Abschied von den Mandarindli

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Die Solothurn-Zollikofen-Bern Bahn (SZB) und die Vereinigten Worb Bahnen (VBW) nahmen 1965 gemeinsam eine neue Endstation im Bahnhof Bern in Betrieb. Der viergleisige, unterirdische und für rund 16'000 Pendler pro Tag ausgelegte Endbahnhof löste die bisher im Strassenplenum neben dem Bahnhof Bern, respektive auf dem Kornhausplatz befindlichen Endbahnhöfe ab. Die neue Einführung führte nicht nur zu kürzeren Fahrzeiten, sondern auch zu einem sprunghaften Anstieg der Fahrgastzahlen. Schon bald nach Inbetriebnahme löste dies eine Neubeschaffung von Fahrzeugen aus. Für den neu geplanten Taktverkehr wurden moderne Fahrzeuge bestellt. Die spurtstarken Fahrzeuge mit breiten Einstiegstüren waren speziell für das Netz der SZB/VBW konzipiert. Gemeinsam beschafften die beiden Bahnen insgesamt 21 Fahrzeuge, welche freizügig auf beiden Bahnen eingesetzt wurden. Die als Be 4/8 41-61 bezeichneten Fahrzeuge wurden zwischen 1974-1978 abgeliefert und bestanden aus einem im Betrieb nicht trennbaren Triebwagen und einem Steuerwagen. Die Fahrzeuge erlaubten die Einführung eines Halbstundentaktes auf den Linien W(orb), U(nterzollikofen) und J(egenstorf), welcher zu Hauptverkehrszeiten zu einem Viertelstundentakt verdichtet wurde. Dabei konnten bis zu drei Fahrzeuge in Vielfachsteuerung in einem Zug eingesetzt werden. Jahre vor Inbetriebnahme der S-Bahn Zürich führten die beiden Bahnen SZB/VBW auf einem Teil des Netzes ein wegweisendes System an vertakteten, häufig verkehrenden Zügen mit speziell dafür beschafften und ausgelegten Fahrzeugen ein. Auch wenn es nicht als S-Bahn bezeichnet wurde, so war es doch genau das...
Aufgrund der auffälligen Lackierung im VST-orange bekamen die Fahrzeuge schnell den Übernahmen "Mandarindli".

1977 wurde die Einheit 53 direkt nach dem Bau vorübergehend nach Lugano abgegeben. Die Ferrovie Luganesi (FLP) hatten ebenfalls 5 Fahrzeuge des gleichen Typs bestellt um ihre Linie nach Ponte Tresa zu modernisieren. Um auch einige ältere noch benötigte Fahrzeuge modernisieren zu können wurde die Einheit 53 vorübergehend im Tessin verwendet. Sie erhielt nach der Rückkehr den Namen "Lugano". 1978 übernahmen dann die frisch abgelieferten Be 4/8 21-25 das Zepter auf dem Netz der FLP.

Auch die ab Locarno ins Centovalli führende Ferrovie Autolinee Regionali Ticinesi (FART) beschaffte sich zwei Mandarindli. Aufgrund der Streckencharakteristik wurden diese aber verkürzt und mit nur einer Türe pro Fahrzeugteil gebaut. Die beiden als Be 4/8 41-42 abgelieferten Fahrzeuge wurden im Regionalverkehr zwischen Locarno und Camedo eingesetzt. Mit Ablieferung der neueren ABe 4/6 wurden die beiden Fremdlinge 1991/1992 an die FLP verkauft, die sie als Reserve und Ergänzung zu den bereits vorhandenen 5 Fahrzeugen einsetzt.

Um den stetig wachsenden Verkehr bewältigen zu können, wurden 16 Mandarindli des RBS (die SZB und VBW hatten mittlerweile fusioniert) um einen neu gebauten Niederflur-Mittelwagen zu Be 4/12 verlängert. Die FLP schloss sich diesem vorhaben an und verlängerte ihre Be 4/8 21-25 ebenfalls zu Be 4/12. Nicht verlängert wurden die zwei kurzen Fahrzeuge ex FART, sowie fünf Fahrzeuge der RBS, welche danach nur noch als Verstärkungsfahrzeuge dienten.

Gut 40 Jahre strenger Dienst haben ihre Spuren hinterlassen. Komfortmässig sind die mit Ausnahme des Mittelwagens hochflurigen Fahrzuege nicht mehr zeitgemäss. Gerade jetzt in der aktuell herrschenden Hitzeperiode sind die nicht klimatisierten Fund nur kleine Klappfensterchen aufweisenden Fahrzeuge sprichwörtlich eine fahrende Sauna.
Bereits 2011 hat sich der RBS durch Ablieferung der NEXT von den fünf nicht verlängerten Be 4/8 und zwei Be 4/12 trennen können. Inzwischen sind die Nachfolgefahrzeuge in Form der Worbla in Ablieferung begriffen und die noch vorhandenen Mandarindli werden laufend ausrangiert und abgebrochen. Auch die FLP hat Ersatz für ihre Mandarindli bestellt und so werden auch die insgesamt 7 Fahrzeuge auf der FLP in naher Zukunft ausrangiert. Allerhöchste Zeit also sich den Fahrzeugen etwas intensiver zu widmen.

Um das Ganze etwas aufzulockern habe ich auch ein bisschen in meinem Archiv gewühlt. Beginnen wollen wir bei den Fahrzeugen des RBS (der SZB/VBW).

Be 4/8 44 der VBW in Zollikofen

Kurz nach Ablieferung befinden sich zwei Mandaraindli auf einer Dienstfahrt im Bahnhof Zollikofen.

Be 4/8 60 der RBS zwischen Worbboden und Vechigen

Mitte der 1980er Jahre reichte den Tag durch noch ein einzelner Be 4/8 auf der Linie nach Worb. Heute sind den Tag durch meist zwei Be 4/12 gemeinsam im Einsatz!
Einheit 60 bei Vechigen...

Be 4/8 60 der RBS zwischen Stettlen und Boll-Utzigen

... und bei Stettlen.

Eine umfassende Modernisierung ab dem Jahr 2003 führte zu einem farblich etwas angepassten äusseren. Die Farbe orange wurde noch markanter. Kurz vor Ende der zweiteiligen Be 4/8 konnte ich noch einige Fahrzeuge auf der Linie S8 (ehemals J) ablichten. Sie dienten zu dem Zeitpunkt nur noch als Verstärkungseinheiten in der Hauptverkehrszeit.

Be 4/12 56 der RBS zwischen Urtenen und Jegenstorf


Be 4/12 46 der RBS zwischen Urtenen und Schönbühl RBS


Be 4/12 56 der RBS zwischen Urtenen und Jegenstorf


Für Eisenbahnfreunde gab es im Herbst 2012 eine Abschiedsfahrt mit den letzten drei zweiteiligen Be 4/8, den Einheiten 42, 43 und 45. Leider spielte das Wetter nicht ganz mit, herrschte doch der für die Jahreszeit typische Hochnebel.

Be 4/8 43 der RBS zwischen Stettlen und Boll-Utzigen


Be 4/8 42 der RBS in Büren zum Hof


Bevor wir zu den Fahrzeugen der FLP und FART übergehen noch einige Bilder der Be 4/12 aus den letzten beiden Jahren:

Be 4/12 55 der RBS zwischen Bolligen und Deisswil

Vor der ehemaligen Kartonfabrik Deisswil.

Be 4/12 51 der RBS zwischen Boll-Utzigen und Stettlen

Gleich in zweifacher Hinsicht schon bald historisch. Nicht nur die Mandarindli verschwinden, sondern auch dieses Streckenstück, war doch gerade heute (27.6.2019) der Spatenstich für den neuen Bahnhof Boll-Utzigen mit leicht gestreckter Linienführung und Ersatz dieses Stückes der Strasse entlang.

Be 4/12 47 der RBS zwischen Stettlen und Boll-Utzigen


Be 4/12 58 der RBS zwischen Stettlen und Deisswil


Be 4/12 58 der RBS zwischen Worbboden und Vechigen


Be 4/12 59 der RBS zwischen Worblaufen und Papiermühle


Be 4/12 60 der RBS zwischen Worblaufen und Papiermühle


Aber nun ab ins Tessin.
Nur bis 1991/1992 konnten die beiden kurzen Be 4/8 auf der FART angetroffen werden.

Be 4/8 41 der FART in Camedo


Be 4/8 42 der FART zwischen Borgnone-Cadanza und Palagnedra


Be 4/8 42 der FART zwischen Pontebrolla und Tegna


Sie wurden danach an die FLP verkauft, welche bereits fünf zum RBS identische Fahrzeuge besass. Gemeinsam an allen Fahrzeugen war der Anstrich, denn auch die Be 4/8 der Tessiner Bahnen trugen den VST-Anstrich.

Be 4/8 24 der FLP in Ponte Tresa


Be 4/8 23 der FLP zwischen Cappella-Agnuzzo und Bioggo Molinazzo


Be 4/8 24 der FLP in Ponte Tresa


Die Fahrzeuge der FLP wurden ebenfalls leicht modernisiert und erhielten dabei ein etwas angepasstes Design. Besonders die Frontgestaltung wurde angepasst und so lachen die Fahrzeuge heute freundlich.

Be 4/12 23 der FLP zwischen Ponte Tresa und Caslano


Be 4/12 21 der FLP zwischen Ponte Tresa und Caslano


Be 4/12 23 der FLP zwischen Ponte Tresa und Caslano


Be 4/12 23 der FLP zwischen Agno und Magliaso Paese


Be 4/12 23 der FLP zwischen Cappella-Agnuzzo und Bioggo Molinazzo


Be 4/12 22 der FLP zwischen Sorengo und Sorengo Laghetto


Be 4/12 21 der FLP zwischen Sorengo und Sorengo Laghetto


Be 4/12 23 der FLP zwischen Agno und Magliaso Paese


Damit endet diese kleine bildliche Würdigung dieser wegweisenden und charakteristischen Fahrzeuge.