Aus 1 + 1 mach 4 - Teil 1/2
Von Peter Hürzeler
Herbsturlaub dieses Jahr - kein einfaches Thema. Doch wo soll ich beginnen? Irgendwann im Frühjahr 2019 kam seitens der Kollegen David und Nil das Thema Jordanien aufs Tapet. Mich interessiert die dortige Phosphatbahn sehr, fährt diese doch durch eine wunderschöne Landschaft. Mein Interesse wurde bekundet. Im Verlaufe der Planung kam als Zusatz noch das Thema Israel hinein, da man dies als Ergänzung zu Jordanien mitnehmen kann. Israel bietet sich auch als Ersatz für Jordanien, falls dort nichts läuft oder man es infolge viel Verkehr nach 2-3 Tagen gesehen hätte. Das Paket war somit geschnürt, nur der Zeitpunkt war nicht so klar. Nachdem zuerst der Beginn des November die Wahl war, kristallisierte sich nach genauerer Begutachtung seitens Arbeitgeber dann Ende September als Zeitpunkt heraus. Wir hatten aber da die Rechnung ohne die Israelis gemacht. Ausgerechnet die geplanten zwei Wochen strotzten nur so von jüdischen Feiertagen. Da in Israel schon an den normalen Wochenenden nichts läuft, war davon auszugehen, dass an den Feiertagen - allesamt unter der Woche - auch nicht viel läuft. Die Auslegeordnung ergab dann, dass wir das Ganze sein lassen, da nur Jordanien keinen Sinn macht. Über ein Alternativprogramm wurden wir uns aber nicht so wirklich einig, so dass wir das Ganze dann sein liessen. David und Nil reisten schlussendlich kurzfristig via Frankreich nach Spanien, ich blieb zu Hause.So ganz abfinden wollte ich mich damit aber nicht. In der Firma legte ich provisorisch einige Wochen als mögliche Ferienwochen zurecht. Je nach Wetter wollte ich dann eine davon nehmen und für eine Fototour verwenden. Ziele gab es einige: Spanien, England, Slowakei, Österreich aber auch Deutschland und Tschechien waren als Ideen im Kopf. Wettermässig sollte sich das Ganze aber als mühsam herausstellen. Stabiles Wetter war diesen Herbst etwas Mangelware und so liess ich Woche für Woche verstreichen. In der letzten Oktoberwoche war ab Mitte der Woche endlich einmal etwas besser vorhergesagt. Zumindest am Mittwoch sollte es im Höllental / Schwarzwald ganz nett sein. Ich kontaktierte mal Kollege Horia, welcher auch gerne eine Fototour ins Höllental unternehmen wollte. Für alle Fälle packte ich noch eine Garnitur Ersatzklamotten ein - nur so falls wir am Abend noch versumpfen und ich bei ihm übernachte, zumal wir noch ein gemeinsames Nachtessen einplanten.
Frühmorgens um 05.00 Uhr am 23. Oktober klingelte der Wecker und um 06.00 Uhr ging es mit dem Zug nach Basel. Wir hatten als Treffpunkt Weil am Rhein ausgemacht. So ging es in Basel flugs rüber zum Regio nach Offenburg. Schnell noch ein Ticket gelöst und dann stand ich um 07:35:40 vor verschlossenen Türen des Regio und konnte mit ein paar anderen Fahrgästen denen es gleich ging zusehen wie der Regio um 07:36:00 pünktlich abfuhr. Danke DB! So kann man natürlich auch Pünktlichkeitsstatistiken beschönigen. :(
Ich telefonierte mal Kollege Horia über das Malheur und fluchte dabei innerlich ziemlich heftig. Horia legte nun halt den Umweg via Basel SBB ein und kam mich direkt dort abholen. Dank Morgenverkehr hatten wir schlussendlich rund 45min Verspätung auf den angedachten Zeitplan. Shit happens aber ändern konnte man es nun nicht mehr. Via Freiburg ging es rein ins Höllental. Bis zum Hirschsprung herrschte noch dicker Nebel. Wir hofften, dass ich der dann noch rechtzeitig auflösen würde, erster Anlaufpunkt für uns war aber das Ravennaviadukt. Wir platzierten uns oberhalb des Viaduktes an der Strasse und schossen einige Züge auf dem Viadukt.
und weil es so schön ist:
Nachdem wir uns am Ravennaviadukt von oben satt gesehen hatten fuhren wir wieder hinunter bis nach Falkensteig. Wir hofften jetzt einfach mal, dass der Nebel dort weg war. Es reichte gerade so. Von Hinterzarten her drückte der nächste Regio welcher in Form von RB 17220 gestossen von 146 239 schon kurz nach unserer Ankunft durchfuhr und unter der Nebeldecke verschwand.
Es begann weiter aufzuklaren und zeitweise war die komplette Bergflanke gegenüber frei und von Sonne beschienen. Zug sollte auch einer im Anmarsch sein, denn in Himmelreich wird ja gekreuzt. Der Gegenzug liess sich aber Zeit
... viel Zeit
... sehr viel Zeit.
Noch viel blöder: eine leichte Brise begann die Nebeldecke wieder ins Höllental reinzudrücken. Wir konsultierten mal den Onlinefahrplan der DB, welcher uns nichts gutes Beschied: +20min. Wir warteten weiter und standen in immer dichterem Nebel. Irgendwann war dann der Zug mit Ausfall taxiert. Echt jetzt? Das hätte so ein schönes Bild geben können und nun blieb uns nichts anderes übrig als den nachfolgenden Zug abzulichten. Es machte zwar den Anschein, dass sich der Nebel wieder etwas verzog, aber eben nur den Anschein. Ich erspare euch das Resultat.
Für uns war klar: wir mussten wieder höher und so ging es hinauf ins Hinterzartener Moor. Bereits stand ein Kollege dort und machte Fotos. Wir warteten dann ebenfalls auf den nächsten Regio, welcher in Form von RB 17215 gezogen von 146 239 schon bald um die Ecke bog und an uns vorbeizog:
Für den nächsten Umlauf erwarteten wir eine 146er ohne Werbung, weshalb wir vor Ort blieben, der Kollege dagegen fuhr weg. Knapp eine halbe Stunde später raffelte von Titisee her wieder ein Zug die Gleise ab, es war die zuvor fotografierte 146 239, welche nun mit ihrem Zug als RB 17224 nach Freiburg runter fuhr:
Durch die planmässige Kreuzung in Hinterzarten mussten wir nun nicht mehr lange auf den nächsten Regio warten, welcher in Form von RB 17271 gezogen von 146 216 bald an uns vorüberzog.
Die nächste Anlaufstelle für uns war nun klar, es zog uns an die Seeblick-Stelle oberhalb des Titisee in der Nähe von Feldberg-Bärental. Da auf der Dreiseenbahn aber (noch) nur Stundentakt herrscht und wir jetzt gerade einen Zug nach Seebrugg fotografiert hatten, hatten wir etwas Zeit. So besuchten wir mal in Bärental den Lidl und besorgten uns was zu Futtern. Dann ging es direkt an die Stelle oberhalb des Titisee. Wie wir da warteten kreuzte auch der vorhin schon in Hinterzarten gesehene Kollege auf, welcher die gleiche Idee wie wir hatte. Er war aber zwischenzeitlich in Altglashütten gewesen - etwas das wir danach noch vor hatten. Durch die Taktkreuzung im nahen Bahnhof von Feldberg-Bärental hatten wir nun zwei Züge in kurzer Folge. Zuerst bog RB 17273 von Titisee her um die Ecke. Es war ein Coradia Continental Umlauf. Der Zug bestand aus dem vierteiligen 1440 175 und dem dreiteiligen 1440 362:
Kurz danach kam der Gegenzug. Es war die vorhin schon fotografierte Komposition mit 146 216 welche als RB 17272 an uns vorbei zog:
Wunderbar wie das klappt. Etwas weniger wunderbar war aber der Blick an den Himmel als wir losfuhren. Wir hatten gerade so richtig Glück gehabt. Unbemerkt hatte sich eine Schmodderschicht in unserem Rücken breit gemacht und die Sonne war nur noch knapp ausserhalb gewesen beim letzten Foto. Mal sehen wie das weiter geht. Wir schauten uns eine Stelle in Richtung Titisee-Neustadt an, fanden dann aber nichts wirklich brauchbares und beschlossen so definitiv nach Altglashütten hochzuziehen und unser Glück dort zu versuchen. Etwas besorgt beobachteten wir die Wetterentwicklung, doch schien die Schmodderschicht relativ stationär zu sein. Da wir gerade im Grenzbereich waren, hatten wir etwas Licht-Schattenspiel, doch ging es für uns gut aus als RB 17274 bei uns in Richtung Freiburg vorbeizog. Es waren dies die beiden Coradia Continental, daher 1440 362 und 175:
Etwas spannender wurde es dann für den nachfolgenden Regio nach Seebrugg. 146 205 bespannte den RB 17275. Aber auch hier klappte es wie am Schnürchen und wir hatten viel Sonne auf dem Loknäschen:
Als letztes nahmen wir noch einen Anlauf für ein Foto bei der Haltestelle Schluchsee. Die Schmodderschicht war zwischenzeitlich recht dicht, für die Rückfahrt von 146 205 nach Freiburg gab sich die Sonne aber nochmals richtig Mühe und bruzzelte das Zeugs weitgehend weg:
Im Nachgang begann es dann aber endgültig zu zu ziehen und RB 17277 gezogen von 146 216 zog in einem ziemlich düsteren Moment durch.
Nach diesem Zug war dann aber Schluss mit fotografieren. Die Schmodderschicht hatte Überhand genommen. Weitere Versuche hier in der Gegend waren sinnlos. Wir waren mit dem heutigen Ergebnis auch weitgehend zufrieden, einzige der Ausfall am Morgen mit anschliessendem Nebelschaden hätte nicht sein müssen, aber sonst hat ziemlich alles wunschgemäss geklappt.
So ging es für uns langsam heimwärts, respektive in Richtung Mulhouse, wo wir noch gemeinsam ein Znacht geniessen wollten. Im Verlaufe des Tages haben wir auch über eine allfällige Verlängerung der Fototour diskutiert. Meine ursprüngliche Absicht war das Anmieten eines Fahrzeuges am Euro-Airport in Basel und dann ein paar Tage im Elbtal in Sachsen zu verbringen. Höllentalbahn/Dreiseenbahn war dabei nur Einstiegsprogramm auf der Fahrt dahin gewesen. Ich hatte dies Idee angesichts der etwas unsteten Wetterentwicklung aber eigentlich ad acta gelegt. Kollege Horia hatte im Verlaufe des Tages jedoch etwas Feuer gefangen für das Anliegen und so entschieden wir uns die Karten anlässlich des Nachtessen nochmals neu zu mischen. Der Besuch bei einem Chinesen füllte nicht nur unsere Mägen, sondern brachte nach etlichen Konsultationen von Wetterkarten und Diskussionen über das wie und ob schlussendlich auch die Entscheidung, dass wir die Idee aufgreifen und ins Elbtal fahren. Ich war froh, dass ich einerseits bei meiner Firma schon provisorisch mal bis am Weekend frei eingegeben habe und zudem noch eine Garnitur Wäsche eingepackt hatte.
Wir buchten dann noch ein Hotel in Dresden und gingen schon bald darauf ins Bett.
Donnerstag 24.10.2019
Die Nacht war ultrakurz. Viel zu früh nach knapp 3h Schlaf riss mich der Wecker kurz vor ein Uhr morgens aus dem Schlaf. Horia war auch schon wach und deutlich fitter als ich und so war ich froh musste nicht ich fahren, sondern übernahm Horia den Part des Chauffeurs. Ich konnte mich derweil auf dem Beifahrersitz einkuscheln und noch etwas weiter dösen und schlafen. Von Mulhouse ging es rüber nach Deutschland auf die A5, dann via A6 via Nürnberg auf die A9. In der Nähe von Bayreuth standen wir zwischenzeitlich mal auf einem Parkplatz. Horia als Chauffeur brauchte auch eine Pause. Via A72 und A4 trafen wir gegen zehn Uhr morgens im Elbtal ein. Das Wetter vor Ort präsentierte sich trotz versprochenem Sonnenschein eher etwas verhalten. Es war recht dunstig und viel mühsamer: am Himmel war recht viel Schlonz vorhanden. Nicht gerade das was wir uns vorgestellt hatten.
Nachdem wir uns ein kleines Morgenessen bei Netto in Pirna besorgt hatten, ging es gleich weiter nach Königstein. Ich hatte unterwegs noch nach möglichen Fotostellen bei DS-Railview Ausschau gehalten. Mangels entsprechender Vorbereitung musste dies halt wirklich direkt auf dem Weg ins Gebiet erledigt werden. Zielgerichtet fuhren wir was gefundenes an. Schon kurz nach unserem Eintreffen rauschte es mal von hinten und ein LKW-Walter Ganzzug mit CD Vectron rauschte vorbei in Richtung Dresden. Kurz darauf folgte dann eine in der richtigen Richtung fahrende S1 gezogen von einer 146er.
Irgendwie waren wir aber mit der Stelle nicht so 100% zufrieden. Es gab da auch noch eine andere Variante wesentlich tiefer im Gelände und die wollten wir nun aufsuchen. Wir fuhren daher ins Ortszentrum runter und versuchten von dort an die vermutete Stelle zu gelangen, fanden aber keinen Weg. Guter Rat war teuer und so kontaktierte ich mal einen Flicker-Kollegen. In der Zwischenzeit entschieden wir uns was anderes aufzusuchen und so fuhren wir weiter via Bad Schandau und dann infolge gesperrter Strasse via einen veritablen Umweg nach Krippen. Auch hier gab es eine nette Stelle von oben herab. DS Railview war aber leider recht ungenau und so gab es eine Suche im Berghang, bis wir dann die eigentlich logische Fotostelle beim Aussichtspunkt Carolahöhe gefunden hatten.
Fast verpasst hätten wir dabei die AWT 189er mit einem Kesselwagenzug:
Bald darauf kam schon der Eurocity EC173 durch:
Die für CTL Logistics fahrende Railpool 185 717 mit einem Ganzzug beladen mit grossen Rohren (vermutlich Rohre für eine Pipeline) bei Krippen
Wir hatten dann genug von der Stelle. Was uns etwas fehlte waren Güterzüge nach Tschechien, von denen kamen nur wenige durch, dagegen war in Gegenrichtung zeitweise fast im Blockabstand etwas unterwegs.
Diesmal auf etwas direkterem Wege als vorhin fuhren wir unter Auslassung von Bad Schandau zurück nach Königstein. Ziel war diesmal der Nachmittagsklassiker unterhalb der Festung Königstein. Die Stelle haben wir auf Anhieb gefunden. Der Verkehr rollte schon bald, auffällig war aber auch hier wieder die etwas unsymmetrische Verteilung der Güterzüge. Irgendwie kamen die jeweils fast wie in einem Bündel pro Richtung, dann wurde wieder in einem Bündel in die andere Richtung gefahren. Wir fanden das etwas komisch, aber dachten uns nicht viel dabei.
Wir entschlossen uns danach aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit in Kombination mit der nicht mehr allzu hoch stehenden Sonne für einen Stellenwechsel nach Rathen. Viel anderes war auch nicht mehr möglich.
Ab dem Parkplatz bei Rathen ging es dann zu Fuss über den Radweg bis zur geplanten Stelle - noch war nicht November und der Radweg daher mit einem Fahrverbot belegt. Wir trafen dort auf zwei Kollegen die - wie sich in den Diskussionen herausstellte - in Erwartung einer Überfuhr von Nachtzugwagen aus Mukran nach Prag waren, welche durch RegioJet übernommen worden sind. Auch konnte so halbwegs erfahren werden, wieso wir immer nur Bündelweise Güterzüge in die eine oder andere Richtung gesehen haben. Scheinbar wird irgendwo zwischen Bad Schandau und Děčín gebaut und es gibt abschnittsweisen Einspurbetrieb.
Leider standen die Kollegen für meine Ansicht aber etwas blöd und extremst Tele-lastig. Meine Frage nach der Möglichkeit die Fotolinie um ein paar Meter zu verschieben wurde vom älteren Kollegen ziemlich unwirsch und in einem recht unfreundlich Tonfall mit Nein beantwortet. Er habe das einmal gemacht, dann sei im der Andere im Bild gestanden. Auf mein Nachdrücken dass wir wenn schon als gesamtes ein paar Meter verschieben gab es weiterhin ein vehementes Nein. Schade - dann halt eben nicht. Horia meinte nur im Nachgang: er staune dass ich da nicht entsprechend zurückgebellt habe. Ich für mich schiebe das mal aufs langsam älter und gelassener werden. Die Einsicht war schnell da dass weitere Diskussion mit dem Kollegen in Bezug auf die Fotolinie sinnlos war.
Obwohl der von den Kollegen erwartete Zug eigentlich planmässig bald hätte kommen sollen, blieb der in der verbleibenden Zeit mit Sonne an der Stelle aus und er kam nicht. So blieb uns nichts anderes übrig als den übrigen Restverkehr zu fotografieren. Der war auch ganz ordentlich.
Kurz nach fünf war dann aber endgültig fertig, die Sonne so tief gesunken, dass sie nicht mehr ins Tal schien. Wir zottelten zurück zum Parkplatz und machten uns auf den Weg nach Dresden ins gebuchte Hotel. Wir hatten ein Zimmer im Super 8 gebucht. Nachdem wir uns kurz frisch gemacht hatten ging es zu Fuss in Richtung Altstadt um endlich das grosse Loch in unseren knurrenden Mägen zu stopfen. Ein feines Essen später drehten wir noch eine kurze Runde durch die Altstadt, bevor es dann zurück zum Hotel ging. Die letzte, kurze Nacht hat bei beiden von uns etwas Spuren hinterlassen und so war schon kurz vor zehn Lichterlöschen angesagt.
Wie es weitergeht, das gibt es dann im zweiten Teil dieses kleinen Reiseberichtes wenn es wieder heisst: Aus 1 + 1 mach 4.