El último rincón del mundo - Chile 2019 - Teil 2

Von

Dienstag, 09.07.2019 – Antofagasta


Der Cumbre muss warten! ….. Zugegebenermaßen ein etwas komischer Anfang für einen Tagesbericht. Aber immerhin war die Vorstellung heute dort Sonnenbilder zu machen das Bild im Kopf, das uns dazu brachte, uns gestern Vormittag hunderte von Kilometern weiter südlich auf den langen Weg zu machen.

Aber kein Plan ist so gut, dass man ihn nicht wieder verwerfen könnte. Und so haben wir zu später Stunde, bei lecker Essen und Bier, beschlossen, heute die Rampe im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal links liegen zu lassen und gleich nach Baquedano durchzustarten.

Warum? Das ist relativ schnell erklärt. Oder auch nicht, weil etwas ausholen muss ich dafür schon. Im Vorfeld, bei der Reisevorbereitung, geisterte mir immer wieder eine Strecke durch den Kopf, der wir uns eigentlich noch nie so richtig gewidmet hatten. Und zwar die Linie hoch zum Socompa-Pass, dem Übergang nach Argentinien und auf die Ramal C14, auf der vor vielen, vielen Jahren noch die Gaskesselzüge hinüber ins Nachbarland fuhren, mit ihren skurril bauchig wirkenden Wagen.

Soll hier wirklich gar nichts mehr laufen, so wie einige in unserem Umfeld behaupteten? Eigentlich schade, denn schaut man sich die Routenführung auf der Karte an, dann sollte die Strecke gerade im oberen Teil doch ganz nett sein. Also klemmten sich Gubi und ich mal dahinter. Und während mir es gelang mit einigen Ausflügen ins Internet Bilder und einige spärliche Informationen zu ergattern, „flog“ Gubi die Strecke mittels Google mal ab.

Ergebnis der ganzen Sucherei: Ja, es hat Verkehr auf der Linie, und wohl nicht zu knapp. Auf rund 4.000 m befinden sich zwei Minen, die der FACB, die fast alle Züge auf der, der Ferronor gehörenden, Strecke fährt, ordentlich Betätigung verschaffen. Darüber hinaus soll aber auch Ferronor mit eigenen Loks und Wagen den Berg hinauf, und teilweise sogar weiter bis in die Grenzstation, fahren.

Wann, wie oft und vor allem wieso, dass lies sich nicht ermitteln. Ein Bericht meinte es gäbe ein Wiederaufleben aufgrund eines Lieferkontraktes über Sand. Die genannten Mengen waren aber beinahe lächerlich. Dafür würde niemand fahren. Außer, das Ganze dient einem „firmenpolitischen Zweck“.

Also alles recht nebulös und daher unsere Entscheidung, erst einmal nach Baquedano zu fahren und zu schauen, was Sache ist. Denn zwei frisch in Ferronor Blau-Gelb lackierte GR12 sind schon mal ein Grund für einen Rundum Guck!

Und dass es im Netz sogar Bilder von einem GE U9C Pärchen in diesem Dienst gab, löste bei mir noch zusätzlich Puls aus!

Also, noch ein bisschen der Brandung zugehört, wie sie vor dem Fenster hart auf das Ufer schlägt, dann aber raus und ab ins Bad zum Restaurieren.





Grauer Südatlantik. Der morgendliche Blick aus dem Hotelfenster lässt nicht darauf schließen, dass es heute noch Sonnenbilder geben könnte. Doch nur wenige Kilometer weiter landeinwärts strahlt es hell vom leuchtend blauen Himmel.






Beim Blick aus dem Fenster, hinaus auf den grauen Südpazifik, beschäftigt mich der gleiche Gedanke wie schon vor sechs Jahren. Haben die hier keine Stürme, keine Sturmfluten, keinen hohen Wellengang? Denn so nahe wie das Wasser hier an den Häusern anbrandet, müsste doch bei 3-4 m höherem Wasserstand oder höheren Wellenkämmen bis weit in die Stadt hinein alles überschwemmt werden?

Eine Frage, auf die ich hier und jetzt keine Antwort bekommen werde. Also verlagere ich meinen Aufenthaltsort in die Dusche und folge dann den beiden Anderen in den Frühstücksraum, wo uns das auf der ganzen Welt immergleiche Standardfrühstück erwartet. Bestehend aus enzymgeborenen Formfleischschinken, Käse, der weder in Geschmack noch Farbe etwas gemein hat, mit dem gleichnamigen Schweizer Qualitätsprodukt, sich aber, zusammen mit einer Normsalami, ideal, mittels hellgebackener Teigrondelle, zu einer belegten Semmel kombinieren lässt. Dazu noch Ei und sonstige Ingredienzien, die allesamt aus kleinen Büchschen und Schälchen mit schwer abzuknibbelnden Verschlussfolien kommen.

Während ich noch so verträumt an meinem letzten Semmelchen mümmle, eilen meine beiden Begleiter, getrieben von ihrer typischen, morgendlichen Rastlosigkeit, schon wieder gen Zimmer, zwecks Erledigung anstehender Geschäfte. Ich folge im Abstand, verstaue die restlichen Ausrüstungsgegenstände, und strebe, gefolgt von Nil und Gubi, dem Ausgang zu. Natürlich nicht, ohne noch zweimal ins leere Zimmer zurückzuschauen, ob ich nun wirklich nichts vergessen habe.

Draußen, vor dem schmucken Betonklotz bringt Nil erstmal seine Lunge auf den Feinstaublevel einer Hauptausfallstraße des peruanischen Arequipa während der allabendlichen Rush-Hour, während Gubi an der Rezeption mit Rechnung und Kreditkarte zu Gange ist. Meine Schritte dagegen führen mich hinunter in die Tiefgarage, deren breite Einfahrt weit offensteht.

Auf das was jetzt kommt, freue ich mich besonders. Nein, kein aufwendiges Rangiermanöver heraus aus einer viel zu engen Parklücke, denn beim Bau der Garage hat man wohl an Pickup fahrende Ingenieure aus den umliegenden Minen gedacht. Nein, es ist die Startautomatik und deren Tun auf das ich mich freue! Sie ist nämlich so eingestellt, dass sie beim Anlassen unseres Vehikels erstmal ordentlich auftourt, was ein sonores, kraftvolles Aufbrüllen unseres Motors zur Folge hat. Einfach nur geil, erst recht, wenn es durch die Akustik einer offenstehenden Tiefgarage verstärkt wird!

Rückwärts geht’s über die breite Rampe hinauf, langsam, im Schritttempo und mit Stoßgas! *wrrrom …. wrrrom …. wrrrom* Aus tiefsten Tiefen grollt der Motor und ich hab Spaß wie ein kleines Kind! Oder ein großes…! Oben zieht einer die Augenbraue hoch: „Was war denn das jetzt?“, „Sorry, musste jetzt einfach sein!“, grins ich ihm entgegen. Dann wird weit weniger spektakulär unters Vordach gerollt, werden Koffer und Ausrüstung verstaut und los geht der erste richtige Fototag auf der Tour.

Naja, noch nicht ganz. Unser Kleiner hat Durst! Und das nicht nur wegen meiner Geräuschorgie von gerade eben. Er trinkt halt doch ein bisschen viel, der Gute, obwohl es sich für seine Größe sogar noch in Grenzen hält.

Während ich als Fahrer heute für den Tankvorgang zuständig bin, steuern die beiden Begleiter den Shop an. Schließlich haben wir auch Durst und es geht in die Wüste. Da sollte schon etwas Vorrat da sein. Knabberzeugs und Gummischeiß gehen auch langsam zur Neige, und etwas Süßem aus der Backwarenabteilung der Theke können meine Mitfotografen sowieso nie widerstehen. Immerhin denken sie dabei auch an mich und bringen, für den eher herzhaft gepolten Herren, zwei in Teig eingebackene Würstchen mit, von denen eins, trotz reichhaltigen IBIS-Frühstück, die Ausfahrt aus Antofagasta nicht überstehen wird.

Mein Part an der ganzen Aktion besteht aus der Aussage „Full“, dem Reichen der Kreditkarte und der Aussage ob Rechnung oder Beleg. Ansonsten hat man an den durchweg noch bedienten Tankstellen in Chile ein ruhiges Leben. Außer, man nutzt die Zeit, um das Fahrzeug zu entmüllen oder wenigstens Teile davon zu entstauben. Da wir für Beides noch zu kurz unterwegs sind, hab ich Muße die paar Schritte an die Hauptstraße vor zu schlendern und mir das bemalte Haus anzusehen, welches direkt am Mittelstreifen und am zum Hafen führenden Gleis steht.











Vorbei am bunten Haus geht es nun entlang der Hafenzufahrt, bis das Gleis die Straßenmitte verlässt und unsere Fahrspur kreuzt. Hinein ins Betriebsgelände der FCAB, wo sich kurz ein Blick auf die dort abgestellten, silbernen Edelstahl Personenwagen werfen lässt. Weiter parallel zum Meer, bis wir rechts abbiegen, die steile Straße hinauf durch die Randgebiete der Stadt und hinaus in die raue Landschaft der Atacama fahren. Noch einmal die Gleise gequert und den Amateurgauklern zugesehen, die sich in den Rotphasen der Ampeln mit Jonglieren und ähnlichem etwas Geld verdienen, dann umfangen uns die Wolken, der hier meist über dem Meer und der Küste liegenden Schicht.

Baquedano, ein Name der in meinem Kopf widerhallt. Mit Blick auf die Eisenbahn, einer der Sehnsuchtsorte in meinem Leben. Warum? Es ist diese Mischung aus morbidem Charme, einstiger Bedeutung, Verfall, skurriler Umgebung, ansehnlichem Verkehr und der Möglichkeit, etwas Besonderes zu entdecken.

Und das Besondere sollen heute Maschinen der Ferronor sein, die sich auch über die Schienen bewegen. Und auch wenn die Wahrscheinlichkeit wohl eher gering ist, dass wir etwas blau-gelbes in Aktion erleben, wir glauben zumindest ganz fest an unsere Chance. Klar, Maschinen dieser Gesellschaft in Baquedano stehen zu sehen ist jetzt nichts so Außergewöhnliches, gibt es doch dort ein großes Betriebswerk, dessen Werkstätten auch heute noch, wenn auch eingeschränkt, genutzt werden, doch wenn etwas rollt, dann fast ausschließlich etwas von der FCAB.

Obwohl, es könnte sich, nein daran glaub ich persönlich nun wirklich nicht, es könnte sich im ganz unwahrscheinlichsten Fall, und auf den hofft tatsächlich Nil, es könnte sich sogar, wie gesagt, so viel Glück traue ich nicht mal uns zu, aber es könnte sich sogar eine Maschine aus dem benachtbarten Bolivien blicken lassen! Gibt es doch Bilder im Netz, die Loks der FCA im Hafen von Mejillones zeigen. Und nur eine Leistung kommt dafür in Frage. Der Kübelzug via Calama.

So getrieben rollen wir mittlerweile auf der Pan Americana gen Norden, vorbei an der Estación Prat, wo sich die Linie von O’Higgins her, mit der über den Cumbre kommenden vereinigt, und wo eine Reihe von orangen Boxcars und Kesselwagen warten. Hier auf der Fläche hat sich einiges verändert seit 2013. Vor allem die Straße ist mächtig ausgebaut worden, zumeist auf 4 Spuren mit aufwendigen Ausfädelungen und Beleuchtung. Die Linie der FCAB dagegen verläuft weiter scheinbar unberührt im Sand der Wüste. Von großartiger Modernisierung oder Ausbau ist hier auf den ersten Blick nichts zu sehen. Eher scheint es so, dass der ein oder andere Anschluss, hinein in Minen oder Werksgelände, gekappt wurde.

Dann ist Baquedano erreicht, mit seinen verworrenen und verwirrenden Gleisanlagen. Erster Halt, gleich am Ortseingang am Bahnübergang. Überblick verschaffen! Der Bahnhof selbst scheint leer, sieht man von den obligatorisch dort abgestellten alten Güterwagen aus besseren Zeiten mal ab. Hinten, auf der weitläufigen Betriebsfläche die bekannte Reihe gebraucht aus Australien erworbenen Dieselloks in den unterschiedlichen Verarbeitungszuständen. Und noch weiter hinten eine aufsteigende Rußfahne… Was? Eine aufsteigende Rußfahne? Da hinten?!? Das ist doch die Strecke runter nach Palestina! Rein ins Auto und über die Fläche gebrettert!

Rußfahne, an dieser Stelle! Das kann nur Ferronor bedeuten! Und ja, während wir über die Sandpiste heizen, eine große Staubwolke hinter uns herziehend, schieben sich zwei hell leuchtende Maschinen ins Blickfeld. Prima! Wieder mal Timing, so wie gestern…

Oder auch nicht! Mist! Falsch abgebogen. Nil hatte vorher noch deutlich gerufen „rechts“, da war ich auch schon meiner ursprünglichen Intension gefolgt und links abgebogen. Blockierende Räder, Scharren der Reifen über den Sand, Staub, rückwärts beschleunigen, durch die eigene Wolke hindurch, dann wieder auf dem richtigen Pfad, doch vielleicht zu spät! So ein Schei….! Wieder blasen die Beiden dunkle Wolken in den strahlend blauen Himmel! Wenn die jetzt irgendwo in Richtung Werkstatt verschwinden und wir sie durch meine Dusseligkeit verpassen, ich lasse mich hier und jetzt per Wagenheber erschlagen und in der Wüste verscharren….. 60….70….80….90….100…. 110 …. Beschleunigung, alles was die Kiste hergibt, fliegen wir auf die zwei Lokomotiven zu, die sich gerade über den nahen Bahnübergang schieben, dann hinüber, Vollbremsung, die beiden Anderen schon abgeschnallt, Kameras in der Hand, drückt es nach vorne, wieder blockieren die Räder, dann sind sie auch schon draußen, hechten durch den Staub der uns umgibt, reißen die Kameras hoch und drücken ab, während ich noch den Foto aus der Tasche fummle, mich in Position schmeiße, und zu spät merke, dass das Teil noch auf das morgendliche Dunkel in Antofagasta eingestellt ist!

Doppel-Mist! Was sagt das kleine Fotografen Einmaleins? Die Kamera immer in eine Standardeinstellung zurückbringen! Und wie lange gehe ich diesem Hobby jetzt schon nach? Wohl noch nicht lange genug, wie es scheint! Oder ich bin einfach nicht lernfähig! Oder es ist schon zu lange und ich vergesse schon wieder! Immerhin bin ich flink genug, um wenigstens noch ein Notbild hin zu bekommen.





Im harten Licht der morgendlichen Wintersonne rangieren 412 und 401 der Ferronor im Bereich des ehemaligen Staatsbahn Bahnhofs. Rechts von ihnen ist eine Schlange der Kesselwagen abgestellt, mit denen früher Gas über den Socompa-Pass transportiert wurde.






Während Nil und Gubi die zwei Maschinen noch ganz o.k. auf den Chip bannen konnten, muss ich, wenn’s ganz dumm läuft, wohl mit dem Foto zufrieden sein. Aber ganz ehrlich, ich hätte es auch verdient.

Und nu? Nach der ganzen Hektik kehrt erstmal Ruhe ein. Wir entstauben uns, trinken einen Schluck und harren der Dinge die da kommen. Die beiden Schönheiten sind nach links abgebogen, also hinein in den Teil des Bahnhofs, durch den die FCAB rollt. Zeit für Spekulatius!

Wenn die jetzt nur den Begleitwagen umgesetzt haben und dann gleich raus auf Strecke gehen? Schnell sind die elektronischen Helferlein ausgepackt, wird ein Blick auf das Schienengewirr und den Streckenverlauf geworfen. Ja, wenn? Aber wenn, sie jetzt auch nur den Begleitwagen abgestellt haben und anschließend irgendwo versteckt abgestellt werden? Dann war es wirklich das einzige Foto! Das kann es nicht sein! Das treibt mich jetzt um. Und da es nach einigem Warten verdächtig still geworden ist, kein rotziges Hochziehen eines alten Amidiesels, riskieren wir es und fahren einmal um das Gelände. Auch auf die Gefahr, dass im selben Moment die Fuhre in Richtung Osten aus dem Bahnhof zieht. Also zur Sicherheit, Fenster auf und rundhören!

Am Schotterplatz angekommen, dann die erste Erleichterung. Die Loks stehen noch da, Motor aus. Es gibt also noch ganz in Ruhe Aufnahmen der beiden Schönheiten.






412 und 401 haben sich nach ihrem Rangiermanöver, zusammen mit dem Begleitwagen, vor eine Reihe leerer Flachwagen gesetzt.



















Schmuck sehen sie aus, die Beiden! So aufgebrezelt sieht man ihnen ihre fast 60 Jahre, größtenteils harte, Dienstzeit gar nicht an.

Na, die hintere Lok wiedererkannt? Nein? Die gab es aber im Rahmen dieses Berichts schon mal zu sehen. An anderer Stelle, sechs Jahre zuvor, in einem noch „leicht“ abweichenden Outfit! In Teil eins, bei der Rückschau auf den ehemaligen Betrieb in Diego de Almagro. Damals noch im unübersehbar namensgebenden Erscheinungsbild der „Schwarzlok Eisenbahn“!

Und auch die 412 ist keine unbekannte, war sie doch vor sechs Jahre ebenfalls in Llanta beheimatet und zwischen Potrerillos, Chañaral und Planta Franke unterwegs. Und noch etwas gibt es zu dieser Lok zu bemerken. Sie war es, die zusammen mit Lok 408, im Jahr 2006 in den Unfall in Argentinien verwickelt war. Die sich daraus ergebenden Streitigkeiten zwischen argentinischer und chilenischer Bahn führten schließlich dazu, dass der grenzüberschreitende Verkehr auf der Socompa-Linie/Ramal C14 bis auf weiteres eingestellt wurde.

Und da hier hin Baquedano gerade sowieso Ruhe herrscht, haben wir Zeit uns, als kleinen Rückblick, einige Fotos und Bewegtbilder von den damaligen Einsätzen auf der Schwarzlokbahn und einer nachmittagsfüllenden Verfolgung von Diego de Almagro bis zur Planta Franke anzusehen.




sphärische Harfenklänge .... blluuummmm .... Rückblende






Von Potrerillos kommend, hat 412 am 26.07.2013 mit einem Säurezug Diego de Almagro erreicht und fädelt nun in die Hauptstrecke ein. Der Rangierer ist schon abgesprungen, um nach Passieren des letzten Wagens die Weiche umzulegen. Danach drückt der EMD Diesel die Fuhre rückwärts in den Bahnhof.






412 beim Umlaufen ihres Säurezug






Mit mächtig Geräuschentwicklung verlässt 412 das Tal des Rio Salado und geht auf der alten Nord-Süd Strecke in die Steigung, hinauf auf die Hochebene.






Ein einsames Licht in der Wüste.







Tags darauf, am 27.07.2013, hatten Nil und ich zwei G12 vor einem Güterzug bis nach Chañaral verfolgt. Ein Pärchen, dass die zwei Mitreisenden aus unerfindlichen Gründen hatten ziehen lassen, um lieber gleich zur Rampe hoch nach Potrerillos zu fahren. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht verstehe. Waren doch die beiden Maschinen damals schon Raritäten.





Lok 83, aus dem Jahr 1959, und Lok 82, gebaut 1957, beides Vertreterinnen der Reihe G12, zwischen Diego de Almagro und El Salado mit einem Güterzug unterwegs zum Hafen von Barquito.






Auf dem Rückweg ins Landesinnere kamen uns dann hinter Diego de Almagro, noch auf den Gleisen der Minenbahn, 91 und 401 mit einem Säurezug entgegen. Ein Umstand der uns augenblicklich dazu bewog, unsere Nachmittagspläne erneut, und ganz spontan, über den Haufen zu werfen. Denn aus den Erfahrungen von gestern und den eindeutigen Gesten der rudelweiße aus den Fenstern der beiden Maschinen hängenden Eisenbahner, die heftig hinüber auf den anderen Gleisstrang zeigten, war unschwer zu schließen, dass diese Fuhre über die Nord-Süd Strecke zur Planta Franke ginge.

Für uns war die Schlussfolgerung klar! Rampe, Rampe sein lassen und dafür den Zug auf der sonst von anderem Verkehr nicht mehr befahrenen Strecke bis zur Mine verfolgen. Und wie dann weiter? Tja, ohne Karte, einfach frei Schnauze, auf Sandpisten quer durch die Wüste in Richtung Taltal, zur gebuchten Herberge! Aber das ist eine andere Geschichte.






Schalldämper? Wer braucht schon Schalldämpfer? Mit mächtig Lärmentwicklung ziehen 401 und 91 einen Kesselzug aus dem Bahnhof von Diego de Almagro.






Ein einsames Signal in der Wüste. Heute ohne Funktion, aber trotzig die Flügel in den Winterhimmel reckend, zeugt es in der aufgelassenen Station nahe Pedro Montt von der einstigen Bedeutung dieser Strecke.






Nachdem sie den Canyon nahe der Estación J.J. Perez durchfahren haben, schmettern die beiden Maschinen heftig die Steigung herauf......HIER geht's zum Video!





Über die im Wüstensand kaum zu erkennende Trasse kämpfen sich 401 und 91 mit infernalem Lärm eine Steigung herauf.


















Wenn schon nicht schnell, dann wenigstens laut, scheint die Devise zu sein. Gut, wen mag die enorme Geräuschentwicklung auch schon stören, hier mitten in der Wüste. Und das Lokpersonal ist nach Jahren des Dienstes sowieso schon resistent......HIER geht's zum Video!





Verloren in der Weite der Atacama. 401 und 91 zwischen Estación J.J. Perez und Planta Franke.






401 und 91 haben mit ihrem Säurezug gerade die Abzweigung von der alten Nord-Süd Strecke durchfahren und befinden sich jetzt auf den ersten Metern des Zufahrtsgleises zur Planta Franke.






Ende einer langen Verfolgung. Ein letzter Gruß vom begeisterten Personal, dann verschwinden 91 und die führende 401 in der untergehenden Sonne und dem Gelände der Planta Franke.







Schön war’s! Aber jetzt ist Zeit, zurück zu kehren ins Hier und Jetzt!



Wir sind mittlerweile wieder an unserem „Aussichtspunkt“ hinter dem Bahnareal angekommen. Hier hat man alles gut im Blick, sowohl die FCAB Strecke von Antofagasta her, als auch die Ferronorlinie nach Süden bzw. Osten. Zudem hat man Sicht auf die Verladeanlage draußen in der Wüste, an der eine der neuen GT42 schon die ganze Zeit vernehmlich vor einem Säurezug brubbelt. Und, zu guter Letzt, auch die Linie von Calama kann man bedingt einsehen. Sprich, sollte der unwahrscheinliche Fall tatsächlich eintreten, dass sich hier ein japanischer Bolivianer im Kleide der FCA blicken lässt, wäre man so oder so schnell hinterher.

Und noch eins lässt sich von hier aus vorzüglich tun, nämlich die durchaus verwirrenden Gleisanlagen Baquedanos betrachten und versuchen zu verstehen. Da gibt es vor uns ein Bahnhofsgebäude, zumindest scheint es eines zu sein, inkl. mechanischer Signale, an dem die Gleise der ehemaligen Hauptstrecke von Süden her, von La Calera kommend, zu enden scheinen. Was aber wiederum irgendwie wenig Sinn macht, denn wer würde hier, mitten im Nichts, denn schon eine Strecke enden lassen. Zudem ging es ja früher weiter nach Norden, hinauf bis Iquique. Und einen Kopfbahnhof zu bauen wäre auch verrückt gewesen, Platz hat es ja hier schließlich genug.

Eine stimmige Theorie könnte es aber geben. Nämlich die, dass dies der ältere Bahnhof ist und die Strecke von hier aus gerade weiter nach Norden verlief. Erst später hat man die „Gemeinschaftsstation“ mit der FCAB geschaffen, mitsamt der Umfahrungskurve. Wie gesagt, eine Theorie.





Hier mal zur Veranschaulichung ein Bild von Gubi aus dem Jahr 2012. Die Blickrichtung geht dabei vom Streckenende weg, hin zur Ausfahrt in Richtung La Calera.






Neben diesem Gebäude ist dann da noch die Estación an der FCAB Strecke, die wohl die meisten, zumindest von Bildern, oder von James Bond, her kennen. Gestrichen in freundlichem Grün und groß gebrandet mit dem Ferronor Signet, liegt es in bester Insellage zwischen den Gleisen.





Estanción Baquedano in Blickrichtung Calama/Inquique. Die Gleise der Strecke an die bolivianische Grenze (FCAB) führen links und die in Chiles Norden (Ferronor) führen rechts am Gebäude vorbei. Da die Ferronor-Strecke nach Iquique nun aber nach links weg geht, die FCAB-Linie nach Calama den Bahnhof dagegen gerade verlässt, kreuzen sich beide Linien von hier aus gesehen hinter dem gegenüberliegenden Ende des Gebäudes. Und wem das noch nicht komplex genug ist, die Verbindungskurve hin zur alten Hauptstrecke gen Süden bzw. für Züge auf die Socompa-Linie zweigt hinter dem Bahnhofsgebäude nach rechts ab, um zwischen dem zweiten Bahnhof und dem Betriebswerk hindurch in Richtung Wüste zu verschwinden.






Rechts hinter dem Bahnhofsgebäude spitzt die Werkstatt von Ferronor hervor, in welcher heute noch Fahrzeuge gewartet oder wieder hergerichtet werden. So wie die aus Australien gebraucht gekauften Diesellokomotiven. An das große Werkstattgebäude, mit seinen angrenzenden Freiflächen, schließt der Rundschuppen an, in dem einige alte Dampfloks auf bessere Zeiten warten und in dem einmal ein lebendiges Eisenbahnmuseum entstehen sollte.





Auch hierzu mail ein Foto von Gubi aus dem April 2012.






Kommt man auf der ehemaligen Staatsbahn von Süden her, hat man zwei Möglichkeiten in den Bahnhof einzufahren. Einmal auf einem Verbindungsgleis, welches zwischen dem mysteriösen Bahnhofsgebäude (rot/braun) und der Werkstätte durchführt. Oder aber abzweigend, über ein Gleisdreieck, und einmal um das ganze Areal herum. In diesem Fall fädelt man vor dem Bahnhof (grün) in die von Antofagasta/O’Higgins herkommende Linie ein. Auf diese Art ist es wie schon geschrieben möglich, ohne Kopf machen, nach Iquique weiter zu fahren.

Von oben betrachtet ergibt das Ganze einen idealen Gleisplan für eine Modellbahn. Ein Kreis, mit vier abzweigenden Strecken und unendlich viel Rangiermöglichkeiten.

Unvermittelt reißt uns Pfeifen und das wummernde Hochziehen von schweren Dieselmotoren aus unseren Betrachtungen. Es sind aber nicht, wie erhofft, die beiden alten Damen, die sich in Bewegung setzen. Es sind vielmehr Vertreterinnen der neuesten Lokgeneration, die sich anschicken, jetzt die Bühne aus Sand und Staub zu betreten. Gemächlich, aber bestimmt, ziehen die beiden GT42AC ihren Zug aus der Verladeanlage heraus, und über das Anschlussgleis hin, zur Estación.












3204 und 3206, am Haken Flachwagen mit Kupferplatten und Säurewagen, rollen von der Verladestation kommend zum Bahnhof von Baquedano.






Einen Schönheitspreis werden die Loks der Reihen GT42AC und GT46AC wohl nie gewinnen, mit ihren klobigen Führerhäusern und plattgedrückten Nasen. Oder aber, vielleicht macht gerade dieses Aussehen, die letzten Exemplare ihrer Art in 40 – 50 Jahren zu einem begehrten Fotoobjekt.













Kaum ist der letzte Wagen quietschend vorbei gerollt, melden sich auch unsere beiden rüstigen Seniorinnen wieder lautstark und rotzig zu Wort. Und während der Kupfer-/Säurezug langsam nach links in die Wüste verschwindet, jagen zwei schwarze Abgasfahnen in den Himmel und uns Schauer über den Rücken. Wir scheinen wieder mal Glück gehabt zu haben in diesem Urlaub. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Fotos im Anschlag, gleich wird das blau-gelbe Vergnügen um die Ecke toben, und wir wenig später auf der nahen Schotterpiste hinterher.

Weit geht es mit der Verfolgung nicht, haben die Luftraumspäher gemeldet. Und schon gar nicht bis Palestina, wo sich die Nord-Süd Linie und die Socompa-Strecke kreuzen und mit einem einfachen Gleisschenkel verbunden sind. Aber einige Kilometer und ein paar Bilder sollten schon drin sein.

Ruhe! Nichts kommt ums Eck getobt und nichts wird’s mit Bildern einer traumhaften Ausfahrt der beiden knapp 60-jährigen.

Ja wie jetzt? Es sah doch so gut, so vielversprechend aus. Aber die Rauchfahnen bewegen sich, unter erneutem Aufbrüllen der Motoren plötzlich in die falsche Richtung. Zurück in den Bahnhof und immer weiter, bis zu dessen Süd-Westende. Dort tauchen die Maschinen nun unvermittelt zwischen den abgestellten Altwagen auf, nur um gleich darauf wieder in der Gegenrichtung zu verschwinden.

Meterhohe Fragezeichen steigen über unseren Köpfen auf, und die werden so schnell nicht verschwinden!

Denn anscheinend hat man meinen Gedanken von eben, den mit den vielfältigen Rangiermöglichkeiten, dankend aufgenommen und hobelt nun wie verrückt immer hin und her. Zu Anfang geben wir uns noch der Hoffnung hin, dass der Zug den Weg „außen“ herum nimmt. Also mittels Umfahrung und dem Gleisdreieck vor uns, hinaus auf die Strecke geht. Dann entlockt das regelmäßige Auftauchen der Maschinen, mal mit mehr, mal mit weniger Wagen am Haken, nur mehr ein müdes Aufschauen.

Eine knappe Stunde geht das so, eine Stunde in der wir uns fragen, was das um Himmelswillen soll, dann scheint es plötzlich doch Ernst zu werden. Diesmal bleiben die Maschinen nicht am Ende der Weichenstraße stehen, nein sie rollen weiter. Weiter und hinein in das Umfahrungsgleis, und ja, auf direktem Weg auf uns zu. Nur, nach Zug sieht das nicht aus, was sie am Haken haben. Zwei kümmerliche Wagen sind es nur. Wollen die damit hoch zum Pass? Man wird sehen. Erstmal heißt es ran an die Apparate und für alles gerüstet sein.

Was jetzt beginnt, lässt sich nur schwer beschreiben und noch weniger verstehen….

Mit ihren zwei Wagen am Haken haben 401 und 412 das Gleisdreieck, welches die Umfahrung in beide Richtungen an die alte Nord-Süd Linie anschließt, auf dem östlichen Schenkel durchfahren. Nun stehen sie auf dem Streckengleis in Richtung La Calera.











Nachdem der Rangierer die Weiche umgelegt hat, drücken sie die Fuhre zurück, in Richtung des „roten Bahnhofsgebäude“, um nur wenig später aus dieser Richtung wieder auf zu tauchen, nun den westlichen Schenkel des Dreiecks befahrend und nurmehr einen Wagen am Haken.

Dieser wird anschließend im östlichen Schenkel abgestellt, während die beiden Maschinen, nun als Leerfahrt unterwegs, selbigen über das Gleisdreieck umfahren.





Rochade über das Gleisdreieck......HIER geht's zum Video!





Ohne Wagen geht es jetzt wieder hinaus auf das Streckengleis in Richtung La Calera, um danach, den nun „gedrehten“ Wagen wieder an den Haken zu nehmen.






Rangiermanöver mit Sinn oder doch nur Entertainment für die anwesenden Eisenbahn Enthusiasten? Egal, wir sind auf alle Fälle begeistert von der Show!.....HIER geht's zum Video





Mittlerweile haben die beiden Maschinen den im Gleisdreieck abgestellten Wagen wieder angekuppelt, um ihn danach wieder in den Bahnhof zurück zu drücken.






Ab in die Abstellung!.....HIER geht's zum Video!





Und WAS bitte war jetzt das??? Eisenbahn-Tetris, Rangiermanager 2.0 (analoge Version), Bespaßung ausländischer Eisenbahnfans, oder doch nur der Versuch, die verbliebene Arbeitszeit bis zum Schichtende irgendwie „sinnvoll“ auszufüllen, frei nach dem Motto „zahlen müssen wir sie ja so und so“…..???

Gut, Rangiermanöver in Südamerika sind von außen her gesehen nie logisch und nachvollziehbar. Diese Erkenntnis hat sich schon nach meinem ersten Besuch bei mir festgesetzt und seither immer wieder bestätigt. Aber was hier die letzten knapp eineinhalb Stunden abging, das ist nur noch sinnlos. Außer, es gibt eine Arbeitsanweisung bei Ferronor, dass die Wagen von Zügen jeden Tag nach einem anderen Schema gereiht werden müssen. An einem Tag die Wagennummern aufsteigend, am darauffolgenden dann nach Primzahlen, tags darauf nach den Geburtsdaten der Ehefrauen oder den Dellen im Rahmen….

Wir hören noch etwas in die Stille, die sich über die Bahnanlagen senkt und sehen dann ein, dass es wohl heute keine Streckenfotos der beiden Maschinen geben wird. Zeit für eine Veränderung. Und da kommt uns der Boxcar-Zug, der aus Richtung O’Higgins daher gekrochen kommt, genau recht.

Boxcar geht immer! Und wenn er dann noch von einem artreinen Spinnen-Trio gezogen wird, dann gleich doppelt. Bleibt nur die Frage: Wo verarzten? Am Bahnhofsausgang? Könnte ganz nett sein. Also nichts wie hin.





Mit einem Güterzug, bestehend aus Boxcars der bolivianoschen FCA, wummern 1420, 1417 und 1415 der FCAB durch den Bahnhof von Baquedano. Ziel des Zuges ist Bolivien.






Gubi, der sich etwas weiter vorne postiert hatte, versucht noch, sich mittels eines beherzten Sprints aus der Schusslinie zu bringen. Allerdings sind seine Bemühungen vergebens. Wir erwischen ihn doch!

Übrigens, vor dem blauen Häuschen kann man im Sand noch die Schienenköpfe der Ferronor Strecke hoch nach Iquique erkennen, die hier den Bahnhof verlässt.

Aber widmen wir uns wieder den mit dumpfem Grollen vorbei ziehenden, über 60 Jahre alten Maschinen, die Ihre Karriere in den 50-ern des letzten Jahrhunderts in Kanada begonnen haben.






Lok 1417, in Dienst gestellt im Jahre 1956 als CNR 929, bei der FCAB seit 1988.






Ebenfalls seit 1956 aktiv ist 1415, die ihr Lokleben unter der Nummer 911 bei der Canadian National Railway begann.












Wagen 11358 B4p der bolivianischen FCA








Ein Muster an Eleganz sind sie gewiss nicht, die Spinnen. Eher sehen sie archaisch aus, mit ihrem breiten, schweren Rahmen. Wie aus der Zeit gefallene Dinosaurier. Und schaut man sich das Jahr ihrer Entstehung an, versteht man auch das Design. Stammen die Maschinen doch aus den Anfangsjahren der flächendeckenden Verbreitung der Dieseltraktion.

Es sind rollende Relikte, die ein Fenster in eine andere Epoche aufstoßen. Und die, schaut man sich die Neubestellungen der FCAB an, wohl in nicht allzu ferner Zukunft den nächsten Schritt im Rohstoffkreislauf durchlaufen werden. Umso mehr freut mich, den Liebhaber solcher „Altertümer“, dieser Dreier! Und erst noch vor diesem Zug. Eine lange Schlange gedeckter Güterwagen, wo sieht man das heute sonst noch auf südamerikanischen Schmalspurgleisen.

Und auch wenn Nil kein ausgewiesener Spinnenfan ist, so ist er doch genauso Feuer und Flamme dafür, Baquedano Baquedano sein zu lassen und diesem Zug in die Wüste zu folgen.

Übrigens, wer sich jetzt fragt, was immer dieses „Spinnen“ als Bezeichnung soll. Es handelt sich um eine gruppeninterne Benennung, ähnlich wie „Tito-Lok“. Ein Wort, und jeder weiß was gemeint ist. Den Namen Spinnen haben sie durch die vielfenstrigen Fronten erhalten, die den Namensgeber an die Augen von Spinnen erinnert haben. Welch eine Phantasie! Aber, die Bezeichnung hat sich eingeprägt. Und sie geht flockiger von der Zuge als GR12UM (NF210)….

Verfolgen ist im Übrigen leichter gesagt als getan. Nicht, dass die Züge hier so schnell fahren würden, dass man nicht hinterher käme oder die Straßen so schlecht. Das Gegenteil ist der Fall, die Straße ist mittlerweile zu gut. Vierspurig ausgebaut und mit, wie hieß es doch so schön in der Fahrschule, baulich getrennten Fahrbahnen. Mal schnell links raus zur Strecke geht nicht mehr. Da muss man schon auf eine der Wendestellen warten, mittels denen man die Fahrrichtung wechseln kann. Die gibt’s aber nur in großen Abständen. Dafür sind sie so monströs ausgebaut, dass sich jede deutsche Autobahnausfahrt vor Scham in die Erde zurückzieht, aus der sie mal gestampft wurde.

Doch auch wenn man den Turn beizeiten geschafft hat, ist das noch lange keine Garantie dafür, an die Gleise zu gelangen. Ist doch die Straße auch hier zu beiden Seiten weitestgehend eingezäunt! Warum? Gute Frage! Wahrscheinlich hat man Angst, dass die hier grasenden Büffelherden unkontrolliert auf die Fahrbahn laufen könnten!

Also suchen wir uns einen Punkt aus, der gut anzufahren ist. Nämlich den Bahnübergang gleich hinter der Abzweigung, wo die Panamericana nach Norden von der Straße nach Calama abzweigt.

Zudem erfüllt die Stelle ein zweites, wichtiges Kriterium. Schließlich wollen wir DIESEN Zug in seiner kompletten Schönheit ablichten. Das heißt, wir brauchen weites Schussfeld und einen erhöhten Standort. Und aus dem Langzeitgedächtnis heraus sind wir uns sicher da geht’s.

Vor Ort stellen wir fest, unsere grauen Gehirnzellen funktionieren noch einwandfrei! Wenigstens meistens. Gut, ab und zu….

Wir haben sogar zwei Standorte zur Auswahl. Einmal einen weiter von der Bahn entfernten, aber dafür höher liegenden. Und einmal einen näher an der Bahn. Während Gubi und ich letzteren bevorzugen und dorthin zu Fuß marschieren, übernimmt Nil die Autoschlüssel und macht sich auf in die andere Richtung.

Heiß ist es mittlerweile. Heiß und absolut windstill. Das Thermometer meint 30°C. 30°C an einem schönen, sonnigen Wintertag. Aber, es ist halt Wüste. So ist marschieren mit Gepäck und klettern nicht gerade die angenehmste Beschäftigung, aber es ist ja nicht weit und auch nicht wirklich hoch. Trotzdem geht unser Blick, als wir auf dem Grad des Sandhügels stehen, sehnsüchtig hinüber zum nahen Bahnübergang, an dem ein Eisverkäufer den vorbeifahrenden Fahrzeugen seine kühle Erfrischung anpreist.





“Eisdiele“ am Bahnübergang. Für vorbeifahrende PWK- und LKW-Lenker bietet der Stand direkt an der Panamericana eine willkommene Erfrischung. Betrachtet man die Bauart der Bude genauer, bekommt das Wort „Diele“ durchaus einen zweideutigen Sinn.






Also wir wären bereit. Einzig der Zug fehlt! Kann es sein, dass wir ihm auf dem kurzen Stück so viel Zeit abgenommen haben? Unbarmherzig brennt uns die grelle Wintersonne auf’s Haupt. Schon fast unangenehm, trotz Basecap. Daher verzieht sich Gubi auch in den Schatten eines aufrechtstehenden Felsens der direkt am steil abfallenden Hang steht. Gut, es ist kein Felsen im eigentlichen Sinn. Es ist hart verbackener Sand. Darum meide ich auch das schattige Plätzchen, denn was aus Sand ist, kann durchaus auch mal einfach umfallen. Heißt aber im Gegenzug weiter in der Sonne warten und bruzzeln. Solange bis Gubi das erlösende „Zug“ ausruft und in eine Richtung deutet. Ich sehe zwar rein gar nichts, aber da er drauf beharrt hinter den Hügeln was gesehen zu haben, glaube ich es und bringe meine Kamera in Anschlag.





Zwischen Carmen Alto und Salinas schleppen 1420, 1417 und 1415 der FCAB einen langen Zug aus orangen Boxcars der Bolivianischen FCA in Richtung Calama.






Jawohl! Genauso haben wir uns das vorgesellt. Ausrüstung verstaut, Wasser in einem Zug geleert und dann zurück zum Treffpunkt, an dem Nil wenig später, eine Staubwolke hinter sich her ziehend, mit dem Auto wieder eintrifft.











Schlüsselübergabe, Platztausch und zurück geht’s in die Richtung, aus der er gekommen ist. Wir wollen uns irgendwo in Höhe der nächsten Ausweiche Salinas platzieren. Also, wir würden wollen, wenn uns nicht ein tiefer, ausgeschwemmter Graben den Weg versperren würde. Gut, hier war mal eine Straße. Und da drüben ging sie mal weiter. Soweit wäre ja alles o.k. Nur das „dazwischen“ scheint irgendwie abhandengekommen zu sein. Aber was sagt der kleine Pfadfinder in uns: „Wo du nicht drüber fahren kannst, fahr durch!“. Also zurück zum Ausgangspunkt und ab ins ehemalige, ja was, Flussbett ohne Fluss…











Es ist nicht zu übersehen, auch hier hat El Nino kräftig gewütet, haben Wassermassen die längst schon wieder verschwunden sind, alles mitgerissen, was ihnen im Wege stand. Übrigens, da rechts müssen wir hoch! Und von da links wären wir eigentlich her gekommen.

Nach einiger Zeit haben wir den ehemaligen Weg erreicht und klettern steil auf einer neuen, wilden Auffahrt hinauf. Da kann unser gutes Fotomobil mal so richtig zeigen, wie geländegängig es ist. Und der Fahrer auch. Prüfung bestanden!











Wir haben uns direkt an der Strecke aufgestellt. Schräg gegenüber ein Bautrupp, lümmelnd in einem Kleintransporter, davor ein Stück Schiene im Wüstensand und noch ein Stück weiter, der Grund warum der Boxcar Zug gerade eben bis auf Schritttempo herunter gebremst hat.





Der Minenverkehr muss rollen! Ohne Unterbrechnung. Und so stört auch ein fehlendes Stück Schienenkopf den Betrieb nicht. Im Schritttempo und rumpelnd geht es einfach über die Lücke hinweg. Solange, bis eine ausreichende Zugpause ansteht, in welcher der bereits gelangweilt neben der Strecke in einem Transporter wartende Bautrupp den Mangel beseitigen kann.






Wohlgemerkt, es handelt sich hier nicht um ein Nebengleis, es ist das Streckengleis von Baquedano nach Calama. Und der nächste Zug in Gegenrichtung wartet schon in der nahen Betriebsstation Salinas auf die Kreuzung mit unserem Boxcar Zug.





Hinten sieht man noch den Boxcar Zug verschwinden, während 1416, 2405 und 2501 ihre Wagenschlange aus dem Kreuzungsbahnhof Salinas heraus „beschleunigen“.






War die Zug gen Bolivien noch ein reinrassiger Dreier aus GR12UM, so ist vor den Gegenzug ein für die FCAB nur allzu typisches Loksammelsurium gespannt, bestehend aus drei unterschiedlichen Maschinen, aus drei verschiedenen Ländern.






Dreierlei a la FCAB! Begann die 1956 in Dienst gestellte 1416 ihr Lokleben bei der Canadischen Newfoundland Railway als Lok 910,….






….hat die 7 Jahre jüngere, und zwischenzeitlich umgebaute, 2405 ihre Wurzeln bei der Ferrocarriles Nacionales de Colombia.






Bei der am Schluss der Dreiergespanns laufenden 2501 handelt es sich dagegen um eine GT22CU. Eine Einzelgängerin im Park der FCAB, die früher in Argentinien für die Ferrocarril General Belgrano gelaufen ist. Und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie dabei auch den Socompa-Pass erreicht hat und ihrem jetzigen Einsatzgebiet „sehr nahe“ gekommen war.







Die Zugverfolgung zurück, in Richtung Baquedano, ist jetzt easy, sind wir doch diesmal auf der richtigen Seite des Highways unterwegs. Und da die Streckengeschwindigkeiten auch ohne fehlenden Schienenkopf sehr überschaubar sind, genügt es voll und ganz zügig dahinzurollen, nach einer Lücke im Zaun Ausschau zu halten und im richtigen Moment hinein und in die Wüste zu stechen.

Holpernd und hüpfend geht es durch die geschändete Landschaft, in der der jahrelange Salpeter Abbau seine Spuren zurückge- und seine Relikte hinterlassen hat. So wie die Oficina Sargent Aldea, eine Geisterstadt, wie es derer viele gibt in den Bergbauregionen im nördlichen Chile.





Entstanden zur Hochzeit des Salpeter Abbaus, ist Oficina Sargento Aldea nach dessen Niedergang zur Geisterstadt verkommen.






Vorbei an den Ruinen des Ortes und den Resten und Fundamenten der ehemaligen Industrieanlagen geht es den Weg hinauf auf eine Anhöhe, die einen guten Überblick über die Wüste und die vor uns liegende Senke mit der Eisenbahn bietet. Vom Zug selbst ist noch nichts zu sehen. Unglaublich, wieviel Strecke wir ihm auf die paar Kilometer wieder abgenommen haben.

Doch hier oben will jeder Schritt überlegt sein. Denn, merke, wir sind hier in einer Sandwüste und nicht alles ist so, wie es auf den ersten Blick aussehen mag. Manch fest wirkende Strukturen entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als Gebilde aus zusammen gebackenem Sand. Bedingt tragfähig und den Launen von Natur, Wind und Wasser ausgeliefert.

So stehe ich, nur wenige Meter von dem Ort entfernt wo wir uns und unser Tonnen schweres Auto aufgebaut haben, urplötzlich vor einem gähnenden Loch. Fast kreisrund taucht es unvermittelt hinter einen kleinen Geländewelle vor mir auf, ca. 3 m im Durchmesser und schier bodenlos. So tief ist es, dass das Sonnenlicht nicht bis zu seinem Grund reicht, sondern schon kurz hinter der Kante aufhört. 10 m schätzen wir, denn die beiden anderen, von mir gerufen, stehen nun ebenfalls nahe dem Rand und äugen hinab. Wer hier hinein fällt, kommt wohl nie wieder raus. Nicht auszudenken, wären wir, wie gewohnt im Vollsprint Richtung Gleise unterwegs gewesen.

Doch nicht allein die Tiefe ist es, ein Blick nach gegenüber lässt mich noch mehr gruseln. Dort, auf der anderen Seite des Loches ist noch etwas von der Deckschicht stehen geblieben, als das Wasser den Rest des Topfes ausgespült hat. Und diese Deckschicht spannt sich auf ca. 2 m², nur max. 5 – 10 cm dick über dem gähnenden Abgrund. Von oben nicht erkennbar. Wer, ohne es zu wissen, dort drauftritt, ist Sekunden später nach unten verschwunden!

Umso bedachter suchen wir nun unseren Standpunkt für den Zug, der sich nun langsam auf unsere Position hoch am Hügel zubewegt.






Durch die vom Salpeter Abbau durchwühlte Landschaft nahe der Oficina Sargento Aldea ziehen 1416, 2405 und 2501 einen Kuper- und Säurezug nach Westen.



















Vorsichtig, und ja nur die Fahrspur nicht verlassend, drehe ich um. Wer weiß, wo überall noch so Auswaschungen, wie die da eben, unter dem scheinbar festen Wüstenboden versteckt sind. Bevor wir aber wieder die Verfolgung aufnehmen, können wir es nicht lassen und werfen einen Blick in die Ruinenstadt. Etwas „gruselig“ ist es schon und es würde reizen hier mal mit etwas mehr Zeit durchzulaufen. Aber wir haben ja einen Zug! Und der will schließlich weiter verfolgt werden!

Aufpassen, aufpassen! Ja keines der hier überall herumliegenden Metallteile in die Reifen fahren, dann haben wir schaukelnd die Schnellstraße wieder erreicht. Vorbei am Zug und *hurra* hinein in den nächsten Sandweg, der uns durch den Zaun und hin zur Strecke führt. Aber Moment! Rundguck! Das kommt uns hier doch mal irgendwie bekannt vor! Aber fehlt da nicht was???





1428, 1420 und 1422 haben am 29.07.2013 die Estacción Cerrillos erreicht. Dort wird mit einem aus Calama kommenden Güterzug gekreuzt.






Langsam rollt der Gegenzug durch die Wüste heran. Eingerahmt zwischen 1421 und 1414, zwei Spinnen, sorgt in geduckter Haltung Lok 2003 mit für Traktion.






Wir sind an der Estación Corrillos angekommen. Und es braucht keinen Vergleich mit den Bildern von vor sechs Jahren und die Veränderungen festzustellen!

Standen hier mal Schuppen und Baracken für Bahnarbeiter, waren unterm Busch aus Kabelrollen gebaute Tische aufgestellt, herrscht jetzt nur Leere und Verwüstung. Die Container sind abgebaut und den Rest hat das Wasser auch hier getilgt. Nur einige abgestorbene Bäume und Büsche strecken noch ihre abgestorbenen Äste traurig in den blauen Winterhimmel. Ansonsten zeugen wenige Trümmer noch von dem, was hier mal stand.

Kaum sind wir zum Halten und Kamera bewaffnet aus dem Auto geklettert, nähert sich von hinten ein Pickup. An der Seite prangt groß Security und die beiden finster dreinblickenden Herren mustern uns eindringlich.

Wie jetzt? Gibt es erstmalig in Chile Ärger wegen Eisenbahn fotografieren? Privatgelände der Bahn und so? Fragende Blicke treffen sich! Wir recken die Kameras, und die beiden zucken mit den Schultern.

Jetzt dämmert’s! Die sind nicht wegen uns da, sondern wegen dem Zug. Denn wo ähnlich gelagerten Fällen in Europa Kabel und Fahrleitungen, wegen des enthaltenen Buntmetalls, auf unerklärliche Weise ihren Standort verlassen, neigen wohl in Chile Kupferplatten gelegentlich zum Herunterfallen von fahrenden Zügen. Daher die Kontrolle.

Und die Herren hatten auch nicht wirklich finster gekuckt, sondern nur leicht verwundert über unsere Anwesenheit. So können wir unbehelligt über die Gleise und zur Tat schreiten. Und während sich unser Fotoobjekt mit gemächlichem Tempo nähert, bauen wir uns neben zwei scheinbar hier schadhaft ausgesetzten Wagen auf.






Wohl mit einem Schaden ausgereiht, steht 11257 B4p der bolivianischen FCA, zusammen mit Wagen 792 der chilenischen FCAB, auf einem Nebengleis der Estación Cerrillos.






Wagen 792 der FCAB






Zwischenzeitlich hat auch unser Güterzug den Bahnhof erreicht und kann nun bei seiner Durchfahrt dokumentiert werden. An dieser Stelle nochmal Dank an den Dispatcher der FCAB, dass er „für uns“ die Spinne als erstes eingereiht hat. Wird es doch diese Dieselveteranen, wie bereits erwähnt, aller Wahrscheinlichkeit nach, bei der anstehenden Erneuerung des Lokparks mit als erstes Treffen. So ist jedes Bild, welches wir in diesem Urlaub von diesen Urgesteinen schießen, evtl. das Letzte!






Deutliche Spuren hat der letzte El Niño hinterlassen, als eine Sturzflut sich durch die Estación Cerrillos ergoss und das Umfeld verwüstete. 1416, 2405 und 2501 erreichen unter den wachsamen Augen eines Sicherheitsdienstes die Station. Deren Interesse an den anwesenden Fotografen erlosch abrupt, als klar war, dass diese es nur auf das vorbeirollende betagte Blech und nicht auf die geladenen Kupferplatten abgesehen hatten.












Nochmal ein seitliches Porträt der 1416, die zum Aufnahmezeitpunkt stolze 63 Betriebsjahre auf dem Buckel hat. Seit 1988 bei der FCAB war sie vorher unter der Nummer 910 in Diensten der Canadian National Railway unterwegs. Mal ehrlich, so im rechten Winkel kommen sogar diese ansonsten doch recht skurril wirkenden Maschinen richtig gut, oder?



















Gemütlich schlendern wir zurück zum Auto, um dem Sicherheitsdient zu folgen, der schon längst wieder oben auf der Hauptstraße ist, den nächsten „Kontrollpunkt“ ansteuernd.

Wir lassen den Zug jetzt mal Zug sein. Drei schöne Vorbeifahrten haben wir von ihm im Kasten und die nächsten Stellen sind jetzt nicht so, dass man sie unbedingt haben müsste. Dafür laufen wir auf eine einzelfahrende Spinne mit Wagen voll Kupferplatten auf, und die ist natürlich nun gleich wieder interessant. Aber schon nahe an Baquedano bleibt „nur mehr“ die Bahnhofsdurchfahrt. Aber in der Richtung haben wir noch gar kein Bild, also ideal. Zudem lassen sich, quasi als Rahmenprogramm, auch noch der ein oder andere dort abgestellt Wagen ablichten.






Erst einmal ein Bild von Säurewagen EEA523 der Ferronor. Dahinter, fast komplett verdeckt, alte Personenwagen mit Oberlichtern, die jedem Western Ehre machen würden.






Dann rollt 1429, aus Calama kommend, mit einem kurzen Zug mit Kupferplatten vorbei am Bahnhofsgebäude von Baquedano…..






…..und weiter in Richtung Prat. Im Hintergrund übrigens eine Reihe Schüttgutwagen, die wir bislang noch nie auf der Strecke gesehen haben und deren Zweck wir uns auch nicht wirklich erklären konnten. Schotterwagen für die Streckensanierung?






Noch groß mit FCN beschriftet ist der Boxcar BCR113.






Und zum Abschluss noch ein Bild des SI-3, der ideal für einen vorher-nachher Vergleich abgestellt wurde. Zeigt sich doch hinter ihm einer der Wagen, aus denen auch er entstanden ist.






Der Blick auf den Begleitwagen des ominösen Ferronor Zuges offenbart nicht nur, aus welchen Spenderwagen er entstanden ist, steht doch ein solcher in leicht desolatem Zustand gleich dahinter, nein, wie der aufmerksame Beobachter zweifelsfrei sofort bemerkt haben wird, es fehlen die beiden GR12U von heute Morgen!

Sollte das etwas bedeuten, man hat den Zug heute wirklich zurecht rangiert, um ihn dann morgen hoch zum Pass zu schicken? Oder sind die großen Jungs nur des Spielens müde geworden, haben die Loks in die Packungen zurück gelegt und sind nach Hause gegangen?

Wir sind des Spekulierens müde und lassen den Zug Zug sein. Wir sind morgen an der Socompa Linie, da werden wir sehen was passiert und ob was passiert in Sachen blau-gelb.

Mehr beschäftigt uns im Augenblick die Spinne von eben, die ist nämlich immer noch im Kriechgang unterwegs. So bietet sich uns die Gelegenheit, wenn wir jetzt etwas hurtig in die Gänge kommen, eines weiteren Fotos. Und wie gesagt, Spinne geht immer…

Zudem gibt es Nil die Gelegenheit seine Spinnentheorie weiter zu spinnen. Schon im Laufe des Nachmittags warf er die Frage in den wüsten Raum, ob uns schon aufgefallen sei, dass es hier von den Maschinen nur so „wimmeln“ würde, während man hinterhalb von Calama noch nie eine zu Gesicht bekommen hätte? Stimmt, da hat er eigentlich Recht. Und was wäre die Folgerung daraus? Das es doch dann durchaus sein könnte, dass man von Seiten der FCAB, Züge die weiter in Richtung Bolivien fahren, wie zum Beispiel den Boxcar Zug von vorhin, in Calama von eben diesen Spinnen auf FCA Loks umspannen würde!

Nette Theorie! Die könnte mir gefallen, auch wenn ich nicht so wirklich an sie glauben mag. Aber sie ist schlüssig und es wäre einfach nur g…, wenn wir die Japaner auf der Strecke verfolgen könnten.

Aber nein, warum sollte die FCAB fremde Loks regelmäßig über solche Distanzen auf ihrem Netz laufen lassen? Lokmangel scheidet da doch eher aus. Und hätte man dann nicht auf viel mehr Bilder sehen müssen? Wer weiß….

Zudem nagt ein kleiner Zweifel an mir, ein ganz kleiner…. *grins* Sollte das plötzliche Interesse an einer einzelnen Baureihe nicht darin begründet sein, dass man sich noch weiter nach Norden, in die sonnige Wüste, und noch weiter weg vom regnerischen Breitspur-Süden begeben müsste???

Ein Schelm der Böses dabei denkt….





1429 verlässt langsam den Bahnhof von Baquedano. Während der Wasserturm links am Bildrand schon längst ausgedient hat, haben die rechts im Hintergrund abgestellten ehemaligen „Australier“ noch ein zweites Leben bei Ferronor vor sich.






Während Nil und ich uns entstauben und auf die Rückfahrt in Richtung Antofagasta vorbereiten, ist Gubi schon eifrig dabei, uns eine Unterkunft zu besorgen. Dass er dabei ein „Apartment-Hotel“ aus dem Hut zieht, kann mich gerade nicht so begeistern. Assoziiere ich doch damit eine „abgeranzte“ Wohnung ohne Infrastruktur außer herum, die Durchreisenden zwecks Nächtigung überlassen wird.

Aber es ist Gubi der ausgewählt und gebucht hat. Und was Gubi auf den letzten Reisen an Übernachtungen organisiert hat, war meist einfach nur gut! Also traue ich ihm, auch wenn ein kleines Restgrimmen in der Magengegend bleibt. Wie ist man doch über die Jahre anspruchsvoll geworden in Sachen Unterkunft.

In der Restsonne geht es zurück in die Hafenstadt am Pazifik. Nahe der Estación Prat queren wir die Gleise hoch zum Cumbre und nein, wir können der Versuchung nicht widerstehen. Zweimal diesen Streckenabschnitt ignorieren, an einem Tag? Geht gar nicht! Und so nutzen wir die einzige Zufahrt die weit und breit geblieben ist, seit die Straße hinüber Richtung Meer auch konsequent ausgebaut und dabei ebenfalls eingezäunt wurde. Man erinnere sich, die Sache mit den grasenden Büffelherden!

Breit und eben ist die Schotterpiste, die uns direkt zum Bahnhof am Scheitel bringen soll. So breit und eben, dass sich ganz natürlich eine starke Anziehungskraft zwischen Gaspedal und rechtem Bein des Fahrers ergibt. Doch kaum nähert sich die Nadel einer äußerst runden Zahlenkombination, schallen auch schon mahnende Worte durch Chassis, die von spitzen Steinen und Platten reifen künden. Nur widerwillig ziehe ich die Spitze meines rechten Fußes wieder zu mir heran und Gedanken geistern durch meinen Kopf, die mit „ach, so ein Qua…..“ in etwa höflich umschrieben sind. Aber gut, es stimmt ja, eine Reifenpanne muss man jetzt hier und kurz vor Einbruch der Nacht nun wirklich nicht mehr riskieren.

Also chauffiere ich die Gesellschaft, nebst fahrbarem Untersatz, gewissenhaft und mit Vorsicht bis zum Bahnübergang, der ziemlich mittig die Gleise der Station schneidet. Doch weder hier, noch weiter oben an der westlichen Einfahrt, wohin wir uns zwecks Ausnutzung der aller-allerletzten Sonnenstrahlen verschoben haben, lässt sich etwas fahrbares Blicken. Nur ab und zu weht ein dumpfes Grollen eines schweren Dieselmotors herüber. Doch anstatt bergwärts kämpfender Schienentechnik aus Nordamerika, sind es LKW’s die auf der etwas ab von uns liegenden Straße den Pass überqueren. So bleibt uns nur, neben frösteln in der kalten Luft die vom Meer her weht, der Blick auf die durchaus moderne Technik, die hier zur Vereinfachung des Betriebes verbaut ist.











Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Nein, wäre schnell erzählt, wenn alles so ….. Aber vielleicht der Reihe nach.

Mit „angezogener Handbremse“ geht’s zurück auf direktem Weg zur Hauptstraße. Hinunter in Richtung der schmalen Küstenebene lassen wir unseren Blick immer wieder hinüber zur Bahn schweifen. Dann der Abzweig rechts, weg nach Mejiolles, die einschwebende 737 über unseren Köpfen, die der hell erleuchtete Landebahn des Flughafens entgegenstrebt, das grüne Land um uns, das graubraun der Berge zur linken und das graublaue Meer zur rechten, alles getaucht in die letzten Lichtstrahlen des Tages, geht es zu auf die hell erleuchtete Silhouette von Antofagasta.

„Immer gerade, gerade“, so die Ansage des Hotelfinders. Eine Anweisung die ich nach einem langen und ereignisreichen Fototag nur zu gerne höre. Immer an der Küstenlinie entlang. Immer auf der Hauptstraße. Da der Abzweig, auf dem wir Antofagasta heute Morgen verlassen hatten, dort das Bahngelände mit Rangierbahnhof, Bw und den abgestellten Personenwagen, hier das bemalte Haus, und hier, hier sollte irgendwo das Appartement sein. Da, rechts rein zur Mall. Soweit, so gut! Hier ist auch ein hohes Gebäude. Nur steht da nicht ansatzweise was von Hotel oder Apartment. Und da der Pin auf der Karte auch nichts Eindeutiges anzeigt, geht es erstmal weiter.

Halb haben wir das große Einkaufszentrum auf der Wasserseite schon fast umrundet, dann ist klar, dass hier ist nicht zielführend. Also wenden! Wie war das mit der „entspannten Anfahrt“? Nicht das es Mords schwierig wäre, was jetzt folgt. Aber auf einer Zufahrt, eingekeilt in zwei Kolonnen, eine hin, eine zurück, an einer Stelle, wo wenden eigentlich NICHT im Anforderungsprofil der Straße stand, kann schon nerven. Also wieder zurück, an dem schönen Gebäude vorbei, welches wir als Ziel schon im Auge hatten, an der Tankstelle von heute Morgen, einmal das bemalte Haus umrundet, auf Fahrspuren, die nicht unbedingt für dieses Manöver vorgesehen sind, passieren wir wieder die Zufahrt zwischen Hochhaus und Mall. Blick diesmal wieder nach rechts! Das müsste, das sollte es eigentlich sein. Wie jetzt? Ja oder nein? Ja, keine Ahnung! Von hinten wird gedrängelt. Also geht es weiter, inkl. drehen im fließenden Verkehr. Diesmal gleich vorne, an der Tiefgaragenausfahrt des Centers. Auch der Platz ist für ein solches Manöver zwar nicht vorgesehen, für mich aber einfacher. Und hey, wer will uns schon freiwillig rammen. Also kann man sich schon mal quer stellen! Die anwesenden Chilenen tragen es mit Fassung und mit stoischer Ruhe.

Hoher Gebäudekomplex diesmal wieder zur linken. „Doch, da müsste es sein!“ …. „Fahr mal da auf den Platz davor!“ Muss man mir nicht zweimal sagen. Rüber über den niedrigen Fahrbahnteiler aus Beton, nochmal dreh ich die Runde über die Hauptstraße nicht. Zudem, warum fahren wir ein geländegängiges Fahrzeug?

Kaum zum Stehen gekommen, haben Gubi und Nil ihren großen Auftritt. Behände geht es aus dem Auto, mal hier hin, mal da hin, mal hier gefragt, mal dort. In der Zeit sitze ich gespannt und müde auf dem Fahrersitz, wartend, dass jemand kommt und sich an meinem Stellplatz stört.

Dann sind beide wieder da. Sie haben das Rätsel gelöst, das Büro der Vermietung entdeckt und wissen auch, wo man das Auto abstellen kann. Also, letzteres denken sie zumindest zu wissen. Denn als wir, nach erneutem Wendemanöver und Umrundung des bemalten Hauses in die Tiefgarage einfahren, ist die richtige Parkplatzwahl nicht mehr so sicher. Egal, das Teil ist gähnend leer. Also erstmal einchecken, dann fragen und dann ggf. richtig umparken.

Und genauso läuft es auch. Nicht aber ohne vorherigen wow-Effekt. Denn meine Vermutung ist in Teilen richtig. Es handelt sich um normale Einzimmerappartements, die eigentlich als Wohnung vorgesehen sind, sparsam eingerichtet, aber, entgegen meiner Befürchtungen, einfach nur toll!!! Hoch modern, mit großer Panoramascheibe hinaus auf Stadt, Hafen, Berge und Meer, verglastem Balkon, super Bad und tollem, bequemen Bett. Und alles blitz sauber!

Danke Gubi! Danke für Deinen Riecher in Sachen guter Unterkünfte!

Der jetzt noch bleibende Tagesablauf ist nun wirklich schnell erzählt. Kurz ruhen und restaurieren, während draußen mit Pfeifen und Gebimmel eine kleine Diesellok der FCAB eine endlose Schlage, mit Kupfer beladener Flachwagen die Straße entlang zum Hafen zieht. Leider bin ich zu langsam und bis die Kamera schussbereit ist, verschwinden die letzten Wagen schon im Dunkel.

Dann geht es munter quatschend und bestens gelaunt hinüber zur Mall, auf eine Runde Fastfood. Zu mehr reicht der Elan heute nicht mehr. Nach der, für nicht Muttersprachler, durchaus chaotischen Essensausgabe, ziehen wir uns unsere Kalorienbomben rein, schlendern noch etwas entlang der Schaufenster, um dann doch recht flott wieder in unsere Wohneinheiten und die dort vorgehaltenen Liegemöglichkeiten zu schlüpfen. Zufrieden und glücklich über den heutigen Tag!

Morgen geht’s früh raus, morgen geht’s Richtung Socompa. Neue Strecke, neues Glück, neue Motive! Wir sind schon mächtig gespannt!