Niederlande 2015 Teil 7: Apeldoorn - Brüssel - Basel

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23.04.2015
Nachdem der Jahrmarkt auf dem Platz direkt vor dem Hotel dann irgenwann auch Ruhe gab, war die Nacht angenehm. Der Morgen hatte dafür einmal mehr viel Bewölkung für mich auf Lager, so dass das Frühstuck gemütlicher als erwartet ausfiel. Das Hotel war schnell bezahlt und in der Tiefgarage kam die angenehme Überraschung, dass die Übernachtung doch nur 7 Euro kostet und nicht, wie ausgeschilderte Preise suggerierten, über 25 Euro. Ich habe da offenkundig irgendwas nicht richtig verstanden.

Da ich es ja aufgrund des Wetters nicht eilig hatte, suchte ich mal die Strecke zwischen Deventer und Almelo nach Fotostellen ab. In der Nähe von Dijkerhoek wurde ich fündig, suchte aber vorerst mal weiter. In Holten guckte schliesslich mal die Sonne hervor, die Stelle taugte aber kaum und ausser einem Güterzug mit Traxx kam auch nichts im Licht vorbei.

Als nächstes verschob ich mich mal zurück nach Dijkerhoek. Das Wetter besserte sich langsam, aber nicht schnell genug... kurz nach meiner Ankunft kam die erste Überraschung, die 4401 von RRF, von hinten angeschlichen - leider im Muslicht.

NS 1600 der RRF zwischen Holten und Bathmen


Ein Auto tauchte auf und parkte neben meinem Auto. Aha, mal wieder ein Fotograf; diesmal war die Kommunikation kein Problem. Stellte sich heraus, dass er Buschauffeur war, und gerade eine ausgedehnte Pause hatte. Er konnte mir nun endlich das Rätsel mit den DB-ICs erklären, zumindest teilweise:

Anscheined hat die DB an den Wagen dieser Kompositionen unübliche Schäden auf den Laufflächen festgestellt, wie wenn jemand darauf geschossen hätte. Es wurde die Infrastruktur in den Niederlanden dafür verantwortlich gemacht und der durchgehende Betrieb der ICs Berlin - Amsterdam eingestellt. Der Ersatzbetrieb sah nun wie folgt aus: Bis Bad Bentheim verkehrte die DB (oder auch nicht, je nach Streik). Ab Bad Bentheim bis Deventer (oder gelegentlich auch Apeldoorn) verkehrten zwei DB-IC-Komps mit je einer 1700er vorne und hinten, wobei die hintere Lok nur geschleppt wurde. Von Deventer bis Amsterdam wurden normale IC-Kompositionen der NS eingesetzt, insb. NID und DD-VIRM. Für die Fahrgäste bedeutete das also zweimaliges Umsteigen, in Bad Bentheim und Deventer. Zudem war die Pünktlichkeit auf der Linie stark beeinträchtigt.

Ok, das erklärte nun einiges, insb. weshalb ich in den vergangenen Tagen westlich von Deventer fast nur DB-IC-Ersatzzüge angetroffen habe, und auch weshalb meine Umlauf-Rechnereien nicht aufgingen - ich rechnete schlicht nicht mit einem Bruch der Verbindung in Deventer (und verstehe auch bis heute den Grund dafür nicht). Nun, immerhin stand ich jetzt auf der richtigen Seite von Deventer, deshalb musste das jetzt doch endlich mal klappen.

Zunächst kam aber mal wieder ein doppelter Affenkopf vorbei.

Baureihe 400 "Apekop" der NS zwischen Holten und Bathmen


Gut fünf Minuten später die zweite positive Überraschung - Eine Ex-NS 1600er von Locon!

NS 1600 der Locon zwischen Holten und Bathmen


So habe ich mir das vorgestellt!

Nun war ein Sprinter dran...

Baureihe 2900 "Sprinter" der NS zwischen Holten und Bathmen


... gefolgt von einem Koploper...

Baureihe 4200 "Koploper" der NS zwischen Holten und Bathmen


... gefolgt von einem DD-VIRM...

Baureihe 8600/8700 der NS zwischen Holten und Bathmen


... gefolgt von einer Metrans-TRAXX...

E 186 der MTR zwischen Holten und Bathmen


... und bevor jetzt irgendwer gähnend vom Stuhl fällt, endlich der erhoffte DB-IC! Eine schicke weiss-gelbe Kombination, mit Licht, in Farbe und bunt!

Baureihe 1700 der NS zwischen Holten und Bathmen


Der nächste Programmpunkt war die Stelle von gestern vor Borne, wo der DB-IC elendiglich im Wolkenschaden verreckt ist. Heute sah es ja einiges besser aus. Auch hier leistete mir wieder ein Fotograf Gesellschaft, so dass es nicht langweilig wurde.

Den DD-VIRM schenke ich mir, aber die nächste Baureihen-Premiere, zwei Doppel-Dieseltriebwagen der Baureihe 3400, darf natürlich nicht fehlen.

Baureihe 3400 "Buffel" der NS zwischen Borne und Almelo de Riet


Ein Affenkopf, diesmal einzeln...

Baureihe 400 "Apekop" der NS zwischen Borne und Almelo de Riet


... ein Koploper, gefolgt von einem Sprinter...

Baureihe 2900 "Sprinter" der NS zwischen Borne und Almelo de Riet


... und, bevor die Sonne ganz rum war, noch der DB-IC.

Baureihe 1700 der NS zwischen Borne und Almelo de Riet


Toll, Erfüllt! So habe ich mir das vorgestellt mit den Nez Cassé!

Nun, langsam aber sicher musste ich daran denken, das Auto abzugeben. Für den nächsten DB-IC-Takt in zwei Stunden würde es sowieso nicht mehr reichen, und wie lange ich nach Amsterdam rein brauchen würde war mir auch nicht so ganz klar. Ich war zwar entgegen der Hauptlastrichtung unterwegs, aber etwas Stau war wohl dennoch zu erwarten.

Nun, die Autobahnen waren gut gefüllt und zwischenzeitlich stockte es auch ganz schön, aber bedeutend weniger als in der Gegenrichtung, und so konnte ich das Auto bald bei Enterprise neben dem Hauptbahnhof abgeben.

Jetzt musste nur noch das Ticket-Problem von Brüssel nach Basel gelöst werden. Ich suchte daher mal die Schalter für den internationalen Fernverkehr auf. Die Dame, welche die Leute an die richtigen Schalter verwies, hatte aber kein Gehör für mein Anliegen. Bestimmt, aber dafür nicht besonders freundlich wurde ich aufgeklärt, dass in Amsterdam zwar Thalys-Tickets verkauft werden, es aber keinen Computer der SNCF gäbe und die Franzosen auf ihrer Webseite schreiben können was sie wollen, das sei ein altes, bekanntes Problem, hier könne mir nicht geholfen werden.

Nun gut, dann schauen wir halt in Brüssel weiter. Ich kam ja schon kurz nach 21:30 dort an, die Schalter werden dort ja wohl bis 22:00 geöffnet sein.

Da ich nun bis zur Abfahrt meines Thalys noch Zeit hatte, schlenderte ich etwas in der Stadt herum, suchte mir ein Abendessen und ging anschliessend auf dem Bahnsteig ein paar Fotos machen.

Zunächst ein konventioneller IC nach Brüssel.

E 186 der NS in Amsterdam Centraal


Etwas später begegneten sich NS-Traxx eines IC Direct und ein Thalys.

E 186 der NS in Amsterdam Centraal


Und zum Abschlus des Tages noch ein Thalys, etwas querer.

Thalys PBKA der THI in Amsterdam Centraal


Anschliessend machte ich mich auf zu meinem Thalys. Ich schilderte mein Ticket-Problem in gebrochenem Französisch dem SNCF-Zugbegleiter, dessen Reaktion allerdings eine Mischung aus "ich verstehe nicht, was du willst", "ist mir egal" und "tut mir leid, kann ich nichts tun" war. Wie auch immer, schauen wir in Brüssel weiter.

Thalys 9388 Amsterdam Centraal ab 19:39, Bruxelles-Midi an 21:38
Mein Platz war ein wunderschöner Wandfensterplatz (wie ich diesen Mist hasse). Der Zug war zunächst nicht so voll, so dass ich mich noch woanders hinsetzen konnte. Die Fahrt bis Rotterdam war wenig spektakulär und ging mit kaum mehr als 160 km/h vonstatten, evtl. liefen wir auf einen IC Direct auf oder so. Erstaunlicherweise waren wir jedoch pünktlich in Rotterdam. Dort füllte sich der Zug, selbst die Klappsitze in den Eingangsplattformen waren belegt, anscheinend inklusive Reservation! War eben doch keine schlechte Idee, das Ticket gestern Abend zu kaufen. Mit zeitweise 300 km/h ging es rasch und pünktlich Brüssel entgegen.

Nach ebenfalls pünktlicher Ankunft in Brüssel suchte ich sofort den Schalter auf. Der internationale Bahnschalter schloss jedoch Punkt 21:30 (WTF?) und öffnete morgen erst nach Abfahrt meines Zuges, und der Mitarbeiter vom nationalen Bahnschalter wollte von meinem Problem nichts wissen. Der Herr einer Auskunftssäule machte mich schlussendlich darauf aufmerksam, dass es einen Nachtschalter für internationale Tickets gebe, dieser sei beim Gepäckschalter hinten (WTFWTF?). Der nette Herr am Gepäckschalter erklärte mir anschliessend, dass er zwar tatsächlich internationale Tickets ausstellen könne, aber für mein Anliegen solle ich zum Thalys-Schalter gegenüber (WTFWTFWTF?), dieser hatte jedoch auch schon geschlossen, würde aber morgen frühzeitig öffnen. Immerhin, der Thalys-Schalter war äusserlich so beworben wie ich mir das gemäss der Beschreibung auf der SNCF-Webseite vorgestellt hatte, daher war ich relativ zuversichtlich, dass das morgen klappen würde mit dem Ticket.

Anschliessend gings zu Fuss zum Ibis rüber. Irgendwie hatte ich mir dieses Brüssel jedoch netter vorgestellt, irgendwie war jede Ecke siffig, dunkel und kaputt, mit genügend zwielichtigen Gestalten. Das Hinweisschild bei der Hotel-Reception, man solle keinesfalls das Auto über Nacht draussen stehen lassen weil es sonst aufgebrochen werde, verbesserte meinen Eindruck nicht unbedingt.

Nun ja, mein Zimmer bekam ich problemlos, und suchte bald das Bett auf.

24.04.2015
Da ich genügend Zeit zum Organisieren des Tickets haben wollte, stand ich etwas früher auf und verzichtete auf das Frühstücksbuffet. Die Umgebung von Brüssel Midi war auch bei Tag nicht weniger siffig geworden, aber immerhin hatte mein Thalys-Schalter schon auf und, oh Wunder, die gute Frau stellte mir das hochheilige Ticket nach Basel aus. Natürlich nicht ohne eine Gebühr von 10 Euro zu verlangen, versteht sich. Und nicht ohne mich zu belehren, dass man bei einem Zug, der den Grosstei der Strecke durch Frankreich fährt, das Ticket natürlich nicht bei der französischen Eisenbahn kaufen sollte, sondern bei der belgischen Eisenbahn, und alles meine Schuld und sowieso. Hach, wie konnte ich nur. Nein, nächstes Mal werde ich ganz sicher kein Ticket mehr online kaufen, welches sich nicht direkt ausdrucken lässt.

Mit meiner übrigen Zeit konnte ich noch ein kleines Frühstück kaufen, und suchte bald den Bahnsteig auf. Erst jetzt bei Tag fiel mir auf, wie heruntergekommen und abgewirtschaftet die ganze Infrastruktur aussah. Das passte zwar zum Eindruck ausserhalb des Bahnhofes, war aber schon ein bisschen schockierend.

IC 91 Bruxelles-Midi ab 7:33, Basel an 14:34
Mein Zug stand schon bereit, es war eine Neubaulok mit etwa 10 2.-Klasse-Wagen (einige Abteil, einige Grossraum) und, wenn ich mich richtig erinnere, einem einzigen 1.-Klasse-Wagen. Auch hier alles etwas siffig, das überraschte mich jedoch wenig, da ich in der Schweiz schon einige Male mit solchen Wagen gefahren bin. Pünktlich gings los. Wobei "los gehen" relativ ist, wir schlichen mit etwa 20 km/h über die Weichenstrassen und nur wenig schneller durch die Wohnquartiere. Der kurioseste Bahnhof war ein Tunnelbahnhof, bei dem scheinbar nicht viel mehr als eine einzige Sitzbank beleuchtet war - Ich bemerkte nur, dass wir gerade einen Bahnhof durchfahren, weil in der Dunkelheit kurz zwei Silhouetten auftauchten.

Es dauerte bei unserer Geschwindigkeit geschlagene 30 Minuten, bis wir den letzten Bahnhof, der "Brüssel irgendwas" hiess, durchquerten. Auf der Strecke nach Luxemburg runter wurde es auch nicht besser, die Streckengeschwindigkeit lag kaum je über 80 km/h. Zwar hat man mal neue Trassen für einen vierspurigen Ausbau angelegt, seit wohl mindestens 10 Jahren langen diese jedoch brach, und wurden inzwischen zur illegalen Entsorgung von Bauschutt und Sperrgut genutzt. Über dutzende Kilometer lag ein grosser Teil der Signal-Verkabelung einfach irgendwo neben den Gleisen im Wiesenbord, auch wenn stellenweise an neuen Kabelkanälen gearbeitet wurde. Mehrfach gab es längere Abschnitte mit Einspurbetrieb, die Spurwechsel wurden jeweils mit kaum mehr als Schritttempo befahren. Irgendwie erschreckend, solche Zustände hätte ich im Kosovo erwartet, aber doch nicht in Belgien!

Nicht besser machte es eine Störung an der Lok nach dem vierten oder fünften Halt, die dazu führte, dass vor jeder Abfahrt der Lokführer einen kompletten Reset der Lok machen musste. Resultat: Nach jedem Halt 2-3 Minuten Verspätung mehr.

Beim letzten Halt vor Luxemburg wurde der Lokführer gewechselt und es kam, wie es kommen musste: Der neue Lokführer kriegte das Problem überhaupt nicht mehr in den Griff. Derweil kamen auch Bahnhofsvorstand und ein weiterer Eisenbahner vorbei und guckten zu, was die Problemlösung aber wohl eher nicht beschleunigte. Nach etwa 15 Minuten Üben lief die Büx dann wieder, und wir konnten nach Luxemburg weiterfahren. Ich hoffte nur, dass das der letzte Halt mit dieser Lok war, und dass wir in Luxemburg was Funktionierendes der Franzosen kriegen würden.

Bekamen wir. Eine Sybic übernahm am anderen Ende des Zuges. Von nun an gings äusserst zügig weiter, und der bis anhin quasi leere Zug füllte sich auch ganz gut. Die Fahrt zog sich dennoch hin, aber schlussendlich erreichte ich Basel doch noch mit etwa einer halben Stunde Verspätung.


Fazit
Mein Fazit? Dass es in den Niederlanden mit den spektakulären Landschaften nicht so weit her ist, ist ja keine Überraschung. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Küstenregionen dennoch für das Eine oder Andere Fotomotiv gut sind, und fahrzeugmässig gibt es durchaus einige interessante Dinge zu sehen. Der dichte Personenverkehr macht das Fotografieren natürlich sehr einfach, auch wenn man mit der Zeit die Koploper und DD-VIRM ein bisschen gesehen hat. Von daher war die eine Woche genau richtig: lange genug um vieles zu sehen, nicht so lange um der Fahrzeuge überdrüssig zu werden.
Die Streikerei der DB war zwar sehr unnötig, aber auf der anderen Seite war der Ausflug via Brüssel interessanter als die Rückfahrt per CNL, und immerhin kriegte ich mein CNL-Ticket vollumfänglich zurückerstattet, so dass sich auch der finanzielle Verlust in Grenzen hielt (eine Übernachtung im Ibis).

Ich hoffe, ihr konntet euch ein wenig an meinem Bericht erfreuen. Danke fürs Lesen!