Vielleicht kommt ja noch ein Güterzug! (6)

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Dienstag 13.10.2020
Das Mysterium Wetterbericht sollte uns auch an diesem Tag beschäftigen. Episode eins gab es bereits früh. Die Wetterfrösche hatten für den Morgen letzte Aufhellungen prognostiziert. Diese sahen wir dann auch, als wir nach dem Aufstehen die Köpfe aus dem Fenster streckten. Um den Güterzug auf der Troyan-Piste nochmals eine Chance zu geben, wollten wir uns deshalb bei Doyrentsi an den Bahnübergang stellen. Bereits auf der Fahrt dorthin wurde das Wetter aber anders. Da passte es auch, dass der Anders Thomas mit dem Bohlen Dieter zum gefühlt 300’000-sten Mal «You’r my heart, you’r my soul» durchs Radio trällerte. Da uns dieser Nevergreen inzwischen genauso aus dem Halse raushing, wie das Nichtwetter, änderten wir unseren Plan für diesen Tag abermals. Nicht geändert wurde dabei das Tagesziel. Da das Wetter am Mittwoch gut sein sollte, wollten wir an diesem Tag noch einmal einen Versuch in den Rhodopen starten. Da wir aktuell aber wenig Wetter und viel Zeit hatten, entschieden wir uns den kürzeren, wegen den Bergen aber langsameren Weg übers Balkangebirge zu nehmen. Noch einmal ging es also über den Troyan-Pass an Klisura vorbei. Da sich nun meine Verdauung meldete, entschieden wir uns in Pirdop den Bahnhof anzufahren. Dort fanden wir zwar kein öffentliches Klo, dafür aber vier Engländer der Baureihe 87. Einen weiteren Engländer rangierte 81 0714 (BDZ Baureihe 55) zusammen mit einer BR 40 (BDZ Baureihe 46) durch den Bahnhof.
87 004 "Britannica" wartet zusammen mit drei Schwesterloks der BZK auf weitere Einsätze.


81 0714 rangiert derweil zwei Loks der Baureihen 40 und 87 durch den Bahnhof.


Wir dokumentierten die Szenen und fuhren anschliessend weiter nach Panagjurischte. Hier folgten wir der Dieselstrecke nach Plovdiv. Da es bis zur nächsten Zugbewegung rund zwei Stunden dauerte, wollten wir jedoch nicht warten. Dies obwohl es am Himmel plötzlich erfreuliches zu berichten gab. Mit Genugtuung zeigte Huerz zum aufklarenden Himmel. Während die Wetterkarte auf seinem Laptop genau das vorausgesagt hatte, war sich die Wetterkarte auf meinem Notebook sicher, dass es den ganzen Tag regnen würde. Das Ganze war deshalb kurios, weil wir beide auf exakt der gleichen Website nachgeschaut hatten. Motiviert durch das verbesserte Wetter, entschieden wir uns den nächmittäglichen Zug auf der Rhodopenbahn abzupassen und von diesem vielleicht doch noch das eine oder andere Sonnenbild zu machen. Bevor dies jedoch passieren konnte, wurde erst einmal der Bahnhof von Pazardzhik angefahren. Da ich meine stinkwichtige Sitzung in Pirdop nicht abhalten konnte, drückte meine Verdauung inzwischen auf den Alarmknopf. Auf dem Bahnhofvorplatz angekommen wurde erst einmal der modernisierte Bahnhof begutachtet um ein Klo zu suchen. Fündig wurde ich dabei in einem Nebengebäude. In diesem sass ein älterer Herr, der sofort auf mich einredete. «Ok, der will wahrscheinlich Geld», dachte ich mir, weshalb ich ihm mit einem «how much?» begegnete. Der nette Herr schien nicht so ganz zu begreifen. «Parlez vous français?», meinte er. «Un peut», entgegnete ich. «Sprechen sie Deutsch?», fuhr er fort. «Ja!», gab ich zur Antwort und war froh, nicht in dieser anderen Sprache reden zu müssen. «Sechs!», meinte der Herr, dabei hielt er fünf Finger in die Höhe. «Fünf oder sechs Leva? Donnerwetter, der weiss wie man eine Notsituation ausnützt!», dachte ich mir ob dem Betrag von umgerechnet rund 3 Euro. Ich kramte also in meinem Portemonaie und fand auf die Schnelle zwei Münzen zu zwei Leva. Der ältere Herr deute dabei, dass dies reichen würde. Ich gab ihm also die beiden Münzen, wobei er mir eine wieder zurückgab! Wie jetzt? Ich war etwas verwirrt, wollte ob des tollen Rabates aber nicht meckern und ging in Richtung Klo. Bevor ich bei der Tür war, drückte mir der Herr aber noch eine angefangene Klorolle in die Hand. Ob ich nun fürs Klopapier oder für die Toilette bezahlt habe, weiss ich bis heute nicht. Das war in dem Moment aber genauso egal, wie die Tatsache, dass das es sich um ein südländisches Standardklo nur mit Loch und ohne Schüssel handelte. Schliesslich musste da dringend was raus und für dieses Unterfangen war die Einrichtung genau das Richtige. Ich hielt also meine Sitzung ab und wollte gehen, da drückte mir der gewissenhafte Herr einen weiteren Leva in die Hand. Ihr könnt euch sicher vorstellen welch breites Lachen ich nach dieser Episode und überstandener Sitzung hatte.
Da wir bis zum Regio nach Dobrinishte noch immer Zeit hatten, schauten wir uns nun einige Brücken zwischen Pazardzhik und Septemvri an. Dies auch im Hinblick auf den Donnerstag. Dann wollten wir in der Gegend den EA-bespannten 1611 erlegen. Die Sichtung brachte uns dabei auf eine Brücke bei Zvanichevo. Diese ermöglichte es uns zur Nachmittagsstunde Züge in Richtung Sofia zu fotografieren. Dabei störte es uns nicht, dass der nächste Desiro nicht im Licht kam. Schliesslich sollte da eine Stunde später noch was richtiges mit Lok kommen und «vielleicht kommt ja noch ein Güterzug», dachten wir mal wieder. Dieser kam tatsächlich, allerdings von hinten und im Nichtlicht. Wenig motiviert realisierte ich deshalb auch nicht, dass der Zug eine Schublok hatte und deshalb nachschusstauglich war. Etwas verärgert ob zwei Zügen im Nichtlicht begrüssten wir kurz später die Sonne. Was nun noch fehlte war der Zug nach Sofia. Ja, wo war der eigentlich. Huerz hatte inzwischen entdeckt, dass man auf der BDZ Homepage Verspätungen nachschauen kann, was uns die Hiobsbotschaft von +40 Minuten Verspätung einbrachte. Da es mit dieser Verspätung nicht mehr zur Rhodopenbahn reichen würde, warteten wir alsbald nur noch auf den Güterzug, der nicht kam. Genervt wechselten wir nach Varvara, wo wir feststellten, dass der Zug der Rhodopenbahn auf jenen aus Pazardzhik wartete. «Das hätte man auch früher nachschauen können», ärgerten wir uns. Noch mehr ärgerte uns, dass wir rund 15 Minuten bei eitel Sonnenschein und Regenbogen auf den Zug warteten, dieser aber im Schatten kam. Ohne brauchbares Bild ging es deshalb erneut die Tsepino-Schlucht hoch. Immerhin besserte sich das Wetter in der Schlucht schlagartig, so dass wir vor der Dolene-Schlaufe das erste Sonnenbild des Tages machen konnten.
75 006 mit Zug 16107 "Rila" erreicht in Kürze die Schleife, die sie nach Dolene bringt.


Als wir rund 30 Minuten später beim bekannten BÜ standen, waren wir uns sicher, dass man die Kreuzung der Züge von Velingrad nach Konstandovo verschoben hatte. Zu unserer Überraschung 16107 aus Septemvri aber rund 25 Minuten seiner Verspätung aufgeholt, weshalb die Kreuzung nicht verschoben wurde. Eiligst änderten wir also unseren Standpunkt und hetzten dem Zug anschliessen erneut hinterher.


Der gleiche 16107 diesmal beim Bahnübergang zwischen Konstandovo und Velingrad.


Wie wir sehr schnell feststellen mussten, war die Sonne jedoch bereits hinter dem Horizont, so dass kein weiteres Bild mehr entstand. Angesichts des regnerischen Tages und der unsicheren Prognose waren wir jedoch dankbar, dass zumindest zwei Stellen an diesem Tag geklappt hatten. Da wir diesmal im Velina Spa gebucht hatten, war es vom Bahnhof Velingrad Süd nicht allzu weit ins Hotel. Was nun folgte war das Nachtessen im Restaurant Paradise und die übliche Planung für den nächsten Tag. Auf Grund der gemachten Erfahrungen war diese Planung ein kurzes Zusammentragen von Ideen, die in den letzten Tagen gewachsen waren.

Mittwoch 14.11.2020
Da war er nun, der Tag mit blauem Himmel und ohne Schlonz. Voller Motivation wollten wir den Tag vor dem Bahnhof Velingrad Süd beginnen. Dort war die Sonne jedoch noch hinter dem Horizont. Also stellten wir uns im Ort auf. Anders als bei den ersten Tagen, wollten wir diesmal jedoch etwas weiter in Richtung Velingrad stehen. Dies weil es dort weniger Schatten gab und weil die Bäume gerade schön herbstlich waren. Wenig Neues gab es bei der nächsten Stelle zwischen Velingrad und Konstandovo.
Das erste Bild dieses Tages entstand zwischen Velingrad Süd und Velingrad. Wir gabelten 16102 "Rila" mit der bereits bekannten 75 006 auf.


Wenig später wurde der gleiche Zug hinter Velingrad erlegt.


Ebenfalls bekannt war uns die Stelle zwischen Dolene und Tsepina. Da wir noch etwas Zeit hatten, begannen wir jedoch zu variieren. Was uns bei der Durchfahrt des Zuges auffiel war die Rauchfahne, die die Lok von sich gab. Hatte ich in Velingrad noch einen Heissläufer vermutet, war ich inzwischen auch der Meinung von Huerz, dass es sich hierbei um Abgase der Dampfheizung handeln musste.
Die 75 006 in der Tsepino-Schlucht zwischen Dolene und Tsepina. Sehr gut zu sehen ist die Rauchfahne der Dampfheizung.


Während 75 006 weiter in Richtung Septemvri dampfte, wechselten wir allerdings zurück nach Konstandovo, wo wir auf den Gegenzug 16103 warteten. Dieser kam pünktlich mit 75 008 angefahren.
Der Bahnhofsvorständ von Konstandovo registriert die Einfahrt von 75 008 mit Zug 16103 "Rodopi"


Wenig später wird der Zug auch bei der Ausfahrt festgehalten.


Da der Bahnübergang in der Gegenrichtung nicht taugte, entscheiden wir uns nach Konstandovo direkt nach Velingrad zu fahren, wo die Chefin de la gare den Zug auch schon erwartet. Nach einem weiteren Bild bei den Bäumen vor Velingrad Süd liessen wir den Zug fahren. So ging es nun einmal mehr über den Pass nach Avromovo.
Neben der Bahnhofschefin warten auch einige Wanderer in Velingrad auf den einfahrenden 16103.


Vor Velingrad Süd posiert 75 008 vor einer wunderbaren Herbstkulisse.


Dort angekommen ging es gleich wieder auf der anderen Seite runter. Da wir diesmal den 16104 beim Friedhof von Yakoruda umsetzen wollten, entschieden wir uns auch gegen ein Bild in Cerna Mesta. Stattdessen zogen wir bis Yurukovo durch, wo wir 75 004 mit eben diesem 16104 umsetzten.
Nach einer Fahrt über den Pass kommt uns in Yurukovo 75 004 mit 16104 "Vihren" entgegen.


Wie geplant ging es dann zum Friedhof von Yakoruda, wo sowohl 16104 als auch 16103 erlegt wurden.
Der Friedhof von Yakoruda kann in beiden Richtungen umgesetzt werden. Wir erlegten hier die bekannten 16104 nach Velingrad ...


... und 16103 nach Dobrinishte.


Nach einem weiteren Planstopp in Yurukovo hatte Huerz die Idee bei Dagonovo nochmals den Berg hoch zu rennen. Einmal mehr klappte diese Aktion wie am Schnürchen. Weiter ging es dann in Belitsa und General Kovacev.
Mit dem Auto ist es kein Problem dem Zug zu folgen und einige gute Stellen umzusetzen. Wir starten bei der Felsdurchfahrt in Yurunkovo.


Weiter geht es kurz vor Dagonovo.




In Belitsa kümmern wir uns ein weiteres Mal um Bahnhofsszenen. So wird der Zug bei der Einfahrt...


... und auch bei der Ausfahrt erlegt.


Weiter geht es in Genral Kovacev, wo einige Bahnarbeiter sich um den Unterhalt des Haltpunkts kümmern.


Dann folgte die Brücke bei Razlog, wo wir auf Grund der Quellbewölkung etwas um unser Foto bangen mussten. Die Sorge war jedoch unbegründet. So kam 75 008 auch an dieser Stelle perfekt im Licht.
Bei der Brücke von Razlog war die anfängliche Sorge um einen Wolkenschaden unbegründet, auch hier kam der Zug im besten Licht.


Obwohl die Bewölkung nun deutlich mehr wurde, sollte wir auch im Bahnhof Bansko gute Bilder machen können. Hier hält der Zug rund zehn Minuten um Wasser für die Dampfheizung zu fassen.
Gegen 13:30 fährt der Zug in Bansko ein.


Hier gibt es einen Aufenhalt von rund zehn Minuten. In dieser Zeit wird unter anderem das Wasser für die Dampfheizug nachgefüllt.


Nach dem relativen langen Stopp nimmt der Zug die letzten Kilometer nach Dobrinishte in Angriff.


Da wir hinter Bansko in ein dicke Wolkenschicht eintauchten, liessen wir 16103 fahren und kehrten nach Avromovo zurück. Hier wollten wir eigentlich etwas für die Grünpflege tun. Bevor wir zum Bahnhof fuhren, wollten wir uns aber noch den Blick vom Dorf runter ansehen. Schliesslich entschieden wir uns für diesen Panoramablick. Um nach dem Bild schneller weg zu kommen, wurde nun das Auto an die Passstrasse gestellt. Dies hatte zur Folge, dass ich anschliessend einige 100 Höhenmeter zur Stelle zurücklegen musste. Dies war jedoch weniger das Problem, als die Wolken, die mal wieder rumwaberten. Mit äusserst viel Dusel gelang es uns allerdings den Zug in ein blaues Loch zu knipsen.
Zug 16107 "Mesta" verlässt den Bahnhof von Avromovo.


Dank der unterirdischen Fahrzeiten hatten wir danach keine Mühe das Minarett von Cerna Mesta vor dem Zug zu erreichen.
Der gleiche Zug bei der Mosche Cerna Mesta. Erst bei der Nahaufnahme wird uns bewusst, dass es in Septemvri ein Lokwechsel gab. Neu am Zug ist 77 009.


Als der Zug an uns vorbei rauschte war jedoch etwas komisch. Ich schaute auf die Kamera. «Das wird doch nicht? Doch, das ist eine 77er!» Tatsächlich hatte man in Velingrad die 75 006 gegen 77 009 getauscht. Begeistert ob diesem Wechsel ging es weiter nach Yurukovo. Hier holte uns aber definitiv das Wetter ein. So ging die Durchfahrt an der Landschaftsstelle im Nichtlicht unter. Da es in der Schlucht hinter General Kovacev kein Licht mehr hatte, begann einmal mehr das bibbern auf der Brücke von Razlog. Anders als am Morgen, sollte das Unterfangen am Nachmittag nicht mehr aufgehen. Ein nächstes Bild entstand daher erst bei der Einfahrt in Bansko. Ein weiteres Mal klappte es bei Sveti Georgi. Bei sehr tiefem Licht folgte zum Schluss ein Lokportrait beim Umsetzen in Dobrinishte.
Auf Grund der aufziehenden Wolken gingen in der Folge eine Stellen im Nichtlicht unter. Erst kurz vor Bansko konnte sich 77 009 wieder im richtigen Licht präsentieren.


Ähnliches galt für die Stelle bei Sveti Georgi, wo der Zug zwar mit Frontschatten, dafür im schönen Abendlicht kam.


Im Endbahnhof von Dobrinishte gab es zum Abschluss noch ein Lokportrait.


Eigentlich war danach auch noch ein Bild von 16108 geplant. Auf Grund der zunehmenden Bewölkung war dieses Unterfangen jedoch sinnlos. Wir entschieden daher das letzte Licht zu nutzen um noch bei Tage auf den Pass und weiter nach Velingrad zu fahren. Dort wurde der Schlachtplan für die letzten Tage festgelegt. Auf Grund der Wetterprognose entschieden wir uns noch einmal nach Dimitrovgrad zu fahren. Schliesslich hatten wir auf dieser Piste einen sicher P-Zug mit EA. Ausserdem handelte es sich bei der Strecke um eine modernisierte und teilweise neutrassierte Transitstrecke, da musste neben dem P-Zug also auch der eine oder andere Güterzug kommen ...