Vielleicht kommt ja noch ein Güterzug! (4)
Von Pascal Zingg
Freitag 9.10.2020Nach rund einer Woche gab es zwei Dinge, die uns ein bisschen aufs Gemüt schlugen. Einerseits hatte der Verkehr nicht das gehalten, was wir uns versprachen. So war neben «Vielleicht kommt ja noch ein Güterzug» auf dech liebe SEV zum Running Gag geworden. Neben dem unbefriedigenden Verkehr, war aber auch das Wetter nicht wirklich auf unserer Seite. Einmal war es launisch schlonzig und am anderen Tag einfach nur noch schlecht. Kam dazu, dass vorausgesagte Schönwetterperioden vom einen auf den anderen Tag gecancellt wurden. Ähnlich sollte sich auch an diesem Wochenende zutragen. Ursprünglich hatten die Wetterlügner vom blauen Meteo vorausgesagt, dass es ab Freitag besser werden sollte, dann schob sich das aber immer weiter nach hinten. Schliesslich war es an diesem Morgen statt strahlendblau einfach nur bedeckt und regnerisch. Wenig begeistert ob dieser Situation entschlossen wir uns das Beste draus zu machen und wenigstens die eine oder andere Stelle zu erkunden. Während Huerz das Steuerrad in die Hand nahm, dirigierte ich ihn der Strecke entlang von Bahnübergang zu Bahnübergang in Richtung Lovech und Levski. Beim Bahnhof Lovech Server erspähten wir dabei einige E-Wagen, die gerade beladen wurde. Die gute Nachricht war damit, dass es auf dieser Strecke noch Güterverkehr gab. Wenig motiviert stellten wir uns wenig später bei Doyrentsi an einen Bahnübergang und dokumentierten einen Desiro bei Nichtlicht an einer mässig tollen Stelle.
Als wir in der Folge bei Letnitza auf einen geschlossenen Bahnübergang trafen, konnte dies nur eines bedeuten: Da kommt ein Güterzug! Dachten wir zumindest, was kam war die gelbe Gefahr in Form einer Stopfmaschine. Da wir beim anschliessenden Blick in den Bahnhof von Levski keine Ludmilla ausmachen konnten, ging es gleich weiter an die Strecke nach Svishtov. Wobei bei Dragomirovo das nächste Belegbild gemacht wurde.
Da die Strasse nach Oresh hinter Dragomirovo in einem See verschwand, fuhren wir Svishtov direkt an. Hier stand die abgestellte Ludmilla 07 065.
Da die Lok nicht eingeschaltet war und auch keine Wagen dran hatte, fuhren wir weiter, um kurz vor Oresh einen weiteren P-Zug zu erlegen.
Da sich das Wetter unterdessen kaum gebessert hatte, beendeten wir nun unsere Sichtung und verschoben uns in Richtung Vraca, dass uns als Homebase für die Iskarschlucht dienen sollte. Durch den frühen Aufbruch, hatten wir jedoch massig Zeit, welhalb wir uns einen kleinen Umweg über Cherkvitsa gönnten. Dort machte der Desiro nach Pleven gerade Pause hatte.
Desiro 10 012 wartet in Cherkvitsa darauf nach Jassen und Pleven zurück zu fahren. Auch wenn es die Gleise nicht vermuten lassen, in Cherkvitsa kann man nicht umfahren, weshalb auf dieser Strecke nur Desiros fahren.
Wenig begeistert ob der Ausbeute der letzten beiden Tage erreichten wir schliesslich Vraca, wo wir gleich in ein Hotel etwas ausserhalb der Stadt eincheckten. Direkt im Anschluss ging es ins Stadtzentrum zum Essen. Bereits beim Reinfahren las ich den Namen der Piazza Italia auf dem Tablet. Schon wieder so ein fantasieloser Pseudoitaliener dachte ich mir. Die Meinung wurde etwas revidiert, als Trip Advisor das Restaurant als bestes der Stadt ausspuckte. Wir entschlossen uns daher den Schuppen trotz des fantasielosen Namens zu besuchen. Kaum hatten wir das Lokal betreten wurden wir auch schon von einem aufmerksamen Kellner begrüsst. Dass es sich hierbei nicht etwa um einen Dummschwätzer hielt, stellte sich spätestens in dem Moment heraus, als er uns abriet das Risotto mit Crevetten zu bestellen. Der Lieferant hätte Cocktailcrevetten anstatt Tiger Shrimps geliefert meinte er. Neben der netten Bedienung machte das Restaurant aber auch sonst einen sehr gediegenen Eindruck. Schnell wurde dabei auch das Cliche des fantasielosen Pseudoitalieners entkräftet. Wie uns der Kellner berichtete, war der Wirt, der in der Küche stand, tatsächlich ein Italiener. Dies wirkte sich ganz offensichtlich aufs Essen aus. Dies war derart vorzüglich, dass es uns nichts ausmachte, dass wir an diesem Abend unseren Essensrekord von 100 Leva aufstellten. Während dieser Preis für die bulgarische Pampa doch eher hoch war, war uns bewusst, dass in der Schweiz wohl jeder von uns diese rund 50 Euro hätte hinlegen müssen.
Samstag 10.10.2020
Da war sie nun, die angekündigte Schönwetter Periode. Sprich das Wetter wechselte mal wieder von regnerisch auf launisch schlonzig. Wie so oft, konnte man zumindest den Morgen gebrauchen. Zwar gab es einige Nebelfetzen, doch gab es in der Schlucht stellen ohne Bewölkung. Unser Plan führte uns erst einmal zu einer Brücke hinter Cherepish. Einmal mehr mussten wir dabei feststellen, dass die Sonne hier später aufging, als wir gehofft hatten. Eine erste Überfahrt auf der Brücke fand daher im Dunkeln statt. Positiv war, dass rund eine halbe Stunde dahinter nochmals ein Zug kam, so dass der Schuss bei der Brücke doch noch klappen sollte.
Wie wir feststellen mussten, war damit unser Schattenproblem allerdings noch nicht gelöst, so war die zweite Stelle am Bahnhof Lakatnik noch immer zugeschattet. Da wir den anstehenden Zug nicht fahren lassen wollten, begann nun die Suche nach einer Alternative. Dabei wurden wir im Bahnhof von Levishte fündig.
Der weitere Plan führte uns dann nach Prolet, wo der 2671 zu unserer Freude mit 46 211 kam.
Hatte die Stelle in Prolet nach Wunsch geklappt, konnte man das von jener in Tserovo nicht behaupten. Einerseits war es extrem mühsam die Stelle zu erreichen, dann bemerkten wir, dass wir nur noch wenig Seitenlicht hatten. Zu guter Letzt lief auch noch die Schlonzomatik auf Hochtouren. Fairerweise ist dabei zu sagen, dass das Halblicht immerhin das fehlende Seitenlicht kaschierte. Wirklich überzeugen konnte uns die Situation jedoch nicht, so dass wir nach dem 2610 wieder weg waren.
Da es nun ein kleines Loch im Fahrplan gab, entscheiden wir uns, noch einmal nach Lakatnik zu wechseln. Hier wurde auf den Regionalzug 20213 aus Sofia gewartet. Dieser Zug endet in Lakatnik, weshalb man ihn auch nach dem Umfahren ablichten konnte. Für die Rückfahrt des nun 20214 heissenden Zuges stellten wir uns in Vlado Trichkov auf.
Für den weiteren Nachmittag sah der Plan Stellen bei Tompsan vor. Weil jedoch die Schnellstrasse von Mezdra runter nach Sofia gesperrt war, schlichen wir beim Transfer wieder einmal hinter einem Sattelschlepper her, so dass wir den nachfolgenden 2602 überfuhren. So mussten wir uns vorerst mit einem Nachschuss des 20273 begnügen. Dieser wurde wieder einmal mit einem Desiro geführt. Es ist müssig zu sagen, dass dieses Exemplar mal wieder von oben bis unten eingesaut war. Überhaupt hatten wir das Gefühl, dass die Desiros mit jedem Foto noch versauter waren. Diese zugegeben recht subjektive Theorie unterstreicht auch die Tatsache, dass der erste fotografierte Desiro am allerersten Tag praktisch sauber war.
Neben dem sinnieren über eingesaute Desiros hatten wir auf Grund der Zugpause genügend Zeit um uns Wetterprognosen anzuschauen. Wieder einmal schienen sich diese zu verschlechtern. Der ursprüngliche Plan, am Sonntag nochmals an die Rhodopenbahn zu fahren wurde daher verworfen. Stattdessen sollte es nochmals einen Tag in der Schlucht geben. Die Gründe dafür waren dabei einleuchtend, denn erstens hatten wir schon Siffbilder von den Rhodopen und zweitens war die Prognose für die Iskarschlucht merklich besser als jene für die Rhodopen. Statt sich auf eine lange Autobahnfahrt einzustellen, wurde nun also ein Hotel in Vraca gebucht. Während wir die nächsten Tage besprachen, waren wir immer bereit für ein Foto. «Vielleicht kommt ja noch ein Güterzug», war jedoch einmal mehr der Running Gag des Tages. Natürlich kam auch in dieser Zugpause kein Frachtzug. Immerhin hatte aber der Wettergott ein Einsehen. So wurde die Schlonzomatik nun wieder abgestellt, so dass der 2615 bei brauchbarem Licht kam. Dies galt auch für den Regionalzug 20112, der aus der Gegenrichtung kam.
Da wir die Hoffnung auf einen Güterzug unterdessen aufgegeben hatten, ging es nun wieder zurück in Richtung Mezdra und Vraca. Dabei versuchten wir uns noch an einer Stelle hinter Mezdra. Bis der Zug jedoch kam, war die Sonne jedoch bereits verschwunden, so dass es kein weiteres Bild mehr gab. Was nun folgte waren die üblichen «Wartungsarbeiten», sprich tanken und einkaufen. Anschliessend checkten wir in ein Hotel im Stadtzentrum ein. Dieses hatte seine besten Tage auch schon hinter sich, war aber um einiges zentraler als das letzte. Das Abendessen gab es wieder bei unserem Lieblingsitaliener.