Eines Tages in Japan - Frühjahrstour 2017 (7)
Von Neel Bechtiger
06.05.2017 Tsuruoka – OmagariGestern wurde es ja nicht ganz so spät. Durfte auch nicht, denn wir hatten heute früh etwas „eile“. Nach dem regnerischen Tag gestern sollte es schön werden heute. Einfach schön. Der Prognose trauten wir nur bedingt. Und so schaute ich mit einer bösen Vorahnung aus dem Fenster als um 6 Uhr der Wecker ging. Aber es war wirklich schön!

Also wurde es halt etwas eilig plötzlich. Um 06:30 war ich vor dem Zimmer und David folgte mir auf dem Schritt. Runter, wie immer kurz die Zimmerkarte abgeben (wir haben uns angewöhnt am Abend beim Check-In bereits zu bezahlen um am Morgen nicht in diesem Prozess stecken zu bleiben), und dann zum Auto. Das stand noch immer brav auf dem gratis Parkplatz ;).
Als wir aus der Stadt rausfuhren ging ich im Kopf nochmal die letzte halbe Stunde durch. Warum? Ich hatte ein ungutes Gefühl. Es war richtig. Denn ich konnte mich nicht erinnern mein Handy Netzteil aus der verstecken Steckdose gezogen zu haben. Mh ... jetzt aber umdrehen, kostet sicher 10min ... und damit den ersten Zug. Hach, vielleicht später noch, und sonst ist's ja nur ein USB Netzteil mit USB Kabel. Die Zeit die wir vor dem Plan waren nutzten wir lieber für einen Besuch beim Family Mart damit wir auch ein Frühstück haben auf der Brücke. Wir parkten unter der Brücke und liefen rauf. Exponiert wie so eine Brücke in der Fläche ist wehte uns eine starke Brise um die Nase. Stürmisch? Ja, kann man sagen ... aber uns war's reichlich egal. Wenn dieser Wind vom Meer her dafür die Wolken ins Landesinnere getrieben hat wollen wir nicht meckern ;).
Kaum da oben gings dann los mit dem Programm:


Wir mussten schon wieder los, der Ianho war unser Ziel auf der Brücke und mehr „neues“ käme nicht mehr in der nächsten Zeit. Sowieso ist der Fahrplan nett, einiges los, aber nicht sehr abwechselnd.
Wir fuhren über bereits bekannte Wege an die Küste vor. Da hatten wir vor allem die Gerade bei Atsumi Onsen im Kopf. Aber es lief derart viel, dass wir ein Regio noch in der Aussenkurve von Iragava machen konnten bevor wir uns ins Feld setzten. Denn da bei Atsumionsen wollten wir vor allem ein Inaho. Und der würde sich noch was Zeit lassen ... ;). Also parkten wir wieder an der Aussenkurve – extra am Rand – damit wir niemanden stören.

Und dann zu unserer Hauptstelle heute früh. Der Fahrplan sah je ein Regio pro Richtung vor und einen Inaho nach Süden. Wir fuhren durch den alten Bahntunnel, parkten auf dem kleinen Platz dahinter und liefen hinten rein. Vom ganzen Regen gestern war das hohe Grass und Gebüsch noch Nass. Und da wir nicht über die Felder laufen wollten wurden wir gleich mal komplett durchnässt bis Höhe der Knie. Nicht ganz angenehm, aber was soll's. Die Sonne war ja am lachen und dann trockents schnell wieder.
Die zwei Japanischen Bäuerinnen welche das Feld am Gleis unten bestellten nahmen uns zwar war, schienen sich aber nicht an uns zu stören. Zumindest wurde der vorsichtige Gruss nicht erwidert. Vielleicht haben sie's auch nicht gehört im starken Wind.
Wir standen an der Stelle für den Inaho und überlegten was wir genau machen wollten. Erst kommt ein Regio nach Norden, dann der Inaho für den Nachschuss und dann der Regio nach Süden. Zeit zwischen Regio und Inaho ist knapp, aber genug zum wechseln. Also liefen wir die 200m vor um dem Regio auf die Nase schiessen zu können.

Als wir auf dem Weg zurück auf die andere Seite waren zogen plötzlich Wolken rein. Auf dem Meer sah man zwar immer was rumfussln, aber es löste sich auf als es auf die Küste traf. Dies war nun plötzlich nicht mehr so und es löste sich einige Meter weiter hinten auf. Zu weit hinten, denn die Sonne war jetzt meist in den Wolken. Und selbst die blauen Löcher vom Meer her schafften es irgendwie nie vor die Sonne. Schon gemein, aber auf faszinierend zu sehen dieses Wetterphänomen. Der Inaho wollte nicht ... ebenso ein Inaho von vorne der im Fahrplan nicht zu finden war! Und als der Regio dann kam war's gerade wieder so halb hell. Hätten wir doch den ersten Regio nachgeschossen ....

Wir hätten ja jetzt einfach auf den nächsten Inaho warten können der gar nicht mehr so weit weg war. Aber irgendwie war der Platz nicht gut für uns. Ob sich diese Situation mit den Wolken in den nächsten 30min bessert? Wir hatten keine Lust es auszuprobieren und noch mehr Bilder im Schatten zu machen. Also vor nach Gatsugi. Da ist der Küstenstreifen nicht ganz so Eng und es folgt auf den Strand eine grössere Ebene. Da rechneten wir uns bessere Chancen auf Sonne aus.
Und so war es, da unten sassen die Wolken zwar auch in den Bergen, aber eben nicht in der Fläche davor. Einige Flusel zogen zwar durch, aber nicht der Rede Wert.

Und jetzt – rennen! Denn wir hatten einen sportlichen Zeitplan für den nächsten Südfahrenden Ekspressi. Oder doch nicht? Irgendwie glaubten wir nicht an unsere Berechnung und wollten den Inaho nicht verdaddeln. Und ausserdem sah man vom letzten Fotopunkt aus auch eine nette Stelle für den Südfahrenden Express. Oder? Wir liefen mal gemütlich rüber und setzten uns in den Schatten eines Baumes. Da konnte man bleiben! Und für die nächsten Stellen blieben dann auch genug Züge übrig. Hach, schön wenn man spontan umplanen kann.

Dann nahmen wir die 40min Fahrzeit bis zur nächsten Stelle beim Mount Horai unter die Räder. Dazwischen kauften wir noch eben ein paar Snacks fürs Mittagessen ein. Sollte ja schliesslich an der Stelle eingenommen werden. Am Berg wollten wir vor allem einen Ltd. Express und den Kirakira machen. Die Güterzüge machten uns etwas Bauchweh. Denn beides sind Nordfahrer ziemlich genau zur Mittageszeit. Wären wir nun auf der Südhalbkugel nichtwahr ... waren wir aber nicht. Und beim Mt. Horai war die Streckenneigung noch etwa am besten für immerhin ein bisschen Seitenlicht. Also wollten wir für die auch da bleiben ... und richteten uns auf gemütliche zwei Stunden ein.

Der erste Inaho klappte mal gar nicht! Die Wolken waren zwar da unten fast weg, aber eben nur fast. Eine zog natürlich beim Nordfahrenden Zug voll durchs Motiv. Blöd und unnötig wie Fusspilz! Dann halt mit dem Kirakira. Oder Regio? Hm. Auf jeden Fall schlossen sich kurz nach der Durchfahrt des Inaho die Schranken wieder und das löste etwas Hektik aus. Schon der erste Güterzug? Nein, nochmal ein Inaho. Leerfahrt wohl ... denn es ist mir schon aufgefallen im Fahrplan das heute die Züge unpaarig Verkehren. Nach Süden gibts 3 Züge mehr als nach Norden und irgendwie müssen die ja da hinauf kommen. Dann also leer ... (wir hatten ja schon auf Doppeltraktionen gehofft).

Wir machten es uns da gemütlich, Assen unsere Eier Sandwiches und nahmen alles mit was ging.





Von 10:40 Uhr bis 12:15 Uhr waren wir an der Stelle. Dann war's fertig. Wohin? Mittagszeit, das Licht überall mehr oder weniger in der Gleisachse ... es war etwas schwierig. Weiter nach Süden? Da hätten wir noch Stellen im Köcher, aber nicht mehr genau im Kopf wie es auf der Nachmittagsseite aussieht. Und dann ist man unten und es geht nichts. Wie erwähnt, der Abschnitt ist lange, weiter runter wären 30min Fahrt gewesen. Wenn's nichts ist muss man wieder ganz rauf, was dann 90min im Auto bedeutet. Und dann wären da oben die Stellen schon lange im Licht.
Wir machten auf Nummer sicher und Nummer gemütlich und fuhren rauf zu unserem nächsten geplanten Platz. Und da warteten wir dann bis die Sonne drehte. Die Ortsdurchfahrt durch den kleinen Weiler Shiraiwa war nett, mal etwas anderes ;). Sehr erfreut nahmen wir bei der Fahrt nach Norden zur Kenntnis, dass sich die Wolkensituation an der „Steilküste“ deutlich verbessert hat. So konnten wir gemütlich auf dem Gehsteig der Hauptstrasse stehen. Auch wieder hier, man wird gesehen, zur Kenntnis genommen, und in ruhe gelassen.

Der erste Express war vom Licht her so naaaja. War uns bewusst, war aber so. Da kommen aber noch mehr, nochmal relativ dicht ein Express und dann noch je ein Regio.
Für den zweiten Express nach Süden (nur 40min hinter dem letzten – ich liebe Taktfahrpläne *hm) wollte ich hinter dem kleinen Ort stehen. Aber die Uhr lief zu schnell und irgendwie wurde es dann knapp. Und als ich da hinten war und merkte: nö, war es schon zu spät. Ich musste also improvisieren und lief noch ein paar Meter weiter. Stelle mich an die Leitplanke und nahm den Inaho halt so mit.

Zurück zu David in den Ort. Das sah auch so verkehrt nicht aus. Oder doch? David lief auch im Ort rum und suchte verzweifelt eine „Stelle“. Der Express von hinten war näher als erwartet und so blieb uns nichts anders übrig als direkt am Bahnübergang von Shiraiwa zu stehen. Hat was ... irgendwie.

Und dann noch die beiden Regios. Dafür gingen wir zurück zum ursprünglichen Platz am südlichen Ortsende. Die beiden nette Doppel kamen wie im Plan vermerkt.


Die Züge waren durch, für den nächsten Express wussten wir nicht ganz genau wohin. Südlich wäre das Licht noch nicht soweit, und ausserdem war es die falsche Richtung. Denn am Abend hatten wir noch Programm. Also fuhren wir halt nach Atsumionsen auf die Gegenseite vom der Wolkenverarschstelle vom frühen Vormittag.
Da konnte man ganz nett am Masten kleben, was ja irgendwie auch geht. Als erstes kam der Regio von gerade eben nochmal von hinten ... hin Atsumionsen wurde wohl der Schulbus abgewartet oder so ;). Dann folgte ein Regio und ein Expresszug von vorne. Nettes unspektakuläres Programm.


Und dann? Bevor wir auf die Brücke vom Morgen stehen konnte kam noch ein Regio von hinten. Diesen könnte man ... irgendwie ... Kobato? Da kann man von einer Landzunge, oder sogar vom Hafen, auf die Strecke am Gegenhang schiessen. So richtig im Plan hatten wir das nicht, aber als wir auf der Strasse durch sind sah es dann doch irgendwie wieder so aus. Also schauten wir uns alles nochmal genau an. Und ja, auf der Hafenmauer ging's doch ganz praktisch. Wir kletterten über Eisensteige hinauf auf die Mauer und setzten uns in die Sonne, den Wind und die Gischt. Das Meer war unruhig heute Nachmittag und die als Wellenbrecher ins Meer gepflasterten Betonelemente taten ihre Arbeit. Die Wellen klatschten die Mauer hinauf und uns klebte bald schon eine Schicht Salz auf der Haut. Aber es war schön zum warten.
An der Stelle ist es etwas speziell: Die beiden Streckengleise verlaufen nicht parallel. Das linke (für Nordfahrer) verläuft der Küste entlang, das rechte (für Südfahrer) durch einen neuen Tunnel. Insofern speziell da sonst die Strecke immer Doppelspurig oder Einspurig begradigt wurde. Solche Spässe gibts nur genau da. Dass war etwas Schade wohl, denn so konnten wir die Stelle nur noch mit eben diesem Regio umsetzen und nicht mit einem Schnellzug. Ein Express käme zwar noch nach Norden, aber bis dahin sollte ein Fernzug, der Kirakira und evlt. Der Güterzug nach Süden durch fahren. Und denen zuzuschauen ist nun nicht unbedingt erheiternd ;).

Der Regio war durch und wir fuhren mit etwas Zeitreserve wieder zur Brücke bei Uzen Mizusawa. Kannten wir ja bereits. Wir parkten, liefen hoch und nahmen den ganzen Verkehr am Abend mit, bis die Sonne im Schmodder versank.





Irgendwie hatten wir ob dem ganzen „Stress“ heute noch gar kein Hotel gebucht? Ok, ich gebe zu, wir haben die Entscheidung auch schön weit raus geschoben ;). Aber nun mussten wir.
Wir haben uns eigentlich im verlaufe des Tages auf einen Plan geeinigt: Wir fahren noch weiter nach Norden. Nach Omagari um genau zu sein. Omagari liegt am Akita Shinkansen, der zweiten Mini Shinkansen Linie hier im Norden. Dazu dann aber morgen mehr ....
Dann gehts auf der Ostseite der Berge wieder Südwärts bis nach Utsunomiya. Wie genau, man wird sehen. Dass die Tadami Line dabei auf der Strecke bleibt mussten wir in Kauf nehmen. Aber wir waren da durchaus bereit eine Stelle in einem Tal zu opfern für die nächsten Bullet Trains auf normalen Strecken (ja, ich hatte etwas Bullet Train Entzug, da ist man in DEM Land für Bullettrains und kommt kaum dazu ... tststs).
Also buchten wir in Omagari am Bahnhof das Hotel.

Hotel gebucht und wir waren on the road again. Es war zwar noch ein Stück zu fahren, aber um 20 Uhr, nach etwas über zwei Stunden gemächlicher Fahrt durch das Japanische Hinterland, erreichten wir unser Hotel in der „Kleinstadt“.
Wir checkten sofort ein und verschoben alles was mehr Zeit kostete als Gepäck ins Zimmer schmeissen auf nach dem Essen. Wir hatten uns heute den Appetitt nicht verdorben am Nachmittag und hatten richtig Hunger. Hunger auf Japanisches Essen! Ein Lokal befand sich nächst dem Hotel und wir machten uns auf den Weg dahin.
Platz gab's genug und wir wurden zu Tisch gebeten. Schuhe aus, rauf aufs Podest und dann schauen dass die Füsse irgendwie Platz finden unter dem Tisch.
Wir bestellten gleich mal ein Bier und dann wurde die Karte gereicht. Mh.

Speisekartenlotto vom feinsten! Aber wir sind ja nicht ganz blöd und behafen uns mit dem Google Translator. Der kann nämlich Bilder analysieren und so kann man immerhin die Titel übersetzen. Also sind zumindest die Tiere von welchen das Fleisch stammt auszumachen ...
Natürlich wählten wir den Tischgrill, der alsbald auf den Tisch gestellt wurde.

Wir Assen wie die Könige in Frankreich, wirklich sehrsehr lecker! Wie Japanisch das ganze dann ist wussten wir zwar nicht, aber der Schuppen war voller Japaner, so falsch konnten wir nicht sein (ok, wer sollte sonst auch da sitzen hier auf dem Land? ;)).
Als die Teller leer und die Bäuche voll waren gingen wir zum Absacker über. Ein Sake bitteschön! Aus einem Sake wurden deren zwei, drei ... vier und gut angeheitert gings zurück zum Hotel.

Hier war dann sehr schnell Schicht im Schacht. Das Wetter morgen früh soll, nennen wir es mal, bescheiden werden. Wenn dann sollte es jenseits der Berge bei Morioka Aufhellungen geben. Aber nur vielleicht und wenn dann auch eher ab dem späteren Vormittag. Am Nachmittag solls dann auch westlich des Bergriegels schön werden. Wir glaubten einfach mal alles was wir da sahen und planten eine Streckenbesichtigung am Vormittag und dann schau'mer'mal.
Abfahrt? Wie wärs mit 7:30 Uhr gemütlich? Genehmigt!