Durch das Chentii-Gebirge und die Wüste Gobi - Teil 2
Von Peter Hürzeler
Mittwoch 20.9.2023Die Nacht war sowohl für David wie für mich nicht gerade berauschend. Mein für -1° ausgelegter Schlafsack war arg am Limit und so habe ich während der Nacht nach und nach einige Kleider angezogen um doch einigermassen schlafen zu können und nicht allzu fest zu frieren. David sein Schlafsack war für noch weniger kalt ausgelegt und er fror sich quasi den A**** ab. Sein Fazit war klar: Noch eine Nacht so campen geht nicht, überhaupt nicht, nein einfach gar nicht. So war das Ziel für heute schon mal vorgegeben: Wir mussten zurück nach Ulaanbaatar David die Gelegenheit zu geben einen neuen Schlafsack zu besorgen. Ich selber konnte dann ja auch noch gleich was ergänzendes besorgen ;)
Immerhin kollidierte dies nicht ganz mit den Wetterprognosen, haben sich diese doch für heute plötzlich deutlich verschlechtert und am Mittag will es zu ziehen. Wir hatten zudem so die Möglichkeit das Tal von der Nordseite her anzufahren, da uns der aktuell eingeschlagene Weg immer weniger als Zielführend vorkam.
Als Erkenntnis aus der ersten Campingnacht resultierte aber auch, dass wir zukünftig idealerweise eine Campingstelle suchen, welche sowohl für die letzten Fotos am Abend wie auch für die ersten am Morgen geeignet ist. Vorteil davon: wir müssen die Zelte nicht im Dunkeln aufbauen und auch Kochen geht bei Resttageslicht bedeutend einfacher als in der Dunkelheit.
So holperten wir frühmorgens zurück nach Batsumber. Wie wir beim Bahnübergang ankamen, sahen wir ein grünes Einfahrsignal für einen Südfahrer, den wir am Horizont auch schon ausmachen konnten. Wir stellten uns schnell an die Strecke:
Danach ging es auf der Teerstrasse zurück in Richtung Ulaanbaatar. Zwischenzeitlich hatten wir den zuvor fotografierten Zug überholt, sahen aber, dass er in einem nahen Bahnhof in die Ablenkung fuhr. Wir stellten uns daher nochmals an die gestrige Stelle, da wir dort für den erwarteten Nordfahrer diesmal noch knapp Frontlicht hatten. Der kam dann auch in rascher Folge:
Wir fuhren weiter südlich und stellten uns bei Davaany nochmals auf einen Hügel für den Mixed der nun in unserem Rücken fuhr. Aus der Ferne sahen wir, dass er im benachbarten Bahnhof mit Industrieanschlüssen einfuhr und anhielt. Wir hofften mal, dass er nicht dort endete und hatten damit Recht: Etwa 20min später hatten wir ein weiteres Bild im Kasten:
Noch taugte das Wetter was und so stellten wir uns ein paar Kilometer weiter wieder an die Strecke. Wir stellten mal unsere Zelte zum trocknen auf, das ging heute Morgen nämlich noch nicht und der Raureif am frühen Moren hatte seine Spuren hinterlassen. Es dauerte dann fast 2h bis wieder was vor uns durchrollte. Zwischenzeitlich besuchte uns mal eine Bahnangestellte und wollte wohl wissen was wir da machen. Um die Ecke war nämlich eine Baurotte zugegen. Wir zeigten mal ein paar Bilder von der Kamera, blieben aber sonst einfach stehen und machten keine Anstalten wegzufahren. Sie verzog sie sich dann auch irgendwann. Eventuell half auch die Nichtkommunikation, sprach sie doch kein Englisch und wir kein Mongolisch. Der auftauchende Zug war dann ein Südfahrer, welcher leider mit etwas Schleierschaden durchfuhr.
Es war aber kurz vor knapp und die zwischenzeitlich angemeldete Wolkendecke hatte uns quasi erreicht. Für den nachfolgenden P-Zug nach Norden, welcher nach unseren Berechnungen im nächsten Bahnhof kreuzte, verschoben wir uns schnell eine Kurve weiter. Wir lagen richtig mit der Kreuzungsprognose, doch leider machte uns die Wolkenfront bereits einen dicken Strich durch die Rechnung:
Es war nun Zeit sich um das Thema Schlafsack zu kümmern und so fuhren wir nach Ulaanbaatar rein. Der Verkehr war wenig überraschend einfach nur Chaos pur. Irgendwie gelangten wir dann aber zu einem Outdoorshop, wo David einen neuen Schlafsack besorgen konnte. Ich schnappte mir noch einen dünnen Innenschlafsack, welchen ich zusätzlich in meinem Schlafsack verwenden konnte. So ausgerüstet ging es wieder in Richtung Strecke raus. Wir wollten nochmals in Batsumber auf den gestrigen Hügel. Wir kamen aber nur bis kurz nach Nogoontolgoj, wo wir einen Südfahrer entdeckten. Kurz gewendet reichte es noch auf die andere Seite des Dorfes, wo wir den Kistenzug an der gleichen Stelle wie den P-Zug gestern erlegen konnten:
Dann platzierten wir uns wieder auf dem Hügel. In Richtung Süden kam genau etwas Baugerödel. Nicht unbedingt das was wir uns vorgestellt hatten:
In die Gegenrichtung kam ein Nordfahrer, welcher zudem noch in teilweisem Wolkenschaden durchfuhr:
Immerhin gab es so die Gelegenheit für mich auch mal noch was mit der Drohne zu probieren - ist quasi mein Erstlingswerk!
Da nichts mehr kam, gaben wir auf und fuhren erneut zurück nach Ulaanbaatar. Da es heute eh nicht auf die Nordseite des Tals reichen würde, haben wir uns im Verlauf des Tages für eine Hotelübernachtung entschieden. Es soll heute Nacht auch etwas feucht werden und so war das für uns die richtige Lösung. Das Hotel Baigali hat es uns angetan, liegt es doch strategisch günstig weit im Westen der Stadt. Wir hatten aber noch den abendlichen P-Zug nach Norden auf dem Plan, welchen wir knapp ausserhalb Ulaanbaatar ablichten wollten. Es sollte knapp reichen gemäss den Prognosen von Google. Es reichte dann knapp an eine passende Stelle, nur kam kein P-Zug, sondern ein Kistenzug, welcher knapp vor Sonnenuntergang und vor teilweise bedrohlicher Kulisse vor uns durchfuhr.
Dann hiess es aber ab ins Verkehrschaos. Auf dem Weg in die Stadt gab es zudem noch einen kurzen Stopp um die Vorräte zu ergänzen. Mit etwa +30min Zusatz kamen wir dann im Hotel an. Das Einchecken gestaltete sich etwas mühsam. Wir können kein Mongolisch, die Dame kein Englisch. so dauerte es dann fast 10min bis wir die Zimmerschlüssel in der Tasche hatten. Essen gab es direkt im Hoteleigenen Pub. Es war soweit ok, mehr aber auch nicht und die Wartezeit war mit knapp 1h so ziemlich unterirdisch. Gegen 10 Uhr abends waren wir dann im Bett.
Donnerstag 21.9.2023
Schon um halb sechs ging der Wecker und kurz nach sechs Uhr morgens waren wir auf Achse. Es ging in Richtung Norden. Durch die frühe Abfahrtszeit kamen wir vor dem grossen Verkehrschaos aus der Stadt raus. Ziel war Bayangol um von dort von Norden her in den spannenden Abschnitt vorzudringen. Bis dorthin gab es eine gerade im Ausbau befindliche Teerstrasse. In Banyagol bogen wir nun auf eine Erdpiste ein, die stellenweise sehr gut, stellenweise aber auch eher ein einziger Matschhaufen war. Aber unser Ford Ranger meisterte das Ganze gut. Zumindest bis kurz nach der Hüttensiedlung Khariin Köndei. Nach einem gut hörbaren Knacks waren von hinten links plötzlich ungewohnte und zuvor nichtgehörte Geräusche zu hören. Wir stiegen mal aus und begutachteten das Fahrzeug und fanden dabei eine gebrochene Blattfeder am linken Hinterrad mit leicht verschobener Achse vor.
Das war jetzt aber ziemlich blöd. Nach dem ersten Schreck stellten wir das Auto mal neben die Piste, fertigten ein paar Fotos an und nahmen mal via Whatsapp und Telefon mal mit dem Vermieter Kontakt auf. Erstaunlicherweise hatten wir hier im Nirgendwo ausgezeichneten Empfang. Es hiess, dass wir vorsichtig weiterfahren können, er sich aber mal um Ersatzteile bemühe und schaue. Sie melden sich dann. Für uns war aber das Ziel "Tal" damit für heute ad acta gelegt. Wir wollten mit dem beschädigten Auto nicht unnötig ins Gelände. Immerhin waren wir aber in Fussmarschdistanz an einer ganz passablen Stelle liegen geblieben. So liefen wir mal auf einen nahen Hügel. Schon auf dem Weg dorthin fuhr uns ein Südfahrer vor die Nase - noch etwas gar früh für den Lichtstand, aber was solls:
Dann setzten wir uns aber auf den Hügel und warteten mal der Dinge die da kamen. Leider war der Verkehr eher schwach und bis zum Personenzug in Richtung Ulaanbaatar kam genau nichts mehr:
Danach begann der Verkehr allmählich zu rollen, jedoch hauptsächlich aus dem Süden, was angesichts des Sonnenstandes noch nicht ideal war. Aber eben - wirklich Sprünge machen konnten wir nicht uns so schossen wir alles von unserem Feldherrenhügel aus, was uns vor die Linse kam. Mit Kreuzung auf den P-Zug im benachbarten Bahnhof kam ein Kesselwagenzug:
Rund eine Stunde später gab es einen Kistenzug:
Und nochmals eine Stunde später fuhr ein kurzer Bauzug durch:
Gefolgt nach nochmals einer Stunde von einem Kohlezug:
Dann endlich kam ein Südfahrer, nur war der eigentlich auch schon wieder viel zu spät und angesichts des Sonnenstandes wieder mit Frontschatten. Es war die Tamara von vorhin die mit einem ebenso kurzen aber leicht veränderten Zug zurückkehrte.
Auf Kreuzung im benachbarten Zuunkhara kam nun der P-Zug nach Norden durchgefahren:
Und nochmals 45min später gab es erneut einen Kistenzug nach Norden.
Dann hatten wir die Stelle endgültig satt gesehen. Seitens Vermieter hatten wir aber bisher nichts gehört. Wir entschieden uns vorsichtig ein paar Kilometer weiter südlich hinter den nächsten Bahnhof zu fahren. Da wir dort einerseits eine mögliche Abendstelle, andererseits aber eine Morgenstelle erhofften (zumindest in Fusswegdistanz). So machte es Sinn dort zu campieren. Wir setzten so die gewonnenen Erkenntnisse der ersten Campingnacht erfolgreich um. Es hatte auch ein paar bewohnte Jurten in der Nähe, doch nahmen wir an, dass unser tun wohl nicht ein Problem darstellen würde. So war es dann auch. Wir wurden zwar ein/zweimal komisch angeschaut, aber sonst passte das. Wir waren gerade am Zelte stellen, als uns ein Nordfahrer vor die Linse fuhr:
Und kaum war der im benachbarten Bahnhof durch, kam ein Südfahrer um den Hügel gebogen mit dem wir uns mangels Alternativen in Kunst versuchten:
Dann sank die Sonne aber rapide hinter die angrenzende Hügelkette. Ich schmiss mich dann mal in die Küche und zauberte eine Variation des bisherigen hervor: Teigwaren mit Dosenerbsen, Thon und Tomatensauce. Kein Gourmetmenü, aber auf den einfachen Verhältnissen schnell gekocht und nahrhaft genug.
Mit der untergehenden Sonne wurde es auch wieder recht kalt und so verschwanden wir bald in unsere Schlafsäcke.
Ob unser Konzept mit Übernachten gleich beim Morgenmotiv funktioniert? Das könnt ihr dann in der nächsten Folge lesen.