Sommer am Kap - Teil 6

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Samstag, 30.01.2016

Ich bin wie zerschossen heute Morgen und will gar nicht so richtig hoch kommen. Die Großwildjagd von gestern Abend hat Spuren hinterlassen und zudem war ich schon wieder zu Unzeiten wach. Naja, was sich halt so wach nennt. Irgendwann hilft es nichts mehr, ich rolle mich aus meinem Bett und schleppe mich ins Bad zwecks Restauration meiner selbst. Zieht sich ein bisschen bis ich heute durch bin, erstens weil ich nicht gerade der Schnellsten einer bin an diesem Morgen, zweitens weil ich mittlerweile an Jahren den Bereich erreicht habe wo der alte Spruch gilt „Man sieht nicht älter aus! Es dauert nur morgens jeden Tag etwas länger!“

Nach den rituellen Waschungen noch ein bisschen die Sachen zusammen geräumt, da hör ich auch schon die Nachbartür klappern. Nil steht zum Frühstücken bereit. Er sieht deutlich frischer aus wie ich mich fühle, und dass obwohl er noch die halbe Nacht im Finstern stocksteif am Hot Spot auf dem Schotterplatz vor unserer Bude gestanden ist, das Handy verkrampft in die Höhe haltend, um ja nur die letzten WLAN Strahlen aus der Luft zu saugen.




Morgendlicher Blick auf unsere Behausung. Mein Refugium war der linke Teil des Hauses, Nil residierte rechts.





Gemeinsam schlendern wir, zwischendrin das Betriebskätzchen streichelnd, hinunter zum Restaurant, wo das Frühstück serviert wird. Dort gibt’s kein Buffet, dafür aber die Frage, auf die ich schon den ganzen Urlaub warte: „English Breakfast?“ „Yes, yes, yes!“ Bringt mir einen leicht tadelnden Blick der Frühstückfee ein, denn der andere Teil der Auswahl war das „gesunde Frühstück“. Nil hat sich natürlich dem main stream ergeben, macht einen auf gesund und erhält ein anerkennendes Lächeln. Mir egal! Für Speck, gebackene Bohnen, Grilltomaten und – champignons lass ich mich gerne etwas schief anschauen.

Leider ist das was dann letztendlich auf den Teller kommt keinen ganz so großen Einsatz wert, quasi ein „English Breakfast Light“, aber das Müsli mit Früchten für Nil kann jetzt von Umfang und Ausstattung her auch nicht wirklich zu 100% überzeugen.

Nach dem Essen geht’s ans Zahlen. Dort machen wir Bekanntschaft mit der Dame, die gestern bis halb neun noch auf uns gewartet hatte und dann, alle Hoffnung auf unser Erscheinen fahren lassend, sich gen Zuhause vom Acker machte. Das erklärt sie uns jetzt wortreich und halb entschuldigend. Kein Problem, wir hatten schlussendlich ja noch ein Bett, was zum Essen und Grillen im Zimmer *zirpp* Also alles gut!

Anschließend will Nil noch dem Verkaufsraum seine Aufwartung machen. Wenn schon Weingut, dann auch gut Wein einkaufen, so die Devise. Ich halte mich gepflegt zurück, nicht aus Überzeugung, …. obwohl, irgendwie doch! Denn ich bin der festen Überzeugung, dass in meinen Koffer eh nichts mehr rein passt. Mal wieder mit kompletten Auswanderergepäck gestartet, werde ich wohl Mühe haben, die eine Flasche edlen Tropfens in meinem Koffer unter- und unbeschadet nach Deutschland zu bringen, die ich schon habe. So warte ich draußen in der Sonne, genieße Ruhe und Aussicht, bis Nil mit der Beute wieder aus dem Laden tritt.

Nun geht's hoch zum Haus, Koffer fertig gepackt, verstaut und ab durch die Mitte. Aber nicht ohne vorher pflichtbewusst ums und unters Auto geschaut zu haben!



Immer erst brav unter das Auto schauen bevor man los fährt! Der Schildkröten wegen!





Das Programm für heute ist eigentlich schnell erzählt. Fixpunkt ist die Durchfahrt des "Tourist" durch die Schlucht bei Tulbagh. Danach geht's es quasi fließend über in den Touriteil mit Fahrt über den Bain's Kloof Pass und weiter nach Kapstadt. Vorher wollen wir die Zeit noch nutzen um einen Metrozug aufzunehmen. Fahren doch hier rund um Kapstadt noch die 5M2 bzw. 5M2A.

Eine passende Leistung haben wir uns dafür schon aus dem Fahrplan heraus gesucht und ein passender Ort dazu ist auf Osmand auch schnell gefunden. Keine Überstelle, aber für eine S-Bahn reicht‘s alle Mal. Und zudem hat‘s da Bäume zum drunter stellen, denn obwohl erst kurz nach 10.00 Uhr, herrscht schon wieder eine Affenhitze und die Sonne brennt erbarmungslos. Doch lange haben wir nicht Zeit um Schatten und ein kühles Getränk zu genießen. Das Aufheulen einer Sirene scheucht uns aus dem Wagen und an die Gleise: Metro von hinten. Die hatte ich ja nun gar nicht auf dem Zettel.




Gleich hat Metrorail Zug 3516 auf dem Weg nach Kapstadt die Station Dal Josafat erreicht.





Wieso hat uns der jetzt überrascht? Die Antwort ist einfach! Ich habe vorrangig nur nach Zügen NACH Wellington geschaut. Dem Licht wegen. Aber gut, so einen Nachschuss kann man schon mal mitnehmen. Umso mehr, als die neuen Alstom Triebwagen ja so langsam anrollen dürften.

Kaum am Auto treibt uns das nächste Tröten in die Hitze. Und wieder kommt es aus Richtung Wellington. Also von der falschen Seite her. Aber ja nu, was willste machen? Vom Signalton her ist schon mal klar: Keine Metro! Aber was dann? Ein Güterzug mit Elloks? Uns fehlt immer noch ein Zug mit den sonst so allgegenwärtigen 18E an der Spitze.

Was dann aus dem Gegenlicht langsam auftaucht ist tatsächlich ein Güterzug. Doch der blubbert und brummt. Diesel statt E, auch nicht schlecht!




Mit einem "Kühlzug" sind 35-034 und 046 auf dem Weg nach Kapstadt.






Das Doppel nochmal aus der anderen Richtung.






Am Zugschluss läuft der doch etwas improvisiert wirkende Generatorwagen des Zuges.






Übrigens erst daheim fällt mir beim Einstellen auf unser Internet-Portal auf, dass es exakt das Pärchen ist, das wir vor ein paar Tagen mit dem Metro-Zug aufgenommen hatten. Wirklich universell einsetzbar.

Während wir uns den Kopf zerbrechen, wo die Fuhre wohl her kommen mag, ob aus Worcester oder von der ehemaligen Strecke nach Porteville, die wohl zwischenzeitlich mal als Anbindung einiger Speditionslager wieder eröffnet worden war, vergeht die Zeit bis zur nächsten Metro. Heißt sie würde vergehen, wenn sich die nämlich sehen lassen würde. Tut sie aber nicht. Wenigstens nicht zur Planzeit. Und auch nicht gleich danach. Sicherheitshalber nochmal in den Fahrplan geschaut! Jaaaaa, die sollte heute fahren. Mittlerweile vor einer guten Viertelstunde. Der Blick entlang der Schienen ergibt aber, sie ist noch nicht mal im Bahnhof. Jetzt könnte es eng werden mit der Schlucht. Immer wieder gehen wir durch, wie lange dass wir brauchen um hoch zu fahren, zu parken und schließlich zurück in die Schlucht zu laufen. Da endlich erlöst uns das bekannte Heulen der Sirene.




5M2/5M2A 13188 hat soeben Dal Josafat verlassen und macht sich wieder auf den Weg nach Wellington. Nächster Halt ist Mbekweni.





Nun aber nichts wie los! Soviel von unserem vermeindlichen Zeitpuffer ist schon weg und wir müssen noch Getränke kaufen. Auf mittlerweile fast 40° C ist das Thermometer geklettert und wir sind, was trinkbare Flüssigkeiten angeht, total blank. War gestern einfach keine Zeit mehr was zu besorgen. Und heute hatten wir "Metro mit ordentlich Verspätung" nicht eingeplant. Drum ist jetzt Eile geboten und keine Zeit für dringend nötige Beschaffungsmaßnahmen. So vertrauen wir auch brav unserem Navi, als es uns "auf der schnellsten Route" mitten in ein Township lotst.




Auch im Jahr 2016 in Südafrika oft noch traurige Realität sind die dürftigen zusammengeschusterten Hütten in vielen Siedlungen.





Es ist beileibe nicht die ärmlichste Siedlung die wir auf unseren Touren gesehen haben. Trotzdem macht es beklommen und zeigt, wie viel Glück wir doch mit der Geburt auf der anderen Seite des Globus hatten. Glück für das wir nichts können und das man auch nicht mit Fleiß begründen kann. Denn an dem mangelt es sicherlich vielen der hier lebenden auch nicht. Allein, es nützt ihnen nichts.

Mehr wie dieses und ein weiteres Bild entstehen bei der Durchfahrt nicht, denn die Beklommenheit ist auch so schon groß genug. Da muss man sich nicht auf noch benehmen wie Besucher in einem Zoo.

Wir schlängeln uns durch die belebten Straßen der Hüttensiedlung, blicken fasziniert und gleichzeitig auch nachdenklich auf diesen ganz eigenen Microkosmos, passieren die Kirche des Viertels wo sich die Bewohner, herausgeputzt mit Anzug und den herrlichsten, buntesten Kleidern auf den Weg zur Messe machen und haben endlich die Hauptstraße erreicht. Jetzt heißt es Strecke machen. Aber nicht ohne vorher noch eine Brücke am Ortsausgang von Wellington auf dem Tablet "anzupinen". Man weiß ja nie, vielleicht kommt man ja mal wieder her. Während Nil beschleunigt und wir nochmal durchgehen, wieviel Zeit uns bleibt, nicht vergessen, wir haben die Durchfahrtszeiten durch die Schlucht ja nur geschätzt, es ist also ratsam großzügig Puffer einzubauen, fällt unser Blick in die Ebene neben uns und auf einen Personenzug! Aaach Du Sch....! Was ist jetzt das???

Der passt ja jetzt aber überhaupt in keine Fahrzeit rein! Und erst recht nicht ins Licht! Die Strecke geht hier nämlich mehr oder weniger in Nord-Süd Richtung. Und das können wir jetzt am wenigsten gebrauchen. Nil wendet im dichten Verkehr, gar nicht so einfach die entsprechenden Lücken zu finden, und ich schieb auf dem Tablet Karten hin und her, schätze Sonnenstände und komm zu dem Schluss: Wenn, dann passt es nur an zwei Stellen irgendwie einigermaßen vielleicht. Einmal hinter dem Bahnhof linker Hand von uns, da wo die Strecke in einen Bogen geht, aber das können wir vergessen! Im Gegensatz zu allem was wir bisher so in der Ecke an Personenzügen haben fahren sehen ist dieser nämlich schnell! Verdammt schnell! Bleibt also nur der Bogenausgang..... vielleicht..... ne, eigentlich nicht! Aber etwas anderes ist nicht mehr im Angebot! Kurz vor Wellington geht's mit scharfen links hinein in eine Feldzufahrt. Dann voller Halt! Vor uns ein Zaun, dass Licht in der Achse, und dann das.....




Leider nur von Ferne und auch nicht im besten Licht, passieren die beiden unbekannt gebliebenen 6E von PRASA mit einem Personenzug die Fotografen. Doppelt schade, denn nicht nur das die Baureihe bald von Südafrikas Schienen verschwunden sein dürfte und somit jedes Bild doppelt wertvoll ist, auch die Kombination der ältesten Farbvariante "Gulf Red and whiskers" mit der neuesten "PRASA-Blau" ist nicht gerade alltäglich.





Den hätte man ja nun doch gerne etwas besser gehabt. Wobei, die Stelle wäre schon ganz cool, halt nur nicht um diese Tageszeit. Draufgehalten wird trotzdem, wenn auch mit kleinerem Bildausschnitt und Magengrimmen. Doch sowas darf man nicht einfach vorbei fahren lassen!

War das jetzt eigentlich der erwartete "Tourist"? Oder doch eine Zusatzleistung? Quälend bohrt diese Frage, denn wenn es der Tourist war, dann erübrigt sich eigentlich die Weiterfahrt ins Tal. Wenn nicht, dann haben wir immer noch eine Chance und müssen uns sputen! Denn mit dem Schlenker der nötig war um den Zug von gerade zu erwischen, ist unser Zeitpolster gleich null. Jetzt reicht es nicht mal mehr für den Getränkekauf. Ich glaub die nächsten Stunden werden übel.

Auf dem ganzen Weg zum Canyon gehen die Blicke immer wieder bang in Richtung Gleise. Kurz vor Gouda wird dann noch diskutiert ob wir nicht doch schnell in den Ort wegen Getränke? Neeee, vergiss es! Der Ort ist zu weit weg, dann schaffen wir es garantiert nicht mehr, wenn er denn noch kommt?!? Das ist die Frage! Denn es nagt an uns! Immer wieder dieselbe Frage: War das gerade unser Zug, dann wäre er eine gute Stunde zu früh dran. Kann eigentlich nicht sein. Erst recht nicht nach den Erfahrungen, die wir bisher mit Reisezügen gemacht haben. Entweder zu spät oder gar nicht! Oder ist unser Fahrplan nicht auf dem aktuellen Stand? Möglich!

Wir werden es hier und jetzt nicht klären können! Und in einem solchen Fall hilft nur: Pünktlich da sitzen und der Dinge harren, die da kommen. Also ab ins Tal, vorbei an frei laufenden Baboons, mit Extraschleife auf ein Stück Wiese gerollt, da wo die Leitplanke kurz unterbrochen ist, aus dem Auto raus, Rucksack geschultert und in aller Eile die Restbestände der Getränke zusammengesucht. Die Bilanz: ernüchternd! Drei maximal halbvolle Flaschen Wasser! Und das bei mittlerweile über 40°C. Das kann ja heiter werden. Aber vielleicht kommt er ja bald und wir sind schnell wieder weg. Daher nicht lang trödeln und ab ins Tal!

Da sitzen wir nun, im Zentrum des Umluftofens. Von der Konsistenz her schon in Richtung Dörrpflaume tendierend, drücken wir uns und unsere Rucksäcke in den kümmerlichen Schatten von Nils Regenschirm, den er geistesgegenwärtig wieder eingepackt und mitgenommen hat. Ohne ihn wären wir wahrscheinlich schon verloren. Gut, mit der Zeit ist es auch anstrengend den Sonnenschutz zu halten, erst recht wenn einen knappen Meter hinter uns die schweren LKW vorbei donnern, aber wir wollen uns nicht beschweren. Er spendet brav Schutz vor der Sonne und die LKW's bewegen ab und zu die Luft, die ansonsten steht wie Blei. Heißes, trockenes Blei!

Über eine Stunde sitzen wir schon hier, teilen schluckweiße das Wasser und bemühen uns die mittlerweile zum Stillstand gekommene Konversation wieder aufzunehmen. Eigentlich hätte der Schnellzug schon durch sein müssen. So vor einer halben Stunde, spätestens. Doch es hat sich nichts getan unter uns auf den Schienen. Trotzdem hoffen wir noch, denn selbst wenn er bisher noch nicht aufgetaucht ist, wäre er immer noch für hiesige Verhältnisse in normalen Parametern. Wenn's aber doch der vorhin war? Weg ihr bösen Gedanken, weg! Der war doch viel zu früh dran........

Unten auf der alten Straße zieht eine Rotte Baboons vorbei, in allen Größen und mit viel Geschrei. Sie waren vorhin bei unserem Erscheinen laut kreischen ins Unterholz verschwunden. Jetzt sorgen sie für etwas Abwechslung und Entertainment.




Affentheater in der Tulbagh-Schlucht! Eine Gruppe Baboons unterwegs auf der alten Hauptstraße.




Dann herrscht wieder Ruhe..... also wenigstens vor uns. Direkt hinter uns rollt es dagegen mächtig und nicht wenige Fahrer schenken uns ein verwundertes Hupen! Wir sitzen und warten, während die Zeit sich zieht wie Kaugummi. Nil überlegt sich auf den Randstreifen auf der anderen Straßenseite zu setzen. In den Schatten, den der Berg wirft. Keine Option für mich. Ist mir viel zu riskant. Was wenn einer die Fahrspur nicht halten kann? Außerdem rieseln von oben immer wieder Steine auf die Fahrbahn. Und wenn dann der Zug kommt und es ist so viel Verkehr dass man es nicht rechtzeitig über die Straße schafft. Ich geh hier nicht weg! Also braten wir weiter unter unserem Schirm, in immer größerer Annäherung an Jerky bekommend!

Da erlöst uns ein Geräusch. Keine Ahnung wie es unsere Ohren aus dem ganzen Gelärme herausfiltern konnten, aber wir hören es: Ein Zug von rechts!

Damit steht fest: Nicht der Personenzug! Aber das ist uns mittlerweile egal. Wir wollen nur nicht ohne ein Bild hier abziehen müssen. Langsam schiebt sich ein Containerzug um die Kurve. Na wer sagt's denn, da sind sie ja, die obligatorischen 18E.




Von Kapstadt her kommend rollen 18 698 und 522 mit einem Containerzug durch die enge Schlucht bei Tulbagh.





War der Zug bisher schon nicht schnell unterwegs, bremst er jetzt nochmal deutlich ab. Schrill schreit gequältes Eisen auf, als die beiden 18E mit ihrer Fracht die Felsnase vor uns in einer engen Kurve umrunden, und wieder einmal wird klar, warum die Erbauer dieser Strecken die Kapspur gewählt haben. Langsam nimmt die Fuhre wieder Fahrt auf und verschwindet gen Worcester.




Das wäre in etwa der gedachte Blick für den Personenzug gewesen. So bleibt nur der Nachschuss auf die beiden 18E.





Wir geben uns noch eine Viertelstunde, könnte doch der Personenzug in Tulbagh in der Kreuzung stehen, dann machen wir uns langsam schleichend auf in Richtung Auto. Dann halt nicht. Der "Tourist" ist jetzt schon gute eineinhalb Stunden überfällig, wenn es denn nicht der andere war..... Immerhin, wir nehmen ein Bild aus der Schlucht mit und die Gewissheit, bei nächster Gelegenheit hier einen neuen Anlauf zu starten. Für diese Reise ist jetzt erstmal Schluss mit Eisenbahn, naja, fast wenigstens. Umstellen in Touri-Modus.

Erste Anlaufstelle, die bekannte Tankstelle in Wolseley. Dort zweigt übrigens die kurze Stichstrecke nach Ceres ab, die zuletzt als Touristenbahn genutzt wurde oder sogar noch wird. Also nicht an der Tankstelle, in dem Ort. Doch Eisenbahn interessiert uns jetzt wenig. Wir haben nur mehr Durst, Hunger und den Drang, unsere Körper wieder auf Normaltemperatur zu bringen. Also stehen wir bewaffnet mit kühlen Getränken, Knabberzeugs und einem Eis an der Kasse und können es kaum erwarten, bis uns die Tüten ausgehändigt werden. Das erste Getränkt kommt dann auch nicht weit *zisch* schon knapp zwei Finger breit unter dem Kehlkopf ist es mittels Verdunstung in gasförmigen Zustand übergegangen!

Erfrischt, gestärkt und mit offenen Fenstern geht es entspannt weiter Richtung Bain's Kloof Pass, mit seiner schmalen Verbindungstraße, die direkt über die Berge nach Wellington führt. LKW's sind hier verboten, was alleine schon wegen der schmalen Fahrbahn Sinn machen würde. Darüber hinaus ist aber noch kurz vor der Passhöhe eine Durchfahrt unter einer Felsnase hindurch, die jedem Aufbau ein schnelles Ende bereiten würde.




Alte Straße über den Bain's Kloof Pass.





Wenige Fahrzeuge sind auf dieser Route unterwegs. Gott sei Dank! So kann man gemütlich cruisen, über die erste Bergkette des Kap-Faltengürtels hinweg, wieder hinunter ins Weinland rund um Wellington. Übrigens, auch in unserer Zeit ist die Geologie hier noch nicht zur Ruhe gekommen, fand doch 1969 genau in dieser Ecke das bisher schwerste Erdbeben in Südafrika statt. Gut, schon 46 Jahre her, aber in erdgeschichtlichen Dimensionen hat es gerade erst aufgehört zu rütteln.




Weinfelder und die Berge des Kap-Faltengürtels bei Wellington.





Durch Wellington durch geht es Richtung Autobahn und dann auf schnellsten Weg nach Kapstadt hinein. Dort, ganz in der Nähe der Waterfront, hat Nil unsere letzte Übernachtung in Südafrika gebucht. Und er hat es eilig, mal wieder. Denn er will, mal wieder, zum Sonnenuntergang. Und so geht alles, mal wieder, mit etwas Hektik von statten, damit wir nur ja zeitig genug am Signal Hill sind. Von dort oben soll nämlich das Schauspiel genossen werden. Und da darf man nicht bummeln!

Na gut, er hat ja Recht! Erstens wartet die Sonne nicht wirklich bis WIR soweit sind, zweitens, wir sind nicht die einzigen die auf diese Idee kommen! Wie überraschend. So herrscht bei unserer Anfahrt schon ziemlicher Andrang und Nil parkt, durch einen früheren Besuch schon reichlich mit Erfahrung gesegnet, unser Auto schon auf der Zufahrt. Oben sei nämlich alles hoffnungslos zugeparkt und wer da rauf fährt, schaut sich anstatt des Sonnenuntergangs nur die Stoßstange von seinem Vordermann an! Oh wie richtig er doch mit dieser Aussage liegen sollte!

Also heißt es die letzten paar hundert Meter gehen. Tut auch mal ganz gut und gibt zudem Gelegenheit ein Naturschauspiel zu bewundern, was ich schon auf der Herfahrt mit großen Augen beobachtet habe. Überall ist nämlich blauer Himmel, nur über den Tafelberg wälzt sich knapp über den Boden eine niedrige Wolkenschicht und fließt an seinen steilen Flanken herunter wie Wasser über einen Wasserfall. Unglaublich! Darüber nichts als Blau und dann dieses stetige Fließen der Wolken! Faszinierend und irgendwie unheimlich zugleich! Ich habe sowas in meinem bisherigen Leben noch nie gesehen.




Wie Wasser fließt die niedrige Wolkenschicht an den steilen Hängen des Tafelberg herab, stürzt sich in Richtung Stadt, um sich dann in Nichts aufzulösen!





Blick in Richtung Stadt und Hafen. Dort gibt es eine Besonderheit zu entdecken. Etwa in der Bildmitte, festgemacht am Kai, liegt ein sogenannter Halbtaucher. Ein Spezialschiff, dass zum Aufnehmen großer und schwerer Lasten, wie z.B. Bohrinseln oder anderer Schiffe, mit der Ladefläche unter die Wasseroberfläche abtauchen kann!





Am Berg oben ist alles wie von Nil prophezeit. Am Parkplatz und auf den ersten 100 m der Zufahrtsstraße steht alles verkeilt, schimpft, hupt und leidet. Auf der dem Meer zugewandten Seite des Berges herrscht dagegen Volksfeststimmung. Überall "lagern" Menschen, es wird gelacht, mitgebrachte Snacks verzehrt, diverse Fläschchen mit Getränken geköpft und gewartet. Auf das Schauspiel, wenn der orange Ball im Meer versinkt.

Und während der Blick herum schweift, hinaus aufs Meer, auf die Bucht mit Robben Island, färbt die Sonne langsam die Landschaft um unser herum, taucht sie wechselweise in eine Vielzahl von Farben, bis sie selber langsam unseren Blicken entschwindet.




Von der untergehenden Sonne lila gefärbt, die Wolkenflut die sich beständig über die Kante des Tafelberges nach unten stürzt.





Leider klappt es nicht ganz mit dem Versinken im Meer. Ein schmales Wolkenband am Horizont stört das Schauspiel.





Langsam löst sich die Versammlung am Berg auf. Es ist auch merklich kühler geworden hier oben. Ein ordentlicher Wind bläst, den hätten wir uns heute im Tal gewünscht, und ohne die wärmenden Sonnenstrahlen kommt sogar sowas wie Gänsehaut auf. Wir schlendern hinunter zum Auto, nicht ohne die dortige Aussicht auf die Stadt zu genießen.




Langsam lässt auch der Fluss der Wolken über den Tafelberg nach.






Einer der "Weißen Elefanten" Südafrikas. So werden die WM-Stadien von 2010 genannt, für die es vielfach keine vernünftige Verwendung mehr gibt. Übrigens, wer die "Weiße Löwin" von Henning Mankell gelesen hat, dass hier ist der Blick dazu. Vom Signal Hill hinunter auf das Fußball-Stadion von Kapstadt, so wie ihn die Romanfigur Sikosi Tsiki hatte. Auch wenn das Stadion damals noch ein anderes war.






Wie schon am Berg, so auch jetzt hier wird plötzlich neben uns Deutsch gesprochen. Eine deutsche Auslandsstudentin und ihre sie besuchende Freundin fragen uns ob wir Bilder machen können. Klar können wir! Und ganz Kavalier legen wir uns dabei ordentlich ins Zeug. Sollen schließlich schöne Bilder werden. Fotografen Ehre oder so…. *grins* Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Anschließend unterhalten wir uns noch ein bisschen über woher, wohin, warum und wie lange, dann, nach der Verabschiedung widmen wir uns wieder den anderen Motiven *seufz*





Kapstadts Waterfront. Dort unten werden wir gleich sitzen, herrlich speisen und guten Wein schlürfen! *grummel* Jaja, ist ja schon gut Magen, wir machen uns ja gleich auf den Weg!






Kapstadt bei Nacht





Der Stimme des Bauches folgend geht's flugs hinunter zum Hotel. Kameras abgeliefert, Pulli gepackt und ab ins Getümmel. Im Außenbereich eines tollen Afrikanischen Lokals lassen wir uns nieder, genießen das volle Programm mit Vor-, Haupt- und Nachspeise und lassen natürlich auch die Weinempfehlung "Fat Bastard" zu unserem Hauptgericht nicht unbeachtet, kommt dieser edle Tropfen doch aus der Region unserer ersten Übernachtung auf dieser Reise. So schließt sich der Kreis.

Was wir aber ignorieren ist das durchaus nett vorgebracht Angebot einer Dame die wir auf dem Heimweg treffen. Eindeutig dem örtlichen Dienstleistungsgewerbe zugehörig, bietet sie uns, mit Verweis auf unsere verspannte Körperhaltung, diverse Anwendungen zur Lockerung der Beckenboden- und Rückenmuskulatur. Uns scheinen aber ihre physiotherapeutischen und chiropraktischen Kenntnisse etwas mangelhaft, so dass wir dieses, gewiss aus tiefsten Herzen gut gemeintes, Angebot dankend und mit einem nonchalantem Lächeln ablehnen. *zwinker*





Sonntag, 31.01.2016 - Abreisetag *heul, schnief, wein*


"Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät, ....." *schnief* Ja, heute geht es zurück nach Deutschland/Schweiz. Und morgen um die Zeit sitzen wir beide schon wieder brav am Schreibtisch. Nach einem Nachtflug. Da werden die Kollegen aber was zum Lachen haben. Doch erstmal haben wir noch einen entspannten Tag vor uns. Und der beginnt mit Frühstück an der Waterfront. Das Hotelfrühstück war uns nämlich zu teuer und außerdem wollen wir raus. Unter die Leute, in die Stadt, oder so. Zudem muss Nil noch Mitbringsel besorgen und da geht dann alles in einem Aufwasch. So gibt es einen Bummel durch die Mall und ein Frühstück mit viel Obst, Joghurt und frisch gepresstem Saft! Ja sag mal, was haben wir denn heute noch vor? So gesund?!?

Zurück zum Hotel gelaufen, die Koffer fertig gepackt, ab ins Auto. An diesem letzten Tag bin ich wieder mit Fahren dran. Nil lotst mich gekonnt hinunter zum Meer, südlich von Kapstadt. Dort wollen wir der Atlantikküste entlang fahren, dann die Landspitze kurz vor dem Kap queren um danach über die False Bay gen Flughafen zu fahren. Der Flieger geht erst heute Abend, also noch genügend Zeit für alles.




Camps Bay, gleich südlich von Kapstadt





Durch belebte Straßen und vorbei an gut gefüllten Badestränden geht es weiter nach Süden. Irgendwann sind wir dann aus dem gröbsten Trubel draußen und können die Fahrt auf der teils direkt in die Felswand gebauten Küstenstraße genießen.




Blick zurück über die Hout Bay.






Schäumende See unterhalb des Chapmans Peak. Ob die Haie wohl heute Badetag haben?






Immer nur aufs Meer kucken ist mit der Zeit auch nichts. Wir wollen zumindest mal die Füße rein halten. Nicht zuletzt um zu schauen, und auch daheim berichten zu können, wie warm oder wie kalt das Wasser dort ist. Und um es vorweg zu nehmen, es ist saukalt!!!

Bei Scarborough ergibt sich eine Chance. Der Sandstrand ist unweit der Hauptstraße und ein Parkplatz davor bietet die Möglichkeit sein Fahrzeug abzustellen. Neben uns haben das auch einige Surfer gemacht und was soll ich sagen, unterschiedlicher zu Elandsbaai könnte die Szene nicht sein. Waren es dort eher die Yuppie Typen beiderlei Geschlechts mit glänzenden Autos, teurer Ausrüstung und exakt sitzender Frisur, stürzt sich hier das ganze Gegenteil in die Fluten! Langhaarige, in Neopren-Anzügen die ihre besten Zeiten schon lange hinter sich haben, wuchten sie aus rostigen Transportern Boards, die eher nach dem Mutti geklauten Bügelbrett ausschauen, als nach Sportgerät. Die aber sicherlich, ebenso wie ihre Besitzer Geschichten über Geschichten erzählen könnten.





Surfer in den kalten Fluten des Südatlantiks.







In dunstigen Schwaden treibt die Gischt an Land.






Wie sieht's aus, in die Badehose schmeißen und ab in die Fluten? Neeee, ich glaub der Aufwand rentiert sich nicht. Wären es karibische Fluten, dann ja. Aber so! Also, Schuhe und Socken aus muss genügen. Mit kurzen Hosen ins Wasser gewatet und..... *uaaah* ..... ist das kalt! Gute Entscheidung hier nicht mit der Badehose zu erscheinen! Blanke Beine und Wasser bis zur Wade reicht auch. Mein Respekt an alle die sich hier in die Fluten schmeißen. Sei es mit Brett oder aber auch mit Bikini, wie gerade eine Dame neben uns!

Dann der Klassiker schlecht hin. Gerade noch mit dem Rücken zum Meer stehend um ein Foto landeinwärts zu machen, sehe ich nach der Drehung eine Welle auf mich zu rollen. Nicht hoch, aber hoch genug, damit mir das Wasser definitiv bis über die blanken Knie geht, und zu schnell, um noch vor ihr zu flüchten. Was bleibt? Kamera so hoch wie möglich, sicheren Stand suchen und *brrrrrrr* ! Gut "angefeuchtet", um nicht zu sagen nass ab Höhe Bauchnabel, kann ich mich kaum halten vor Lachen. Irgendwie musste das ja jetzt so kommen, oder? Gut das es die Sonne heute wieder gut mit uns meint. Da trocknet man wenigstens schnell.





Eindeutig kein Seehund! Sichtlich hin und her gerissen zwischen einem schwimmenden Stück Tang was er doch so gerne haben möchte und der Tatsache, dass es am Strand deutlich wärmer ist wie in diesem Eiswasser, spring er durch die Brandung.






Für mich heißt es erstmal fertig trocknen, dann rollen wir weiter in Richtung Süden, lassen das Kap rechts liegen, denn dafür reicht die Zeit nicht mehr und wechseln hinüber nach Simons Town. Warum? Naja, weil‘s halt so schön auf dem Weg zum Flughafen liegt! Hm....nur deswegen? Ja, klar! Wirklich? Mal ganz ehrlich?? Ja, nein....... und vielleicht auch weil da eine Metro Linie von Kapstadt her kommend endet und man Züge vor dem Meer fotografieren kann...... Wusst ichs doch! Es geht also nicht ganz ohne Eisenbahn..... *grins*




Zug 0121 hat gleich die Endstation Simons Town erreicht. Mit Motorwagen 5M2/5M2A 13671 am Ende rollt er entlang der Küste des Indischen Ozeans.





Schade dass viele der Züge so beschmiert sind. Etwas was ich nirgends auf der Welt verstehen kann. Für mich ist das auch keine Kunst, egal was Sprayer sagen mögen. Es ist einfach nur eine Schmiererei. Sicher, mache Arbeiten sehen ehrlich gesagt schon schön aus, das meiste ist aber nur Schrott. Und auch für die tollen gilt, es wurde dafür fremdes Eigentum beschädigt!

Aber so ist es halt und man muss damit leben! Leider! Blick auf die Uhr, Blick in den Fahrplan, Blick auf die Karte, ein bisschen Luft haben wir noch. Da könnte noch was gehen. Und da wir sowieso entlang der Bahn fahren müssen, können wir bei der Gelegenheit gleich noch nach einer geeigneten Stelle suchen. Auch hier ist natürlich viel los. Alles strömt ans Meer und sorgt so für ordentlich Verkehr auf den Straßen. Endgültig vorbei ist es in der Gegenrichtung, als mitten in einer Ortsdurchfahrt ein PKW mit Schaden liegen bleibt. Ruck zuck kommt alles zum Stehen und wir fahren kilometerweit am Stau entlang. Wenn das bei uns passiert, dann tschüß Flieger.

Aber es rollt auf unserer Seite, wenn auch manchmal zäh, aber es rollt. Endlich in Muizenbuerg, quasi auf den letzten Drücker, verlässt doch dort die Bahn das Meer, finden wir ein Plätzchen wo sich etwas machen lässt. Nicht der Traum von einer Stelle, aber man kann parken, stehen und die Sonne passt. Drei Attribute die die möglichen Kandidaten vorher nicht in sich vereinigen konnten. Und da hier sogar beide Richtungen gehen, wollen wir die nächsten beiden Züge abwarten. Einen hin, einen her und dann ab zum Flughafen.





Auf dem Weg von Simons Town nach Kapstadt ist 5M2/5M2A 17638, als er als Zug 0126 Muizenberg erreicht.






Dank der "künstlerischen Verzierung" bleibt die Identität des 5M2/5M2A leider ungeklärt. In Muizenberg hat er die False Bay erreicht, in deren Fluten an diesem heißen Sommertag hunderte Abkühlung suchen.






Auch der Zug hat natürlich Verspätung. Jetzt ist es halb vier durch und wir haben noch ein Eck zu fahren. Kilometermäßig nicht weit, aber eben einmal quer durch den Süden des Großraums Kapstadt. Und das zieht sich. Kurz beginne ich leicht nervös zu werden, als sich vor einer Ampel der Verkehr massiv staut. Danach rollt es aber flockig. Nur gegen Ende sorgen ein übersehener Nebenmann beim Spurwechsel und eine verpasste Kreuzung für etwas Aufregung. Letzteres führt uns aber gleich zu einer Tankstelle und wir können somit unser Spritproblem elegant lösen. Die Autorückgabe erfolgt flott, man bietet uns sogar an, die Müllbeutel mit unseren Hinterlassenschaften zu entsorgen. Alles o.k., guten Flug und Tschüss. Wenige Schritte und wir sind in der Abflughalle. Dort ist frisch machen und umziehen angesagt, dann geht's ab zum Check In. Koffer aufgeben, Bordkarten holen, alles funktioniert reibungslos und schneller als gedacht. So können wir uns tatsächlich nochmal ins Spurs setzen. Steak mit Folienkartoffel, dazu ein Windhoek Draught, gibt es einen besseren Abschluss für eine Tour durch Südafrika?

Jetzt stehen wir hier in Paris am Flughafen. Zeit zum Verabschieden! So schnell vergeht eine gute Woche. Wollen wir nicht nochmal von vorne? Nur so zum Spaß? Nein, die Pflicht ruft. Schon in einer halben Stunde geht der Flieger gen München. Dort nach der Ankunft schnell duschen, dann ins Büro! Geld verdienen! Die nächste Tour muss ja schließlich bezahlt werden *grins* und da steht dann Estland bei mir auf dem Plan. Aber das ist jetzt eine andere Geschichte!