Einmal nach Seattle... eh Sils please! (1)

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Prolog

Traditionellerweise sind die Sommerferien bei mir reserviert für Ferien mit meiner Partnerin. Dieses Jahr war da keine Ausnahme die die Regel bestätigt, sondern Courant Normale. Überhaupt nicht normal waren aber die äusseren Begleitumstände. Wir waren letzten Sommer im Osten der USA unterwegs. Beim Besuch des Acadia Nationalparks hatten wir die diesjährigen Sommerferien quasi schon vorgespurt, indem wir dort einen Jahrespass für die National-Parks der USA gekauft hatten (siehe hier: https://bahnbilder.ch/travelogue/680 ). Die ursprünglich geäusserte Idee war ab der Westküste eine Nationalparktour bis hin zum Yellowstone NP zu machen. Auf dem Weg dahin gab es genügend andere Nationalparks, so dass sich der Kauf des Jahrespasses mehr als lohnen würde.
Im Verlaufe des Herbst 2019 konkretisierten wir die Planung. Es stellte sich dann aber heraus, dass wir für die zur Verfügung stehenden zwei Wochen zeitlich eher knapp drin sind, als dass es bis in den Yellowstone NP reichen würde (Ok, reichen schon, aber mit langen Fahrtagen und viel Hetzerei - muss nicht sein). Es kristallisierte sich dann die Route Seattle - San Francisco raus. Dazwischen hat es mehr als genug Highlights um zwei Wochen schlau verbringen zu können. Um Weihnachten herum buchten wir dann die Flüge. Mit United Airways geht es von Zürich via Frankfurt nach Seattle (Ok, eigentlich fliegt da Lufthansa...) und dann knapp zwei Wochen darauf von San Francisco direkt nach Zürich zurück. Der Februar kam und ich verbrachte mal fast den ganzen Monat zusammen mit einem Kollegen in den USA - eine kleine Auszeit zu meinem kürzlich erlebten 40igsten. Der Interagency-Pass kam dabei auch schon mal zum Einsatz mit einem Besuch des Crater Lake NP (die ganze Story dazu gibt es hier: https://bahnbilder.ch/travelogue/690 ). Ja und dann kam der März und unsere angedachten Pläne gingen bachab wie bei vielen anderen hier auch. Plötzlich beherrschte Corona die Welt und an Fernreisen war schlicht nicht mehr zu denken. Wir entschlossen uns vorerst abzuwarten. Ende April gab uns United Airways die Möglichkeit die Flüge kostenfrei zu stornieren. Nach kurzem hin und her beschlossen wir dies zu machen. Es war nicht absehbar ob im August die USA wieder erreichbar sind. So haben wir nun bei United etwas Guthaben und hoffen, dass wir das vielleicht nächstes Jahr für angedachte Ferien in den USA einsetzen können. Mal sehen...
Doch zurück ins Jahr 2020. Unsere Ferienpläne für den Sommer hatten sich in Luft aufgelöst, Zeit neue Pläne zu schmieden. Wir warteten vorerst mal etwas ab. Pfingsten verbrachten wir dann mal wieder auswärts, wir besuchten die Eltern meiner Partnerin Desi im Bündnerland. Am Pfingstmontag nahmen wir nicht den direkten Weg nach Hause, sondern bummelten zuerst noch etwas mit dem Zug durchs Bündnerland. Wie wir durch das malerische Landwassertal kurvten, kam das Thema Ferien wieder aufs Tapet. Eigentlich bedurfte es keiner grossen Diskussionen mehr. Quasi zeitgleich hatten wir beide die gleiche Idee: Wenn es schon nicht weit weg geht: wieso nicht mal ganz in der Nähe Ferien machen? Das Risiko für gecancelte Ferien innerhalb der Schweiz ist soweit überschaubar. Irgendwelche Einreiseprobleme oder nachfolgende Quarantäneprobleme dürften so hoffentlich nicht auftreten. Und schöne Gegenden hat es ja auch. Die Wahl fiel recht bald aufs Engadin. Im Dreieck Pontresina / Samedan / St. Moritz fanden wir aber keine akzeptable Unterkunft, dafür gab es dann in Sils im Engadin was passendes. Wir buchten noch gleichentags (mit Stornomöglichkeit) eine Ferienappartement für eine Woche. Anfangs August war dann soweit klar, dass der Reise ins Bündnerland wirklich nichts entgegensteht und so buchten wir noch einen Mietwagen. Der Entscheid die USA Pläne für 2020 ad Acta zu legen war nach wie vor ein Guter: Mit Stand heute wären wir nicht reingekommen und wenn es gegangen wäre: Sinnvoll wäre es angesichts der Situation in Amiland definitiv nicht gewesen. Und auch innerhalb Europas sind jenste Destinationen nicht so wirklich erreichbar oder dann mit Problemen bei der Rückkehr garniert. So gesehen: alles richtig gemacht :)

Ach ja: wie immer bei Ferien mit meiner Partnerin gilt natürlich, dass es nicht primär um Bahnfotos geht, sondern die Mehrheit der Fotos mit etwas Vorausplanung eher nebenbei entstanden. Dank recht verlässlichen Fahrplänen und dichtem Verkehr hier in der Schweiz gestaltete sich das Ganze einfacher als z.B. in Amiland, so dass auch die Ausbeute aus der Ferienwoche recht hoch ist. Nichtsdestotrotz entstanden die allermeisten Fotos eher im Vorbeifahren.


Samstag 8.8.2020

Ja und dann war der erste Ferientag da - zumindest für mich. Meine Partnerin war wie üblich am Samstag noch am arbeiten. Da ich den Mietwagen bereits am Freitag Abend abgeholt hatte, gab es heute eine kleine Bahnfototour durch den Kanton Bern.
Frühmorgens ging es los nach Kandersteg an die Früh-Morgenstelle kurz hinter dem Bahnhof um einige Autozüge im Licht zu erwischen. Vor Ort stellte sich dann aber schnell heraus, dass ich zu spät im Jahr unterwegs war. Bereits ist die Sonne wieder zu tief, respektive die Tage zu kurz, als dass ich die Stelle in Sonne erwischt hätte. Ausser Spesen nix gewesen...
So ging es zurück nach Thun, respektive nach Uttigen. Es drückte der samstägliche Railcare-Güterzug von Niederbottigen nach Gwatt. Vor Ort war die Stelle zwar passend ausgeleuchtet, jedoch musste ich feststellen, dass der Zug rund eine Stunde vorzeitig verkehrte und ich demzufolge nicht 30min Reserve hatte, sondern 30min zu spät vor Ort war - ärgerlich. Ich hatte gerade etwas das Gefühl, dass sich dieser Tag gerade nicht nach meinem Gusto entwickelt. Wirklich viel spannendes war in nächster Zeit hier auch nicht zu erwarten. So ging es etwas früher als gedacht in Richtung Burgdorf, war doch die Idee ab Mittag an der Stammstrecke einige Fotostellen aufzusuchen, welche sonst mit ÖV nur mässig erreichbar sind. Da ich Zeit hatte, wurde der Weg auf Hauptstrassen entlang der Emmentalbahn dem Weg über die Autobahn vorgezogen. Während ich bei Oberdiessbach den nach Thun fahrenden Regionalzug knapp verpasste, passte es dann dafür in Biglen:

RBDe 566 242-4 als Regionalzug R6415 bei Biglen


Bald danach war ich hinter Burgdorf, wo ich mich kurz nach dem Nordportal des aus den Erzählungen von Friedrich Dürrenmatt bekannten Burgdorfer Tunnel (-> https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Tunnel_(Dürrenmatt) ) hinstellte. Schon kurz darauf folgte als erstes ein hier eigentlich nicht hemischer Lötschberger der BLS:

Leermaterialzug 32136 Luzern - Bern zur Überfuhr des RABe 535 112-7 in den Unterhalt. Infolge Sperre der Linie durchs Entlebuch wegen Bauarbeiten verkehren die Züge über Zofingen.


Im Blockabstand schickte BLS Cargo dann einen Güterzug vorbei:

Re 475 411-5 mit dem Güterzug 40127 Rotterdam Waalhaven - Melzo Scalo


Vor der Eröffnung der Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist quälte sich hier der ganze Verkehr zwischen Bern und Olten durch. Heutzutage sind in der Regel nur noch halbstündliche RegioExpress/Interregio, sowie Güterzüge auf dem Fokus. Kurz nach elf fuhr mir dann dann ersteres in Form des Interregio IR2364 vor die Linse:

RABe 511 105-4 als Interregio IR2364


Quasi im Blockabstand folgte nochmals ein Güterzug, diesmal aber kein Transitgüterzug, sondern die Überfuhr 62226 aus dem RB Limmattal nach Bern Weyermannshaus:

Re 430 356-6 mit dem Überfuhrgüterzug 62226 RB Limmattal - Bern Weyermannshaus


Anschliessend hatte ich es hier gesehen. Für die nächsten Minuten war auch kein Güterzug mehr auf dem Plan und so hatte ich Zeit für einen Stellenwechsel. Über Wynigen und Riedtwil hinaus ging es bis zur bekannten Überführung bei Bollodingen kurz vor Herzogenbuchsee, welche nun passend im Licht war.
Kaum aus dem Auto fuhr mir auch schon der nächste RegioExpress um die Nase. Es reichte für eine Notschlachtung, mehr aber nicht. War aber auch egal - die RE/IR aus RABe511 kommen halbstündlich vorbei. Erste wirklich interessante Zugsleistung war dann ein Güterzug von SBB Cargo

Re 484 002 und 009 ziehen gemeinsam den 43703 Hannover-Linden Hafen - Novara Boschetto durch Bollodingen


Zwischenzeitlich drücke der Hunger. Da zwischen zwei halbstündlichen IR/RE nichts an Güterzügen im Plan war, fuhr ich kurzerhand zur Landi in Riedtwil um mich mit was essbarem einzudecken. Es reichte locker zum nächsten RE zurück. Im Schatten eines Baumes wartend konnte ich nun genüsslich ein Sandwich verspeisend auf den Zug warten.

RABe 511 111-2 als RegioExpress RE2820 in Bollodingen


Hinter einem P-Zug folgt ein G-Zug: Diese Regel war auch jetzt wieder mal passend, indem BLS Cargo mit einer RoLa auftauchte.

Re 485 020 mit der RoLa 43617 Freiburg im Breisgau - Novara Boschetto in Bollodingen


Der nächste IR war dann eher ein Reinfall, indem der voll mit einem Güterzug aus Süden bei mir durchging. Ich blieb aber nochmals rund eine Viertelstunde länger um nochmals einen Güterzug abzulichten. Erneut war es was der BLS.

Nicht mehr unbedingt ein schönes Bild geben aktuell die Re 465 ab. Im Hinblick auf die anstehenden Komplettrevisionen wird nur noch das nötigste gemacht. Während die 465 014 noch einigermassen passabel aussieht, ist die 465 017 inzwischen ziemlich verranzt im Aussehen. Die beiden Loks sind mit dem 40169 Aachen West - Domodossola II beschäftigt


Auch wenn ich wusste, dass die Lichtsituation nicht besser wurde, erschrak ich gerade etwas aber der doch schon sehr knappen seitlichen Ausleuchtung. Irgendwie hatte ich mich da voll verschätzt. Es war ein weiterer Güterzug im Anrollen. Die Planung den noch hier mitzunehmen und dann einen Stellenwechsel vorzunehmen war nach dem Bild Makulatur und ich machte mich unverzüglich auf den Weg in Richtung der bekannten Fotokurve zwischen Wynigen und Burgdorf. In Riedtwil überholte ich den soeben fotografierten Güterzug mit den beiden Re 465. Der wurde hier ins Nebengleis gestellt, wohl zwecks Pause oder Überholung. Mir war dies recht - der kommt dann allenfalls nochmals vor die Linse.
Die Idee mit der Fotokurve war nicht nur meine Idee für heute Nachmittag: Bereits standen drei Fotografen vor Ort - den einen kannte ich sogar. Ich stellte mich auch mal hin und harrte der Dinge die da kommen. Lange warten musste man nicht, denn wie erwähnt: es war was im anrollen:

Re 475 410 und Re 486 508 mit dem 43543 Geleen-Lutterade - Padova Interporto bei Burgdorf


Wie vorhin in Bollodingen war auch hier halbstündlich entweder ein RegioExpress oder ein Interregio pro Richtung im Plan. Trotz der zwei Zugskategorien äussert sich das in Bezug auf das eingesetzte Rollmaterial nicht als besonders abwechslungsreich: beide Male ist es ein RABe 511 der SBB. Das wird sich erst im Dezember ändern. Die RE werde dann durch das BLS Pendant in Form der RABe 515 MUTZ ersetzt, die IR meines Wissens teilweise durch Traverso der SOB.

Interregio IR2822 bei Grafeschüren


Im Schlepptau hatte der RE den zuvor schon einmal fotografierten 40169 der BLS, welcher zwischenzeitlich in Riedtwil ausgestellt war:

Re 465 014 und 017 mit dem 40169 Aachen West - Domodossola II bei Grafeschüren


Und es ging weiter mit BLS Zügen, denn eine Viertelstunde später war eine 186 auf dem Weg nach Süden:

186 109 mit dem 43525 Zeebrugge-Ramskapelle - Piacenza bei Grafeschüren


Ich verschob mich dann etwas im Gelände um die Gegenrichtung fotografieren zu können:

Interregio IR2373 bei Grafeschüren


Ziel war aber nicht primär der IR, sondern das was er im Schlepptau hatte. SBBCargo schickte einen Nahgüterzug durch.

Re 430 356 mit dem Nahgüterzug 50613 Schönbühl - RB Limmattal bei Grafeschüren


Ich wechselte zurück an die vorherige Stelle und floss weiter vor mich hin. Nebst gut 30°C war es heute auch irgendwie ziemlich schwül. Jedenfalls war ich froh, konnte ich mich am Waldrand im Schatten hinstellen, so war es einigermassen erträglich. Erneut flitzte ein RABe 511 durch. Dann waren zwei weitere Güterzüge kurz hintereinander im Plan, auf die ich warten wollte.

Re 475 412 und 186 103 mit dem 43557 Geleen-Lutterade - Gallarate bei Grafeschüren


Ich erschrak schon wieder - irgendwie hatte ich es heute nicht so mit idealem Timing. Der Sonnenstand war doch schon wieder arg weit rum. Da der zweite Zug aber quasi im Blockabstand kam, war ein Wechsel ausser Frage:

Re 465 015 und Re 425 184 mit dem 43761 Krefeld-Linn - Mortara bei Grafeschüren


Nun war es aber definitiv mehr als Zeit für einen Stellenwechsel. Zwei weitere Güterzüge sollten in der nächsten halben Stunde folgen. Die hier zu machen war sinnlos (zumindest aus meiner Sicht - der übrig gebliebene Kollege sah das anders). Grosse Sprünge erlaubte die Situation nicht, aber gleich um die Ecke liesse sich was machen. Solief ich die paar hundert Meter dorthin.
Das unangenehme war nun aber etwas, dass ich einerseits direkt an der Hauptstrasse stand, andererseits weit und breit kein Schatten vorhanden war in dem man warten konnte. So liess ich mich halt braten. Zum Glück kam schon bald was - natürlich ein RABe511 - auf die ist verlass.

Interregio IR2372 bei Grafeschüren


Ein paar Minuten darauf kam dann auch der erste der beiden Güterzüge. SBBCargo war mit einem Duo Re 474 und BR193 unterwegs - Zwei Generationen von Siemens Produkten:

Re 474 002 und 193 523 mit dem 43413 Rotterdam Europoort - Novara Boschetto bei Grafeschüren


Kurz danach folgte auch der Zweite Güterzug, diesmal war wieder BLSCargo Traktionär:

Re 475 404 und 401 mit dem 43531 Zeebrugge-Ramskapelle - Novara Boschetto bei Grafeschüren


Damit war für mich der heutige Tag fotografisch beendet. Meine Partnerin und ich waren heute Abend noch bei einem Kollegen zu einer Grillparty eingeladen - so quasi Ferien endgültig beginnen. So machte ich mich auf den Weg nach Hause.

Wie es dann gemeinsam weiter ging - davon erzählt dann der nächste Teil der Serie.