Sommer am Kap - Teil 5
Von Christof Hofbauer
Sommer am Kap - Teil 5Freitag, 29.01.2016
Irgendwie bin ich unruhig heute Morgen. Noch vor dem Wecker war ich wach und beim Duschen und Zähneputzen bin ich einige Male zusammengeschreckt. Mist! Fährt da draußen ein Zug? Nein, es war jeweils nur ein LKW der auf der nahen Hauptstraße durchgerollt ist.
Jetzt da ich gerade Nil aufgeweckt habe, gibt es keinen Zweifel. Dasselbe mahlende Geräusch wie gestern Abend. Verdammt! Er kommt! Der nächste Erzzug nach Saldanha! Am Fenster stehend beobachten wir die Vorbeifahrt. Jetzt in Hektik aufbrechen und an die Strecke rasen bringt‘s auch nicht mehr. Wir hätten keine Chance. Da können wir auch gleich hier in aller Ruhe stehen und kucken was kommt. 20 Minuten, lumpige 20 Minuten später, und wir wären perfekt in den Tag gestartet. *grmbl*
Wieder schau ich nach den Fahrzeugen und wieder ist es die Reihung wie gestern Nacht. 15E+43, 15E+43, 15E und 15E. Keine 9E! Immerhin! So bleibt mir wenigstens DER Schmerz erspart. Im Gegenzug verfestigt sich aber die Erkenntnis, dass es wohl mit einem Foto dieser Baureihe nichts mehr werden wird. Der Generationenwechsel scheint vollständig vollzogen.
In aller Ruhe packen wir jetzt unsere Sachen zusammen. Eile haben wir grad keine mehr. Die Strecke ist für die nächste Zeit belegt. Da passiert nichts. Gut, hinter Elandsbaai gibt’s noch einen Loop, doch sollte da was in der Kreuzung stehen, müsste das anschließend an uns vorbei und wir könnten hinterher. Eine Viertelstunde später sind wir auch am Auto und abfahrbereit. Wie gesagt, es hätte nicht viel gefehlt. Aber hätte, hätte, ….. na, ihr wisst schon!
Diesmal heize ich mit unserem Franzosen über die Gravel Road, und da an ihr „gebaut“ wird, gibt’s noch eine off-road Einlage auf der Sandpiste neben der Sandpiste gratis dazu. Einmal die Bahn gekreuzt, dort wo die unbefestigte Straße entlang der Bahn abzweigt, dann geht’s wieder ab ins Hinterland. Am höchsten Punkt mit Blick „zurück“ an die Küste und auf Elandsbaai.
Übrigens, Elandsbaai heißt nicht Elandsbaai weil es hier ein Elend ist, Erzzüge fotografieren zu wollen, sondern der Name kommt vom den Eland-Antilopen, die früher hier in der Region gelebt haben.
Heutzutage trifft man eher auf Photographus Germanicus oder dem artverwandten Helvetiensis Bilderiaris.
Und Vertreter dieser beiden Spezies streifen jetzt gerade auch durch das Buschland am Südende des Bobbejaansberg-Tunnel, suchend wo die beste Stelle sein möge um sich auf die Lauer zu legen.
Ach ja, noch eine Art treibt sich hier im Gelände herum. Surfer-Boys! Eine Gruppe dieser Art erschrecken wir nämlich, als wir sie erwischen, wie sie ihr Nachtlager in den Sandhügeln oberhalb des Strandes verlassen. Mit verstörten Blicken und etwas ängstlich drein schauend, machen sie sich in ihren Pickups davon. Das wild übernachten hier ist wohl nicht wirklich erlaubt.
Für Südafrika typisch ist die dreisprachige Beschilderung mit Englisch, Afrikaans und der jeweils lokalen Sprache, wie hier am Südportal des Bobbejaansberg-Tunnels.
Wir sind aber nicht zum Übernachten hier, uns haben zwei andere Gründe hierher verschlagen. Ein stichhaltiger: „Das Licht für diese Stelle mit dem Meer im Hintergrund ist gerade optimal.“ Und ein mehr spekulativer: „Nach zwei vollen, müssen doch auch langsam mal Leerzüge rollen!“ Wobei, ganz so spekulativ ist diese Annahme gar nicht, denn irgendwann muss alles wieder zurück nach Sishen. Die Fragen sind nur wann und kommt in der Zwischenzeit nicht noch was von oben! Aber letzteres würde ich jetzt auch entspannt sehen. Gäbe es doch die Chance auf einen Nachschuss mit 9E am Zugschluss! Glaub ich wirklich noch dran? Wenn ich ehrlich bin, NEIN! Die Zusammensetzungen der bisher gesehenen Bespannungen sprachen dazu eine viel zu eindeutige Sprache. Und auch die gesehenen hohen Nummern deuten darauf hin, dass man mittlerweile genügend moderne Loks beider Spielarten hat. So wird der Wunsch nach 9E oder auch 34ern wohl unverfüllt bleiben. Aber die Hoffnung stirbt halt zuletzt. Darum hoffe ich!
Dösend hängen wir im Auto. Taktisch, praktisch platziert haben wir genügend Streckeneinsicht um bei Nahen eines Zuges schnell genug draußen zu sein, am richtigen Platz. Kurz hatten wir überlegt nach hinten zur Steilwand zu gehen. Doch wahrscheinlich erreicht man da von unten her nicht genug Höhe um einen freien Blick auf die Strecke zu haben. Ganz hinauf ging‘s nur über die Straße. Und da dürfen wir bekannter Maßen ja nicht. Zumindest fahren, und zum Gehen ist es eindeutig zu weit. Und zu heiß! Die Sonne brennt nämlich schon wieder vom Himmel.
Darum flüchte ich auch nach kurzem aus unserem fahrbaren Untersatz. Einfach zu stickig in dem kleinen Franzosen. Da lieber draußen im Wind stehen. Basecap auf und den Zaun entlang gelaufen. Den möchte ich nämlich nicht in den Maschinen haben. Dafür lieber mehr Meer im Hintergrund. Doch selbst ich bin für die Umsetzung dieser Wünsche zu klein. Darum baue ich mir meinen kleinen Mount Ore! Einen kleinen Hügel aus Steinen und Erde. Macht mich gleich größer und sorgt für Bewegung und Beschäftigung. Und das ist auch bitter nötig, denn wir sind schon wieder zwei Stunden vor Ort und es hat sich nichts getan. Bis jetzt! Denn kurz vor elf beginnt es vernehmlich zu Rollen!
Kurz bevor der Zug da ist ertönt hinter mir ein Schrei. Nil ist aus seiner Lethargie erwacht, steht neben dem Auto und merkt, dass ich, thronend auf meinem kleinen Hügel den ich mir mittlerweile zusammen getragen und aufgeschichtet habe, im Bild bin. Ha nu!?! Das isch etz scho a bisserle doof, aber da hän er eher gugge müsse!
Zudem habe ich einen früheren Auslösepunkt wie er und den Plan, mich sofort nach dem Bild buchstäblich aus dem Staub zu machen. Die Sache ist nämlich die, als alter Nummernsammler will ich natürlich auch die Zwischenloks verewigen. Das geht hier nicht. Und für die Schlusslok muss ich sowieso ganz woanders stehen.
Also springe ich sofort nach den ersten Schüssen auf die beiden Zugloks wie Hase Cäser durchs Buschland. Mit Blick nach unten und unter Ausnutzung aller Sauerstoffreserven die ich habe. Gut dass die Züge soooo lange sind!
15 025 und 43 070 laufen als Duo vor dem zweiten Block des Leerzuges der in Richtung Sishen unterwegs ist.
Foto im Kasten, Füße in die Hand, weiter geht‘s geschwind, durchs Steppenland!
Seit die neuen Elloks der Reihe 15 in Verbindung mit Dieselmaschinen der Reihe 43 eingesetzt werden, reichen für die Bespannung des dritten Blocks auf einzeln fahrende Elloks. Hier ist es die 15 055.
Sieht man auf dem Bild den Schatten meines langen Gesichts? Ne? Zugegebener Maßen hält sich die Enttäuschung auch in Grenzen. So wirklich dran geglaubt hab ich eh nicht, dass hinten dran eine 9E hängt.
Mühsam stapfe ich wieder zurück zum Auto. Zwischen den Dornenbüschen hindurch rennen ging irgendwie einfacher, aber dazu fehlt mir gerade die Luft.
Bei Nil angekommen stellen wir Überlegungen an, wie wahrscheinlich es ist, dass in nächster Zeit ein Zug kommt. Zwar ist der nächste Loop nur gut vier Kilometer entfernt, aber da wir doch nicht was stehen, oder? Wir verneinen und machen uns auf zu Familie Seehund. Die haben wir gestern Abend ja schon kurz von der Ferne abgelichtet, jetzt soll es näher ran gehen. Doof für mich, dass ich für die große Kamera kein Tele dabei habe, da heißt es anpirschen soweit es geht und ansonsten sich mit „Panorama-Bildern“ begnügen.
Kaum sind wir aus dem Auto draußen, brummt es vernehmlich. LKW? Traktor? Oder Diesel auf der Erzbahn? *urgs* Eindeutig letzteres. Rein in die Karre, Wendung auf der Hochachse, und Vollgas über die Schotter- und Sandpiste! Eigentlich sinnlos, denn den Zug erreichen wir nie mehr. Außer die Lok hat just in dem Moment einen veritablen Maschinenschaden. Hat sie aber nicht und so sehen wir nur mehr weiter hinten am Ende des Bogens einen kurzen Zug verschwinden. Ob es ein Bauzug war oder einer dieser wenigen Erzzüge aus Bitterfontain lässt sich nicht sagen. Egal, denn so oder so ist es SCH…..!
Das wäre dann Nummer zwei auf der Liste der verdödelten Zugleistungen heute. Wahrlich keine gute Bilanz. Bleiben oder fahren? Wieder stellt sich die Frage, die nach dem traumatischen Ereignis von gerade auch nicht einfacher wird. Letztendlich kommen wir zum Schluss, jetzt ist Robbenzeit. Oder Seehund? Egal!
Wichtig ist, wenn die doofe Bahn meint sie muss uns verarschen, dann ignorieren wir sie einfach! So, dass hat sie jetzt davon!
Faul liegt eine Gruppe Seehunde in der Vormittagssonne auf den Felsen, während im Hintergrund die Brandung an die Steine schlägt.
Sowas kann auch schief gehen. Aber Nil bleibt bei dieser Aktion trocken, auch wenn er etwas zusammen zuckt.
Beim springen über die Felsen stehe ich plötzlich nur eine guten halben Meter neben einem Tier. Mit offenen Augen liegt es da, klein, süß …. und tot. Ein Anblick der traurig stimmt.
Das Fotoshooting von „Südafrikas Top Robbe“ ist vorbei. Nach oben gekuckt und den Sonnenstand geprüft. Irgendwie ziehen uns die schneeweißen Dünen auf der anderen Seite der Bucht an. Gerade würde es noch gehen, wenn man nur auf diese Dreckpiste entlang der Bahn käme, auf die wir nicht dürfen. Aber mal schauen, vielleicht gibt es ja einen Alternativweg. Den gibt es natürlich nicht. Aber dafür eine Schranke mit Postenhäuschen und Posten. Perfekt, da kann man ja dann mal fragen.
Ich krame mein bestes Englisch heraus, erkläre wer wir sind, was wir hier in dieser Gegend wollen und ob es nicht möglich sei, dass wir ausnahmsweise *liebschau* nicht doch auf diese Straße…… Der Posten ist äußerst freundlich, bedauert aber und erklärt uns, dass er ohne „Permit“ nichts machen könne. Wir sollten uns bitte an die Verwaltung in Saldanha wenden, unseren Wunsch vortragen und schauen ob wir etwas erreichen. Nicht die Abwicklung über den kleinen Dienstweg, die wir uns erhofft haben. Aber was will man machen? Der gute Mann tut ja auch nur seinen Job. Also verabschieden wir uns freundlich, gegenseitiges Lächeln, shake hands durchs Autofenster und wieder von dannen gezogen. Dann halt am späten Nachmittag vom Strand her, wenn die Sonne weit draußen auf dem Meer steht!
Erstmal beziehen wir wieder Stellung hinterhalb des Bobbejaansberg-Tunnels. Diesmal auf einer Anhöhe unweit der letzten Stelle, mit Blick von oben und mehr Meer im Hintergrund. Lange können wir nicht bleiben, denn das Licht wandert schnell aus. Nochmal schmerzt der verpasste kurze Zug von eben. Der hätte hier lichttechnisch und von der Länger her gut rein gepasst. Und dann dieser Blick…..
Nächster Standpunkt: direkt über dem Tunnelausgang. Denn mittlerweile ist die Sonne rum! Und auch hier reicht es im Moment nur zum Stehen direkt oberhalb des Portals. Aber viele Alternativen gibt es im Moment nicht. Gut, auf der anderen Seite des Tunnels, unterhalb des Affenkopffelsens, da würde es jetzt schon gehen. Aber ehrlich gesagt, nach dem Erlebnis mit dem Dieselzug, trauen wir uns nicht recht hier noch groß herum zu fahren, wenn vorher keine Zugbewegung war. Darum warten wir geduldig bis es rollt. Erst leise, dann vernehmlicher, dann laut und es brechen eine 15E mit angehängter 43er aus dem Tunnel. Hinten dran ein beladener Erzzug in Richtung Hafen. Und wieder fasziniert mich das Mahlen der Räder unter der schweren Last, und die Vorstellung, welche Tonnagen auf dieser schmalen Spur bewegt werden. Ein lauter werdendes Heulen von Lüftern und brummen eines Diesels kündigt das nächste Pärchen an, dann folgen wieder 100 Wagen, dann nur heulen und eine einzelne 15E rollt durch, wieder Wagen und jetzt wird es spannend….
Ich bin nichtmehr überrascht oder enttäuscht. Im innersten habe ich mich damit abgefunden, dass es in meinem Archiv wohl kein Bild der urigen Maschinen geben wird. Tja, Pech! Einfach zu spät dran gewesen. Lange schauen wir der Fuhre noch hinterher, bis sie um den nächsten Bogen verschwunden ist, dann wechseln wir.
Nur einmal rum um den Berg geht es, hin zum Affenkopffelsen. Doch diesmal stellen wir uns nicht in die pralle Sonne, wir bleiben im Auto. In der prallen Sonne! Zwar auch heiß und ermüdend, aber wenigstens brennt einem der gelbe Ball nicht aufs Hirn. Etwas weiter weg stehen wir, auf dem Parkplatz der Surferboys, die um die Zeit irgendwo im Schatten liegen und relaxen. Wir dagegen halten Ausschau, denn über die Bucht hinweg lässt sich die Strecke erahnen. Und dort ist auch das nächste Loop. Immer wieder narrt uns ein oranger Fleck dort drüben. Ein Zug, der in der Ausweiche steht? Nil wird es irgendwann zu bunt, er bringt die Artillerie in Stellung, sprich großes Tele drauf und rüber gelinst, ne, da ist nix. Wirklich? Foto gemacht, am Bildschirm vergrößert, ne, da ist wirklich nichts. Na gut! Dann weiter dösen, aber nicht ohne immer wieder einen Blick über das Meer zu werfen. Und zu versuchen zu erlauschen, ob im Tunnel was brummt oder rauscht. Bei der Brandung gleich unter uns ein völlig sinnloses Unterfangen.
Adlerauge Teil 1
Dann, nach gefühlten Stunden, die Meldung von Nil: „Da drüben fährt was!“ Mich reißt es aus dem Döse-Modus. Ich sehe nichts! Doch halt, ja da, jetzt hab ich’s auch erkannt. Also, please start the engines und ab in Position gerollt. Nil lasse ich beim Tunnel raus, er will nochmal den Blick von da oben, ich stelle mich etwas unterhalt in Position, denn ich will den Affenkopf Felsen gut drauf haben.
So, was jetzt? Ganz klar, ab in die Dünen auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht. Weißer Sand soweit das Auge reicht. Ein Hauch von Karibik. Vorbei geht es an den kleinen Häuschen im Zentrum von Elandsbaai…..
“Hauptstraße“ durch Elandsbaai in Richtung Meer. Im Hintergrund die Brücke der Erzbahn, die hier den Ort durchschneidet.
…..vorbei an der Schranke die die Schotterpiste entlang der Bahn hier versperrt, vorbei an dem freundlichen Herrn, den wir heute um Erlaubnis gefragt hatten den Weg zu befahren, hin zu den letzten Häusern von Elandsbaai, wo wir in einer ruhigen Wohnstraße unser Auto parken, Rucksäcke schultern, um mit Wasserflaschen bewaffnet hinaus in die grellen Dünen und hinunter zum Strand zu stapfen.
Dort auf dem festen Untergrund geht es sich deutlich leichter und so schreiten wir mit festen Schritten aus. Der Strand ist übersäht mit Seetang und Muscheln jeder Art. Bei letzterer hätte meine Verflossene ihre helle Freude gehabt. In Farben und Formen, wie ich sie noch nie gesehen habe, liegen sie zu hunderten rum. Einige davon wandern als Mitbringsel in den Rucksack. Dann müssen wir doch rauf in die Dünen, wo jeder Schritt schwer fällt, da man zwei nach vorne macht und einen zurück rutscht. Nach einigem Suchen haben wir eine Stelle gefunden, lassen uns im Schatten nieder und schrecken kurz danach wieder hoch! „Die Wüste lebt!“ Kleine Käfer krabbeln überall herum und sie beißen. Nicht schlimm aber unangenehm. Und noch einen zweiten Haken hat dieser Schattenplatz: keine ausreichende Streckeneinsicht! Also rüber auf die sonnige Seite des Lebens, mit Blick aufs Meer und, mit Drehung des Kopfes nach links und rechts um 90°, mit Blick auf die Strecke. Da sitz ich nun, bei 40°, in der prallen Sonne und lasse mir das Hirn aus der Omme brennen. Der Wind vom Meer her bietet nur geringfügige Erleichterung. Nil hat sich mit den Worten „Du schaust ja hier ob was kommt, oder?“ wieder gen Schatten verabschiedet und lässt sich dort von den Käfern fressen. Sein Motto: Lieber gekühlt gefressen werden, als zeitgleich noch geröstet.
Wir haben eine deadline, denn wir müssen heute noch ein Eck fahren. Der Wechsel nach Wellington steht an und die Rezeption in unserer Unterkunft ist dort nur bis 21.00 Uhr besetzt. Bei 2 ½ Stunden Fahrzeit laut Navi und einem Rückweg entlang des Strandes von locker 20 Minuten, sollten wir spätestens um 18.00 Uhr hier weg sein. Aber aller spätestens! Wenn ich ehrlich bin, zähle ich die Minuten bis zu diesem Zeitpunkt. Irgendwie bin ich gut durch und am Ende!
Blick von den Sanddünen entlang des Strandes und aufs Meer. Einmal nach links Richtung Boobejaansberg, …
Nil kommt irgendwann wieder zurück aus seinem Schattenversteck. So allein mit den Käfer war’s wohl doch nicht so prickelnd. Wir quälen uns ein Gespräch raus und rechnen die Rückfahrt und den Rückweg zum Auto immer wieder neu durch. Minute um Minute wird so geschunden, denn es wäre doch zu schön, wenn es hier noch mit einem Bild klappen würde. Doch irgendwann haben wir alle erdenklichen Puffer aufgebraucht und packen resigniert unsere Sachen. Rucksack geschultert und zurück, wieder immer hart an der Wasserkante, des festen Sandes wegen. Alles paar Schritt wird sich umgedreht, ob nicht doch etwas kommt. Laut der „8 Stunden Theorie“ wäre ein Zug nämlich überfällig. Aber über die Richtigkeit dieser Annahme haben wir uns ja schon unterhalten.
Adlerauge Teil 2
Wir haben einen Gutteil des Rückwegs zurückgelegt, da meint Nil: „Schau mal! Rollt dahinten nicht ein Zug?“ Ich schaue Richtung Affenfelsen, sehe aber nur eine braune Linie die alles sein könnte. Doch da sprintet mein Begleiter auch schon los. Also nicht allzu lange überlegt, Beine in die Hände genommen und los. Kennt ihr das, wenn ihr im Traum weglaufen wollte, aber egal wie man sich anstrengt, man kommt nicht vorwärts? So ein Gefühl habe ich auch. Laufen im weichen Sand ist nicht wirklich fördernd für das Tempo, strengt aber dafür mächtig an. Keuchend erreichen wir die Dünne, arbeiten uns hinauf und stellen uns in Position. Äch, noch ein bisschen umstellen, oder doch wieder zurück, ne der schattige Busch da muss raus, und aufpassen, dass man keine Fußtapsen mitten im Bild hinterlässt, dann stehen wir. Und dass keine Minute zu früh. Ein Leerzug schiebt sich heran, in voller Pracht und die Maschinen glänzen im Abendlicht!
Den Schluss bildet 15 022. Wer ganz genau hinschaut, außer der Lok des dritten Blocks auch noch die beiden Zugmaschinen sehen. Einfach links über die Bucht schauen. Die beiden kleinen orangen Punkte in den Dünen sind 15 04 und 075, mittlerweile bereits mehr als dreieinhalb Kilometer von den Fotografen entfernt.
Einfach gewaltig, oder? Ein Grinsen ist uns ins Gesicht genagelt. DER Abschluss für den heutigen Tag und mit Sicherheit ein Highlight auf der bisherigen Tour. Alles warten, alles schwitzen, alle Mühsal haben sich gelohnt!
Zügig geht’s nun zum Auto. Wie gesagt, wir haben wieder mal ein kleines Zeitproblem, während wir unsere Ausrüstung verstauen und uns entsanden rechnet das Navi schon mal fleißig. Und was es raus bekommt ist ernüchternd. Ankunftszeit 21.35 Uhr. Ich seh uns schon auf der Straße schlafen. Zugegeben, unser elektronisches Helferlein rechnet sehr konservativ und ich bin mir sicher, noch einige Minuten raus fahren zu können. Aber 35??? Das wird hart. So scheuche ich auch etwas harsch Nil in die Karre, der noch draußen steht und den Programmpunkt entsanden mittlerweile schon fast zum Kultstatus erhoben hat.
Noch ein kurzer Zwischenstopp vorm lokalen Lebensmittelhandel, der DURST ist groß und mächtig, dann geht’s im Schweinsgalopp los. Tempomat rein, 10 km über das erlaubte eingestellt zwecks Abweichung und so, und ab durch die Mitte. Gott sei Dank kennt das Navi die ersten Kilometer noch als Schotterpiste und so machen wir schnell ordentlich was gut. Dann wird’s aber zäh und es pendelt immer zwischen 21.00 Uhr. Mal drüber mal drunter. Zu guter Letzt macht es die hereinbrechende Nacht, die grellen Lichter des Gegenverkehrs und die einsetzende Müdigkeit auch nicht einfacher. Aber irgendwie geht’s ja dann am Ende immer und so schlagen wir mit einem kleinen Zeitpuffer in Wellington auf. Den brauchen wir auch, denn die forsche Fahrweise hat mehr Sprit gekostet als normal. Und nu sind wir am Ende der Reserve. Liegenbleiben inbegriffen. Darum heißt es zu allem Übel noch ne Tanke suchen. Aber auch das kriegen wir hin und stehen pünktlich, will meinen 4 Minuten vor 21.00 Uhr vor dem bewachten und mit Schranke gesicherten Eingang zur Anlage. Das übliche Prozedere beginnt, mit Eintrag von Namen, Anschrift, Pass, Autonummer etc. in ein Formular, dann lässt uns der freundliche Wachmann passieren. Nicht ohne hinzuzufügen, die Miss wäre leider schon weg, aber er würde uns zu unserem Haus führen. Sagt‘s, entert ein Quad und düst los durch den dunklen Park. Wir artig hinterher. Vielleicht sollte ich erklärend hinzufügen, wir übernachten nicht in einem Hotel. Nein! Sondern auf einem großen Weingut, mit umliegender weitflächiger Parkanlage und darin verstreuten Häusern.
Unser Führer auf dem Quad legt ein ordentliches Tempo vor und ich habe Mühe ihm auf den schmalen Wegen zu folgen. Plötzlich biegt er scharf links ab. Quasi in einer Haarnadelkurve geht es auf einem ausgewaschenen Sandweg nach oben. Mit dem Auto nicht in einem Zug zu schaffen. Daher werde ich langsamer. Er dreht sich um und deutet etwas, was wir als „hier parken“ verstehen, und dann ist er weg. Wir steigen mal aus, ratlos was wir tun sollen. Etwas hinterhalb ist ein erleuchtetes Haus zu sehen, was nach Restaurant oder Rezeption aussieht. Dort weiß man auch nicht so wirklich was mit uns anzufangen, ist aber der Meinung, der Sicherheitsmann hätte uns den Weg zeigen und die Schlüssel geben sollen. Also zurück mit Begleitung zum Auto. Dort steht unser Lotse sichtlich aufgelöst, weil wir urplötzlich verschwunden waren. Upps! Sein Zeichen sollte also „hier könnte ihr drehen um mir dann zu folgen“ bedeuten und nicht „hier parken“! Wir entschuldigen uns vielmals und hoppeln dann den steilen Weg hinauf zu einem versteckten Parkplatz gleich vor unserem Haus. Stockdunkel ist es hier. Man sieht nicht mal die Hand vor den Augen. Unser Führer erklärt uns noch dass die Schlüssel stecken und verschwindet dann flux wieder. Unser Haus ist geteilt in zwei Hälften, jede davon enthält ein großes Zimmer mit Bad, davor eine Terrasse. Alles recht romantisch gelegen, würde man denn was sehen.
Erstmal haben wir aber ein anderes Problem. Wir brauchen noch was zum Futtern! Schließlich gab's den ganzen Tag nichts gescheites. Zur Auswahl stehen um diese Uhrzeit nur mehr evtl. vorhandene Niederlassungen diverser Burgerbrater oder das Spurs? Bei dieser Auswahl voten wir eindeutig für Spurs! Doch wo ist das nächste und wie lange hat es offen. Nil turnt zu diesem Zweck draußen auf dem dunklen Parkplatz hin und her, mal steht er da, mal dort, auszumachen nur durch den fahlen Schein seines Handydisplays. Die Krux ist nämlich folgende. Zwar gibt es offiziell in der ganzen Anlage WLAN, leider gehören wir aber was das angeht nicht mehr zur Anlage. Empfang gibt’s wenn nur schwach an einer Stelle auf dem Parkplatz und dann auch nur auf Nils Handy. Meines versagt den Dienst bzw. die Herstellung einer Verbindung. Endlich ist er fündig geworden. Einige Kilometer zu fahren sind es und Zeit haben wir auch nicht mehr wirklich lange bis die Bude schließt. Also hopp, hopp.
Um es vorweg zu nehmen, dieses Spurs war das schlechteste ever! Leicht angeschmuddelt, ein Trainee als Bedienung der weder Ahnung noch Bock hatte und angetrieben durch diese Kombination nur die Hälfte von dem brachte was er sollte, und die Qualität des eigentlich standardisierten Essens war naja. Meine Ofenkartoffel lang anscheinend schon so lange im Ofen, dass sie nur mehr ein trockenes, leicht zähes, nach „Röststoffen“ riechendes und schmeckendes Etwas war. Auch Fleisch und Sauce konnten nicht so wirklich überzeugen. Aber immerhin, wir hatten noch was im Bauch und Kraft getankt. War auch bitter nötig, denn heute ging es für mich noch auf Großwildjagd!
Kaum zurück in der Behausung und tot müde ins Bett gefallen, ging es los! *zirp*zirp*zirp* Nun gehören ja Geräusche dieser Art durchaus zum Ambiente fremder Länder, aber doch bitte nicht in meinem Zimmer! *zirp*zirp*zirp* Den ersten Übeltäter konnte ich recht schnell finden und fachgerecht entsorgen. Der zweite war deutlich schlauer. Immer wenn ich auf Suche war herrschte Stille. Aber kaum hatte ich das Licht ausgemacht und war in der Annahme das Vieh durch meine bloße Präsenz so erschreckt zu haben das es leise ist, ging es wieder los! *zirp*zirp*zirp*
Ja meno! Hilft aber nix, dann mal auf zur nächsten Runde. Schließlich hatte ich den kleinen Übeltäter endlich eingekreist und unter einer Randleiste nahe des Bades ausfindig gemacht. Nur wie ihn da vor kriegen. Gutes Zureden alleine half überraschender Weise erst mal nichts. Also dann mit einem Blatt Papier unter die Fußleiste gefahren. Bringt auch nicht den gewünschten Erfolg. Da hinter der Leiste scheint es wohl geräumiger zu sein als man meint. Leichte Ratlosigkeit setzt ein. Auf der Suche nach geeigneten Hilfsmitteln durchstreife ich die Räumlichkeiten. DA, die zündende Idee! Eine Dose Raumspray. Das Zeug riecht meist so penetrant, das haut die stärkste Grille um! Gesagt getan, eine nach Ladung nach der anderen wird ins Heimchen-Versteck geblasen.
Der Plan gelingt. Betäubt von so viel Frischduft, jappst sie nach Frischluft, kommt aus ihrer Behausung und verschwindet unter einem Glas. Mit besten Wünsche für ihr kommendes Leben wird sie nun nach draußen in die freie Natur entlassen und während sie hier einen neue Lebensraum findet, finde ich endlich Ruhe und Schlaf. Gute Nacht!