Im Winter im Westen (3) - Im Wilden Westen
Von Peter Hürzeler
Montag 10.2.2020Viel zu früh ging heute der Wecker. 0600 zeigte das Teil an als es uns aus dem Schlaf riss. Aber wir wollten es ja so.
Draussen war es noch dunkel, Morgenessen gab es auch noch nicht, respektive es hätte eigentlich geben sollen. Nur wir standen vor verschlossenen Türen und die Rezeption war auch nicht besetzt.
So ging es raus an die Kälte und dann nach einmal Scheiben kratzen mit dem Auto rund eine halbe Stunde runter nach Carson City. Als erstes besuchten wir dort einen Starbucks, musste doch irgendwas in unseren leeren Magen um uns zumindest ein bisschen aufzuwecken.
Danach wurden wir beim Nevada State Railroad Museum vorstellig. Wir hatten hier heute eine Photoveranstaltung mit einigen alten Damen gebucht. Pete Lerro hat diese Veranstaltung als zweiter Teilersatz - der erste war Niles Canyon - für die Sierra Railroad geplant. Protagonistinnen für den heutigen Tag sind:
Die normalspurige 4-4-0 #22 "Inyo", die ebenfalls normalspurige 4-6-0 #25 der Virginia & Truckee, sowie die schmalspurige 2-6-0 #1 "Glenbrook" der ehemaligen Carson & Tahoe Lumber & Fluming. Gerade die Inyo (und weitere Schwestermaschinen wie die Dayton und die Reno) und die Glenbrook dürften vielen bekannt vorkommen, insbesondere denjenigen, welche gerne Western schauen.
Beides waren Loks die nach ihrer Aktivzeit an die kalifornische Filmindustrie verkauft wurden und in unzähligen Filmen als Requisitien verwendet wurden. In den 1970ern konnten Sie dann durch das neu gegründete Nevada State Railroad Museum übernommen werden und bilden nun die Prunkstücke der Sammlung. Die Fahrzeuge sind allesamt betriebsfähig.
Rund um das Museum ist ein kleiner Rundkreis vorhanden, zudem gibt es eine Drehscheibe, sowie ein Depot. All dies diente uns den ganzen Tag über in wechselnden Situationen als Fotomotive für unzählige Photo-Runby's der Loks. Auch der McKeen Railcar #22 der V&T spielte ab und an Protagonist für unser Fotoshooting.
Das Gelände des Nevada State Railroad Museum ist nicht gross, bietet aber durchaus die eine oder andere Fotostelle
Eigentlich war geplant den Morgen mit der Inyo und der Glenbrook zu verbringen. Letztere hatte jedoch beim Anheizen einige Probleme mit dem Sicherheitsventil gezeigt, welche zuerst gelöst werden mussten. Daher einmal komplett den Druck ablassen, reparieren und wieder anheizen. Als Ersatz wurde dann die Lok 25 etwas früher angeheizt als geplant. So war der Morgen geprägt von der Inyo zusammen mit dem immer verfügbaren KcKeen Motorcar. Erst um den Mittag war dann auch Lok 25 soweit und tauchte in der Szenerie auf:
Deutlich ist der generationenunterschied zwischen der holzgefeuerten Lok 22 (Baujahr 1875) und der Ölgefeuerten Lok 25 (Baujahr 1905) zu sehen
Fahrzeugaufstellung im Nevada State Railroad Museum. Von links: Carson & Tahoe Lumber & Fluming #1 "The Glenbrook" von 1875, Virginia & Truckee #22 McKeen Motorcoach von 1910, Virginia & Truckee #25 von 1905, Virginia & Truckee #22 "Inyo" von 1875 und Virginia & Truckee #18 "Dayton" von 1873. Alle Fahrzeuge sind betriebsfähig!
Typische Wild-West Loks unter sich, #22 "Inyo" links und die um zwei Jahre ältere #18 "Dayton" rechts. Auch wenn sie am heutigen tage kalt abgestellt war: betriebsfähig wäre auch dieses Schmuckstück
Am späteren Nachmittag tauchte dann auch noch die Glenbrook auf. Die Lok war zwischenzeitlich repariert und wieder angeheizt worden. Das Museumspersonal gab sich wirklich Mühe. Es ist aber klar, dass beim Alter der Loks deren sichere Handhabung an vorderster Stelle steht, handelt es sich doch um nationales Kulturgut. Etwas Schade ist, dass die Lok nur Solo unterwegs war. Es gäbe zwar sowohl schmalspurige Personen- und Güterwagen im Museum, nur sind diese noch allesamt einer Komplettrevision zu unterziehen. Sprich aktuell gibt es keine passende, fahrbare Anhängelast. So dampfte Glenbrook halt solo durchs Gelände:
Eigentlich ist das Tagesprogramm damit schon fast durch. Mittagessen genehmigten wir uns in einem nahen Wendy's, fürs Nachtessen gingen wir zu Panda Express und kauften uns dann noch ein paar zusätzliche Vorräte.
Frisch gestärkt gab es dann auch hier auf der Bahn wieder eine Night-Session. Anwesend waren diesmal sogar eine ganze Truppe an in passender Wild-West Kleidung gekleidete Gruppe an Statisten die in wechselnden Konstellationen zusammen mit den Dampfloks Fotomotiv spielten.
Gegen halb zehn Abends war dann Feierabend. Die Temperaturen waren inzwischen auch wieder deutlich unter dem Gefrierpunkt und wir hatten genug. Es stand noch die halbstündige Fahrt durch die Dunkelheit hoch nach Virginia City vor uns. Im Motel angekommen fielen wir hundemüde einfach nur noch ins Bett. Die Nacht wurde schon so kurz genug als dass wir noch viel hätten erledigen wollen.
Wie uns der Wecker aus unserer Traumwelt holte und in die kalte Bergluft entliess, davon gibt es dann ein anderes mal hier auf dem Kanal zu lesen wenn es wieder heisst: Im Winter im Westen.