof gerade eine GP20 zusammen mit einer GP38 abfahrbereit macht. Da wir davon ausgingen, dass diese Loks nur Kesselwagen in die lokale Raffinerie zustellten, entschlossen wir uns, nochmals auf die Brücke zu sitzen, schliesslich hatte das Licht nun schon fast gedreht. Da die Eisenbahn in Kanada allerdings selten speditiv arbeitet, dauerte es noch eine Weile ehe der Zug dann kam. So blieb uns noch genügend Zeit ein bisschen Smalltalk mit einer kanadischen Oma zu betreiben. „Oh, you drove the long way from BC?“, wollte sie wissen. Erst jetzt fiel uns auf, dass unser Mietwagen tatsächlich ein Nummernschild aus British Columbia trug. Wir verneinten und erzählten ihr, dass wir aus der Schweiz waren. Nun hätten wir uns in den USA befunden, die Dame hätte uns bestimmt erzählt, wie toll sie Schweden findet. In Kanada scheint man unser schönes Land aber etwas besser zu kennen. Ja, die Dame sagte uns, dass schon einmal in der Schweiz war. Genf, Luzern, St. Gallen kenne sie, meinte sie. Im weiteren fanden wir heraus, dass sie einmal Postbotin in Edmonton war und nun hier ihren Ruhestand verbringe. Hier sei es viel schöner, es habe viele Wanderwege und nicht so rauhe Winter wie im Norden, meinte sie. Nun genau diese rauhen Winter hätten wir uns gewünscht, genau so, wie etwas mehr Schnee. Diesen gäbe es vor allem im Osten meinte sie: „If you fly over Boston, you don’t even see a city.“ Nun als die nette Dame 200m weiter mit dem nächsten Passanten einen Smalltalk betrieb, kam endlich unser Zug mit den „Geeps“.
Für uns ging es danach weiter in Richtung Osten. Da die Landschaft noch immer sehr flach war, taten wir uns etwas schwer mit Stellen.
Hinter der Grenze zu Saskatchewan sollte es uns dann aber doch gelingen eine gute Stelle zu finden. Es gelang uns ein Nachschuss auf unseren Getreidezug vom Morgen, sowie ein Frontschuss auf einen weiteren Grainbomber. Obwohl das Getreide im Winter nicht wächst, sind auch zu dieser Jahreszeit viele dieser Züge unterwegs. Dies weil das Getreide zu Erntezeiten in sogenannten Grain Elevators gespeichert wird. Im Winter werden diese dann geplündert, so dass ein kontinuierlicher Strom an Getreidezügen entstehen kann.
Als wir zum Abschluss noch ein Streiflichtbild machen wollten, schickte uns die CP keinen Zug mehr. Stattdessen stellten wir fest, dass die Uhren in Saskatchewan gegenüber denen in Alberta eine Stunde vorgehen. Etwas später als gedacht, checkten wir deshalb im Super 8 in Swift Current ein. Eigentlich hätten wir auch in dieser Nacht gerne ein Ramada gehabt, nur gibt es in Saskatchewan keine solchen Motels.