Norwegischer Frühling Teil 2: Finse - Ustekveikja - Finse
Von David Gubler
Montag, 29.4.2019Urks, immer dieses früh aufstehen… 7:45 zeigte das Handy, als ich mich aus dem Bett quälen musste. Sonst wär ich ja nicht pünktlich für das Frühstück um 8, und das ginge ja gar nicht! Ähm, ich mein, ich hatte heute ja was vor, nicht wahr.
Und ob ich was vor hatte. Die 2x gut 1h durch den Schnee wandern von gestern waren nur das kurze Angewöhnen. Mir grauste zwar ein bisschen vor meinem Plan, aber die Aussicht auf tolle Bilder und die Sonne, die vom strahlend blauen Himmel schien (und das ohne jegliche Ironie) schoben alle Bedenken zur Seite.
Nach dem Frühstück und Zusammenpacken ging es zunächst sehr angenehm los. Die Schneematsch-Schicht oben war gefroren, und man konnte gut ohne Schneeschuhe darauf gehen. Aber man wäre ein Tor, zu glauben, dass das so bleibt! Denn die Temperaturen hatten den Nullpunkt schon lange überschritten, und die Sonne bei gleichzeitiger Windstille heizte schon jetzt gut ein.
Das erste Ziel des Tages war die Neubau-Brücke rund 5.5 km südlich von Finse. Die Strecke ist dort fast Nord-Süd ausgerichtet, passend für den ersten Zug des Tages. Meine Zeitplanung passte gut, ich musste kaum 15 Minuten auf den Zug warten.
Mein eigentliches Tagesziel war aber der Ost-West-Abschnitt, der noch mal etwa 4 km weiter südlich lag. Dort wollte ich den folgenden Güterzug abpassen. Auf dem Weg dorthin versuchte ich dem Rallarwegen zu folgen, welcher aber unter dem Schnee häufig kaum auszumachen war. Dabei verpasste ich prompt eine der Unterführungen - kein Wunder, denn sie war auch fast bis oben hin mit Schnee aufgefüllt und entsprechend unpassierbar, wie die nachfolgenden Unterführungen ebenfalls. Nach ein paar Irrungen erreichte ich das Ziel aber doch, nämlich die Hängebrücke, welche über den Fluss Ustekveikja führt. Auf der gegenüberliegenden Flussseite stellte ich mich für den folgenden Güterzug 5506 auf, der auch perfekt im Plan vorbei kam.
Und wieder von oben. Links unten sichtbar die Hängebrücken über den Fluss, die zum Glück den Winter unbeschadet überstanden haben
Für den folgenden ersten Westfahrer des Tages, Regiontog 61, hatte ich keine Stelle mit Frontlicht im Petto, aber ein Querschuss durfte es durchaus sein.
Für den nächsten Zug nach Oslo begab ich mich noch etwas weiter „nach Hinten“, um in die grosszügige Kurve zwischen den Nord-Süd- und dem Ost-West-Abschnitt rein fotografieren zu können. Für die Drohne hatte ich derweil andere Pläne…
Sauber über dem gurgelnden Ustekveikja positioniert wartete meine Drohne auf Regiontog 602 Bergen - Oslo
Inzwischen war es Nachmittags um drei, und langsam an den Rückweg zu denken. Für den nächsten Zug nach Bergen gab es da ein nettes Häuschen beim Damm unten, welches als Foto-Standort dienen sollte. Bis dahin waren es aber auch gut Dreiviertelstunden Marsch, aber da man sich hier ja auf die Fahrpläne verlassen kann, lässt sich das alles sauber planen.
Unten hätte ich motivlich gerne irgendwas mit dem Wasser angestellt, aber das ging nicht so wirklich, zumal auch nicht klar war, bis wohin der Schnee begehbar war, bis man durch fällt und im kalten Nass ertrinkt… Das wollte ich auch nicht ausprobieren. Die Wasseroberfläche war auch permanent gekräuselt, so dass eh keine Spiegelungen zu haben waren.
Nun hatte ich noch immer gut zwei Stunden Rückweg vor mir. Der nächste Zug auf dem Plan war Güterzug 5507 nach Bergen, für den ich zeitlich keine geeignete Fotostelle erreichen konnte; deshalb wollte ich den nur mit der Drohne ablichten. Aber kaum war ich auf dem Tunnel südlich dieser Brücke angekommen, rauschte es von hinten und der 5507 kam gut 20 Minuten vorzeitig vorbei. Schade! Wie war das eben mit "auf die Fahrpläne verlassen"? War aber nicht vorauszusehen, da in der Gegend von heute das Internet kaum bis nicht vorhanden ist und aus für mich unerfindlichen Gründen derzeit sowieso auf der Bergenbahn die Güterzüge auf der Togkart fehlen.
Verkehrsmässig war das Programm nun durch: Ein Güterzug hatte Ausfall, der nächste Regiontog kam in der falschen Richtung (nix Licht), und der nächste in der richtigen Richtung war erst gegen acht hier. So quälte ich mich Schritt für Schritt zurück in Richtung Hotel. Das war zuletzt eine ziemliche Tortur, denn der Schnee war sehr matschig (die Temperatur hatte 10° wohl überschritten) und die rund 20 km durch den Schnee waren doch etwas arg viel.
Zurück in Finse staunte ich nicht schlecht, als da eine El 18 mit vier Wagen stand, darunter zwei Schlafwagen, einer davon war komisch, und viele Leute, die am rum hampeln waren. Ich war aber gerade nicht in Stimmung das ganze genauer zu Untersuchen, deshalb gab es zunächst nur ein schnelles Bild.
El 18 2248 mit einer seltsamen Garnitur auf Gleis 3 (Stumpengleis) in Finse. Es sind dies B5-3 26024, A4 24010, WLAB-2 21099, FR5-1 21722
Na, klingelts? Also bei mir klapperten die Schneeschuhe vielleicht ein bisschen, aber mit Klingeln war da gar nichts.
Irgendwann wollte Nil wissen, was denn da auf der Webcam von Finse für eine B5-Türe am rechten Bildrand rum steht, und ich schickte den Link zum Bild in unsere Chatgruppe, was rege Diskussionen auslöste. Während zunächst von einer Testfahrt ausgegangen wurde, war schnell klar, dass der erste Schlafwagen unten komisch verkleidet ist. Das konnte doch nur… das musste doch… der Königswagen sein?!?
Ich ging nach dem Abendessen entsprechend nochmal kurz raus und notierte mir die Wagennummern - für weitere Fotos wars inzwischen viel zu finster. Anschliessend sprach ich die Rezeptionsdame auf den Zug an, und sie antwortete verstohlen, dass die Königin (Sonja, Gemahlin von König Harald V) zwei Tage in Finse weile!
Im Chat ging inzwischen einigen die Phantasie durch, von „ich übernehme das Königshaus von Norwegen“ (wie auch immer das gehen soll) bis hin zu „ich werde jetzt wegen der Fotos auf irgend eine Bäreninsel (?!?) deportiert“ war alles dabei.
So, das wars dann mal für heute. Im nächsten Teil dann: Heirate ich die Prinzessin? Überschütte ich die Königin von Norwegen am Frühstücksbuffet versehentlich mit Orangensaft? Oder gehts doch in Handschellen auf die Bäreninsel? Ihr werdet es rausfinden! Ausser, uhm, falls es auf der Bäreninsel kein Internet gibt.