Trains Down Under - Teil 1: Im Jetlag durch Sydney
Von Pascal Zingg
PrologEine Reise nach Australien und Neuseeland war ein lange gehegter Wunsch von mir. Einerseits war ich schon immer von Australien fasziniert. Andererseits war dies der letzte Kontinent auf dem ich noch keine Eisenbahn fotografiert hatte. Ok, in der Antarktis war ich auch noch nie, aber da gibts bekanntlich keinen Eisenbahnen. Das Problem an diesem Australien war bisher einzig und alleine, dass es soweit weg liegt. Sprich, wenn man schon die beschwerliche Reise nach Down Under auf sich nimmt, dann sollte es sich auch lohnen und man sollte auch einige Wochen dort unten verbringen können. Gerade das ist allerdings ein Problem für mich. Zwar sollte man sich als Lehrer nicht über mangelnde Ferien beklagen, doch mal eben so einen bis zwei Monate wegbleiben ist dann eben auch keine Option. So reifte in mir die Idee im Winter zwei Monate unbezahlten Urlaub zu nehmen um dieses Australien mal zu beackern. Die Idee scheiterte schliesslich daran, dass ich niemanden fand, der mitkommen wollte. So blieben nur noch die Sommerferien. Sommer in Europa bedeutet allerdings Winter in Australien. Es mussten also zuerst einmal Nachforschungen angestellt werden, wie denn ein Winter in Australien aussieht. Nun an der Ostküste sollte es nicht zu viel Niederschlag geben und die Temperaturen sollten auch nicht zu weit in den Keller sinken. Ausserdem verlieren Eukalyptusbäume ihr Laub im Winter nicht. Eine triste graue Landschaft, wie wir das ein Jahr zuvor in Südafrika erlebt hatten, war daher nicht zu erwarten. Bahntechnisch schien die Ostküste ebenfalls Sinn zu machen. New South Wales hat ein sehr gut ausgebautes Eisenbahnnetz und auch die Bilder aus Victoria und Queensland versprachen sehenswertes. So war ich mir mit David bereits im Februar einig, dass wir den Sommer 2015 Down Under verbringen. Neben Australien musste natürlich auch ein Trip auf dieses Neuseeland drin liegen. Das ist zwar kleiner als Australien, verspricht aber durch seine grandiose Landschaft ebenfalls sehr viele interessante Stellen. So wurden dann die Flüge Zürich – Sydney, Brisbane - Christchurch und Christchurch – Zürich gebucht.
Montag 6.7.2015 (Freienbach - ) Sydney – Wollongong
Unsere Reise auf den fünften Kontinent begann am Samstag den 4. Juli 2015. Erst ging es mit der Swiss nach Singapur und von da weiter mit Qantas nach Sydney. Beide Flüge gingen eine Ewigkeit. Immerhin hatte ich jedoch etwas Glück mit meinen Sitznachbarn. Auf dem Flug nach Singapur erschien dieser erst gar nicht, so dass ich etwas mehr Platz hatte. Auf dem Flug nach Sydney hatte ich eine junge Dame aus Frankfurt neben mir, so dass man sich ab und an noch etwas unterhalten konnte. David sass auf diesem Flug nämlich nicht in meiner Nähe. Das doofe an einem Flug nach Osten ist bekanntlich immer die Zeitverschiebung. So flogen wir abends um 10 Uhr los, verbrachten eine Nacht im Flieger und landeten am späten Nachmittag in Singapur. Nach einer weiteren Nacht, war es morgens um sieben, als wir in Sydney aufschlugen. Noch hatte uns der Jetlag allerdings nicht im Griff. Wir erledigten das nötigste, hoben Geld ab, kauften uns eine Simkarte und holten uns schliesslich unseren Mitsubishi Outlander bei der Vermietung ab. Bei aller Liebe zur Eisenbahnfotografie, wenn man schon mal in Sydney ist, dann sollte man auch in die Stadt gehen. Mindestens ein Bild vom Opernhaus und der Harborbridge musste drin liegen, sagten wir uns. So fuhren wir mit dem Auto nach Sydney Central um festzustellen, dass man dort nicht parkieren kann. Also ging es wieder etwas raus um von der S-Bahn-Station St. Peters wieder in die Stadt zu fahren. Am Central angekommen, fuhren wir erst einmal mit der einzigen Strassenbahn zur Endhaltestelle, ehe wir mit der S-Bahn wieder zum Central und von da weiter zur Harborbridge fuhren.
Von der Brücke runter fotografierten wir das Opernhaus ein erstes Mal, ehe wir es auch noch von neben der Brücke versuchten.
Als nächstes ging es unter der Brücke durch zur alten S-Bahn-Station beim Luna Park. Hier stellt Sydney Trains seine Züge ab, die nur während den Stosszeiten gebraucht werden. Da sich die Anstellanlage in unmittelbarer Nähe zur Harborbridge befindet, hat man die Möglichkeit die Züge mit der Brücke im Hintergrund zu fotografieren. Dachten wir auf jeden Fall, obwohl es Bilder im Netz gibt, fanden wir die Stelle nicht, von welcher man die Züge geeignet fotografieren kann. So mussten wir uns weiter mit etwas Sideseeing begnügen. Dies taten wir unter anderem bei einer Fahrt mit einer der zahlreichen Fähren.
Als wir gegen 14 Uhr von der Fähre kamen, hatte uns der Jetlag endgültig eingeholt. Hundemüde ging es wieder zurück zum Auto. Mit Hilfe der Karte suchten wir uns ein geeignetes Hotel in der Agglo von Sydney. Da wir vorerst in den Süden wollten, entschieden wir uns für Wollongong. Auf der Fahrt dorthin war ich froh, dass David fuhr. Ich war nämlich inzwischen so müde, dass ich kaum die Augen offenhalten konnte.
Dienstag 7.7.2015 Wollongong – Yass
Das mit dem Jetlag ist so eine Sache. Am Abend ist man hundemüde und mitten in der Nacht wacht man auf und kann nicht mehr schlafen. Auch am Morgen wacht man relativ früh auf, weshalb wir trotz eher bescheidenem Wetter bereits bei Zeiten aufbrachen. Unsere Reise führte uns weiter in den Süden, bis nach Kiama. Kurz vor dem kleinen Ort, erkannten wir von der Autobahn aus eine bekannte Stelle. Da es gerade relativ viel blau am Himmel hatte, entschieden wir uns deshalb einen ersten Versuch für ein Bahnfoto zu wagen. Ein Blick in den Fahrplan verriet indes, dass an dieser Strecke reger Personenverkehr herrscht. Bis Kiama fahren nämlich die S-Bahnzüge aus Sydney. Innert nützlicher Frist kam dann auch ein solcher S-Bahnzug. Es war ein sogenannter OSCAR, wobei der Name für OuterSuburban CAR steht.
Nach diesem Erfolgserlebnis wollten wir uns auch noch die Strecke hinter Kiama anschauen. Im kleinen Küstenort endet der Fahrdraht und die letzten Kilometer bis Bomaderry (Nowra) wird der Personenverkehr mit einem Triebwagen des Typs Endavour gefahren. Wie ich recherchiert hatte, gibt es für diesen Triebwagen einige nette Küstenstellen. Wie man dorthin kam, war jedoch ungewiss. Wir fuhren deshalb am Ende des Ortes ins Quartier und schauten gerade einem Güterzug zu. Dass es Güterverkehr gab wusste ich derweil ebenfalls aus meinen Recherchen, da die Strecke aber im Bomaderry endete, war für mich ebenfalls klar, dass auf dieser Strecke nicht viele Güterzüge fahren können. Umso ärgerlicher war es, dass wir den Zug knapp verpassten. Immerhin endeckten wir im Quartier einen Weg, der der Küste entlangführte. Da das Studium der Karte jedoch ergab, dass die Sonne an der geeigneten Stelle gerade achsig war. So entschieden wir uns im Quartier auf den nächsten Endavour zu warten. Da es bei der Durchfahrt des Triebwagens zu regnen begann, strichen wir in der Folge die Pläne zur Inspektion der Küste. Wir fuhren mit dem Auto der Strecke entlang bis Bomaderry. Gubis Versuch eines Bahnhofs Bildes in Bomaderry blieb derweil mässig erfolgreich. Nach einem Einkauf im Supermarkt von Nowra verliessen wir schliesslich die Strecke. Durch den Dschungel des Kangaroo Valleys ging es nun an die Hauptstrecke Sydney – Melbourne. Erstmals auf dieser Reise wurde uns dabei das Australienproblem bewusst. Dieses vielschichtige Problem schliesst unter anderem das Mittelschwedenproblem ein. Einziger unterschied, der dichte Wald in Australien besteht aus immergrünen Eukalyptusbäumen und nicht etwas aus unzähligen Birken, wie dies in Nordeuropa der Fall ist. Daneben inkludiert das Australienproblem auch das Litauenproblem, sprich wenn die Landschaft offen ist, hat es meistens noch eine Baumreihe zwischen Bahn und Kuhweide. Ja richtig, Kuhweiden gibt es auch in Australien. Neben dem Rindvieh sind auch Schafe und Pferde weitverbreitet. Letztere werden allerdings nicht gegessen nur geritten, so viel zum Thema „mit dem Essen spielt man nicht“. Kommen wir aber zurück zum wesentlichen. Das Wetter war noch immer schlecht und so fuhren wir der Strecke entlang bis Canberra, seines Zeichens die Hauptstadt dieses Landes. Am Stadtrand fragten wir schliesslich booking.com nach einer geeigneten Unterkunft, worauf dieses fand, es sei alles ausgebucht. Erstaunt entschieden wir uns für eine Unterkunft in Yass, das etwa 80km entfernt war. Nach rund einer Stunde fahrt kamen wir im dortigen Thunderbird Motel an. Die Dame war derweil ganz ausser sich. Sie hatte wohl einen riesen Stress hinter sich, denn als in Canberra alles voll war, stürmten alle zu ihr nach Yass. Dabei sei ihr auch noch ihr letztes Zweibettzimmer doppelt gebucht worden. Jetzt habe sie nur noch eines mit Doppelbett mit Liegecouch. Dieses Zimmer habe sie freigehalten, obwohl sie nicht wusste, wann und ob wir es beziehen, es sei ihr nämlich nicht möglich gewesen meine Nummer zu wählen. Zu viele Ziffern hätte die Nummer, meinte sie. Es schien, als hätte sie noch nie eine internationale Nummer gewählt. Fürs Abendessen empfahl uns die Dame das eigene Restaurant. Man könne gemütlich am Kamin sitzen, meinte sie. Nun die romantische Atmosphäre wurde irgendwie durch die geschmacklose Einrichtung Marke Gartenmöbel und die fehlende Heizung zerstört. Dies hielt uns allerdings nicht davon ab, trotz was zu essen.