In Zentralasien – unbekanntes Usbekistan (3) – wir sind am Ziel angelangt.

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Sonntag 07. September 2024

Um 8 Uhr gab es Frühstück heute. Das nutzten wir wieder voll aus. Die Zeit passte ganz gut in unseren Zeitplan. Geschlafen haben wir gar nicht so schlecht, aber auch nicht extrem gut. Warum nehmen wir ein 3er Zimmer? Es kam dann zu Stau im Badezimmer vor dem Frühstück ;).
Das Buffet war fantastisch, eines Sultans angemessen. Erstaunt waren wir vor allem über die Mengen. Denn ausser uns haben wir bisher keine anderen Gäste gesehen (auch auf dem Parkplatz war ausser unserem Auto nichts los). Sehr personalintensiv so ein Sultanspalast. Noch vor dem Frühstück wuselten mindestens 3 Mitarbeiterinnen im Innenhof umher und putzten Billardtisch, Flächen und Böden. Beim Frühstück haben es mir dann die Süssteilchen (aka Kuchen) und die Fruchtschalen (ja, Mehrzahl) angetan.
Um 9 Uhr kamen wir pünktlich raus. Wir hatten ein Ziel heute früh. Nämlich den ersten (und einzigen) Talgo nach Karshi. Das war sowieso unsere Richtung und nochmal nahe dran wäre doch schön. Die Strecke von Samarkand nach Karshi läuft durchs platte Land. Nur auf einem ganzganz kurzen Abschnitt wird an einem Hügelzug vorbei geschrammt. Die Usbeken haben echt das Talent die Bahn möglichst von allen Bergen fernzuhalten.
Wir fuhren also da in die Ecke von Ulus etwa eine Stunde ausserhalb von Samarkand. Der Zug sollte etwa 10:20 Uhr da sein rechneten wir. Grosse Sprünge ins Gelände konnten wir nicht mehr machen, aber bei der einzigen Strassenunterführung in diesem Abschnitt konnte man parken und dann einfach in den nächsten Einschnitt latschen. Der Wind ging überhaupt nicht und die Sonne zündete schon kräftig … angenehm war das irgendwie noch, wie wäre es in 3h? Müssen wir uns diese Frage stellen? Nein, denn wir wollen ja nur eben den Talgo da machen.
Wie wir so auf unserem Hügel stehen, sehen wir schon einen verdächtigen weissen Chevy auf der anderen Bahnseite geparkt. Da stand dann jemand raus und beäugte uns aus der Entfernung. Er kam dann, über die Gleise, zu uns. Nur um uns mitzuteilen dass wir nicht auf die Gleise stehen dürften. Das hatten wir auch nicht vor, die Strecke war sowieso eingezäunt. Ausser direkt da wo er parkte, da gibt es ein Loch im Zaun. Heisst das … da steht tagein tagaus einer und bewacht die Strecke? Wundern würde es uns nicht.

45- Wir stehen bei Ulus an der Strecke von Samarkand nach Karshi. Ein Talgozgupaar fährt täglich über Samarkand hinaus bis nach Karshi. Es ist Afrosiyob 774 mit den Talgo250 Triebköpfen 03/04.

46- Und der Nachschuss. Heute war Sonntag und immer nur Sonntags fährt der Zug sogar über Karhsi hinaus bis nach Shakhrisabz.


War die Stelle es Wert zu warten? Nein, es wäre erst um 14 Uhr wieder ein Personenzug fällig. Zwar ein Sharq, aber so schön ist es nun auch wieder nicht in der Ecke. Da zog es uns eher weiter nach Südosten. An unser Ziel für die nächsten Tage … die Strecke von Karshi nach Termez.
Der eben fotografierte Talgo fährt immer nur sonntags weiter nach Shakhrisabz, das war östlich von uns und der Zug fährt über Karshi einen riesigen Umweg – eine direkte Strecke gibt’s halt nicht. Obwohl er aber viel Umweg auf sich nimmt ist er schnell, sehr schnell sogar. Denn wir würden den Zug nicht mehr rollend sehen, dazu ist man auf den Strassen zu langsam.
So liessen wir alles einfach bleiben, liefen zum Auto zurück und programmierten im Google Navi (also auf dem Handy, Android Auto hatte unsere Chinakarossa nicht) mal einen Punkt an der Strecke nach Termez. Ankunft etwa um 13 Uhr. Also ging das Gleiten auf den Strassen los, gemütlich und stetig ging die Fahrt nach Süden. Uns war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass wir möglicherweise kein einziges Bild mehr machen heute. Denn Personenzüge würden wir keine mehr sehen. Ein kleiner Krämer wurde noch besucht für etwas flüssiges aus dem Kühlschrank und dann rollten wir schon vorbei an G’uzor hinein in den hügeligen Abschnitt.
Die Bahnstrecke von Karshi nach Termez wurde erst um 2010 eröffnet (es gibt da verschiedene Daten in den Quellen) und 2018 elektrifiziert. Früher ging es über das Staatsgebiet von Turkmenistan nach Termez durchs flache Land. Mit dem Bau der Strecke über Boysun bleibt man immer auf eigenem Staatsgebiet und spart sich den Umweg über den unbeliebten Nachbarn. Das «Problem» aber, um über usbekisches Gebiet nach Termez zu kommen muss ein Ausläufer des Hissargebirges überquert werden. Das stört uns überhaupt nicht, im Gegenteil. Die Strecke verläuft über dutzende Kilometer durch Täler, über Hügelzüge und durch bergige Landschaft. Auf dem Luftbild sieht das alles sehr spektakulär aus. Und in der Realität vermutlich auch ;).
Die Schwierigkeit ist etwas die Zugänglichkeit in gewissen Abschnitten. Und übernachten kann man auch nicht überall, es gibt im interessanten Abschnitt mit Boysun nur eine Stadt. Am westlichen Ende gibt es in G’uzor noch ein Hotel … ansonsten ist es eher schwierig. Boysun war so denn das Ziel für heute Abend. Der Fahrplan der Personenzüge meint sowieso, dass man so weit östlich wie möglich übernachten will – da hat man in der Früh noch Personenzüge. Im westlichen Abschnitt fahren die noch bei Dunkelheit.
Weiter mit dem hier und jetzt: Unser Tank war zwar noch halb voll, aber wir wollten um G’uzor noch füllen. Man weiss ja nie wie viele Möglichkeiten es da hinten im «Niemandsland» noch gibt. Aber das gelang nicht. Wir nutzten die Umfahrung und die drei Tankstellen die wir probierten hatten wohl kein Benzin mehr vorrätig. Bis Boysun würden wir es noch locker schaffen heute … da muss es dann Sprit geben, sonst wird’s anstrengend ;).
Wir fuhren über den ersten Strassenpass, die Bahn ist da weit weg in einem anderen Tal, nach Dekhkanabad – da kann man zur Bahn rüber stechen. Die Strasse war schonmal eher anstrengend. Nur noch einspurig und mit viel sehr langsamen LKW-Verkehr. Dazu gespickt mit Schlaglöchern und irre tiefen Spurrillen. Und die weissen Chevys haben es immer eilig. Das ist nichts was man im dunkeln fahren will … merken wir uns mal. Zum Glück ist der Abschnitt nur etwa 15km lang. Denn bei Dekhkanabad ist es wieder offen und 4-Spurig. Aber da zogen wir rechts weg. Denn da erreicht man die Bahn. Einerseits den Bahnhof, aber auch das Tal westlich davon. Da führt sogar eine Asphaltstrasse rein für ein paar Kilometer. Die geht nirgends hin … erst bei genauerer Betrachtung macht die Sinn. Da hinten wird Gas gefördert.
Wir waren gerade auf der Nebenstrasse als ein Passagier im Auto ein dringendes Bedürfnis anmeldete. Also rechts rangefahren und gewartet bis alle wieder entspannt sind. Und in dieser Zeit kam doch tatsächlich ein Güterzug vor uns über die Strecke gerollt. Wirklich clever geparkt hatten wir nicht, mit dem Tele gab es aber ein Bild.

47- Bei Dekhkanabad wieder an der Strecke. Es ist Mittag und die Sonne steht auf ihrem Zenit. Wir standen da gerade als ein Güterzug in der Ebene auftauchte. Mit dem Tele gelang dieses Bild von einer 20’ZELR die einen Güterzug westwärts zieht.


War das jetzt gut oder schlecht? Immerhin haben wir schonmal Güterverkehr gesehen. Denn wieviel wirklich über die Strecke läuft? Wir wissen es nicht. Aber die Befürchtung kein Bild mehr zu machen heute war schonmal falsch. Das war gut. Schlecht war aber, dass das Tal nach nur weiteren 3min Fahrzeit einige wunderbare Fotostellen bereithielt. Wären wir besser da gewesen … ;).
Die kleine Pause vorhin war zu kurz um uns von der langen Fahrt zu erholen. Also setzten wir uns im Tal am Ende der Asphaltstrasse mal an einen Punkt und warteten einfach 30min. Vielleicht kreuzt der gesehene Zug ja gleich irgendwo? Als die 30min abgelaufen waren ging es weiter. Der Punkt wurde in der Karte markiert als «kann man gerne wieder hin!». Nur wie und wann ist nicht klar, denn eben – Personenverkehr gibt es in diesem Abschnitt niemals bei Tageslicht. Egal!
Wir hätten natürlich weiter warten können, aber wir nahmen uns für heute vor die Strecke etwas zu erkunden bis Boysun. Also den am weitesten von Boysun entfernte Abschnitt. Denn hierher muss man nur, wenn es sich lohnt. Und das wollten wir herausfinden.
Zurück in Dekhkanabad ging es wieder auf die Hauptstrasse und dann bei der ersten Möglichkeit wieder rechts weg rüber zur Bahn. Wir gelangten nach Khodzha-Magamet. Der Weg da hin ist auch nicht unbedingt das Beste was der Usbekische Strassenbau zu bieten hat. Aber man kommt hin, mit viel öddelei. Man will aber da hin, denn es gibt was zu sehen. Die Bahn dreht in einer 270° Kehre (nennt man dann Hufeisenkurve?) eine Geländestufe hinauf. Dazu führt sie durch einen breiten Felsdurchbruch. Kann man alles machen! Wie lange es diese Kehre noch gibt ist auch nicht ganz klar, denn auf dem Weg da hin fährt man an einer Baustelle vorbei wo die Bahn wohl eine Abkürzung plant. Ob das im Bau ist, oder ob man das probiert und dann sein gelassen hat wissen wir nicht so richtig. Alt sah die Baustelle nicht aus, aber alt ist ja auch die Strecke nicht.
Wie wir da hinten an die Bahn kommen, sehen wir schon einen Doppel-Chinesen mit vier Flachwagen der auf der Strecke steht. Es wurden Schwellen «abgeladen». Das ist mal eine mächtige Bauzuglok. Aber da wo gerade gearbeitet wurde war überhaupt kein Licht. Wir fuhren in die Kehre nach hinten und hofften einfach, dass der Bauzug irgendwann in unsere Richtung von der Strecke verschwindet. So geschah es dann auch. Erst fuhr der Zug zwar rückwärts aus dem Sichtfeld, aber wenig später trötete es wieder und der Zug räumte die Strecke.

48- Bei Khodza-Magamet das nächste Bild. Eine 20’ZELR mit 4 Flachwagen, ein Bauzug. Von den Flachwagen wurden vorher Schwellen an der Strecke abgeladen. Als die Wagen leer waren – oder Zug die Strecke räumen musste – fuhr er dann an uns vorbei.


Da wir in der Kehre standen hätten wir für beide Richtungen Licht. Da die Strecke leer war konnte also kommen was wollte … und es kam von Osten her. Also leicht umpositioniert und voilat. Was wir sahen war auch eine Freude, es war keine 20’ZELR sondern es waren zwei O’ZEL mit einem Güterzug. Schön gibt es die hier auch!

49- O’ZEL 209+207 mit dem nächsten Güterzug nach Westen. Wir stehen in einer grossen 270° Kehre. Links über den Loks ist die Strecke nochmal zu sehen.


Wir hätten ja weiter warten könnten. Es war aber 16 Uhr und wir hatten noch etwas Strecke vor uns die wir anschauen wollten. Ausserdem wären wir gerne bei Tageslicht noch in Boysun. Nochmal eine Stunde zu stehen war daher nicht die beste Idee. Wir versuchten erst der Bahn entlang in den nächsten Ort zu kommen, brachen dieses Vorhaben aber ab als der Untergrund immer sandiger wurde. Wir wollten nicht noch irgendwo stecken bleiben, wo es doch eine gut fahrbare Alternative gab. Wir schauten uns noch den einen und anderen Punkt an – tankten an der Hauptstrasse (wohoo, da hatte endlich eine Tankstelle noch 92er auf Lager) und plötzlich war da ein Zug vor uns am Gegenhang zu sehen. Zeit genug um noch zu stehen? Ja, so 3min hätten wir wohl. Also auf die Baustelle und rüber.

50- 20’ZELR 403 zieht einen Güterzug nach Westen. Aufgenommen bei Okrabot kurz nach der Passhöhe.


Wir waren mittlerweile in Okrabot angekommen. Das ist die Passhöhe und der höchste Punkt der Strecke. Das wir schon wieder einen Zug gesehen haben war wunderbar. Denn es scheint doch gut was zu gehen auf der Strecke. Vielleicht auch nur Zufall.
Es war an der Zeit die Stellenschau abseits der Hauptstrasse sein zu lassen und nach Boysun zu fahren. Da folgt man aber auch in grossen Abschnitten der Bahn. Und was hinter der Passhöhe folgt ist auch nicht zu verachten. Da windet sich die Bahn mit mehreren Kehren hinauf auf die Passhöhe. Das müssen wir uns unbedingt mal genauer anschauen in den kommenden Tagen.
Weit war es nicht mehr nach Boysun, gute 45min wären noch ungefähr zu fahren. Alles lief geschmeidig bis dann irgendwann hinter Derebend der Asphalt endete und wir in eine Baustelle fuhren. Die 15km bis Boysun sind also eine Baustelle mit Dreckpiste. Es wird gerade eine schöne Hauptstrasse gebaut, aber die ist noch nicht mal abschnittsweise fertig. Über diesen Weg müssen wir also die nächsten Tage immer mal wieder hoppeln. Ein Plattfuss wäre denn keine Überraschung ;).
Mit dem letzten Licht des Tages erreichten wir Boysun. Welches Hotel nehmen wir? Zwei waren in der Auswahl. Wir probierten mal das erste aus, das Hotel Sahara direkt am südlichen Stadteingang. Zimmer waren vorhanden, die Preise waren fair (750'000 je Nacht für zwei Zimmer), ein kleines Geschäft gibt’s auch gleich im Gebäude und ein Restaurant? Nein, das gibt’s nicht, oder ist noch im Bau … aber in der näheren Umgebung gäbe es bestimmt etwas. Wir kauften erstmal eine Nacht, beäugten die beiden Zimmer und gingen einkaufen. Und dann verlängerten wir gleich auf total 3 Nächte. Bis am Mittwoch könnte man sich hier locker beschäftigen. Und wenn länger, dann verlängern wir nochmal.
Essen! Ich hatte einen Bärenhunger. Gubi liess das Abendessen ausfallen und verkroch sich in seinem Einzelzimmer. Wipf und ich liefen mal 500m in die Stadt hinein zu einem Grillrestaurant. Englisch konnte niemand, aber wir hatten Internet zur Übersetzung. War aber nicht nötig, wir durften gleich selber in die Töpfe schauen die da in der Küche standen. Momos dämpften vor sich hin, davon wollten wir. Und Spiesschen vom Grill auch gerne. Aber was für Fleisch? Beef … oder Rind … einfach kein Mähtier. Das verstanden sie. Ein Bier gab es auch und Brot und Salat. Und Momos brachten sie viel zu viel, anstatt je 2 pro Nase gleich je 5 Stück. Hmpf. Hunger ja, aber so viel geht dann auch nicht rein.
Wir setzten uns nach dem Essen noch raus auf die Terrasse (es war angenehm warm) mit einem Tee und besprachen was wir hier wann tun wollen. Morgen ist Montag, morgen gibt es das ganze Angebot an Personenzügen. Also fokussieren wir mal darauf und fahren ins Tal östlich von Boysun. Dann haben wir diesen Abschnitt auch gesehen.
Wir teilten Gubi die Abfahrtszeit für morgen mit, 06:30 Uhr, und liefen dann zurück zum Hotel. Den Wunsch Gubis wir sollten doch bitte noch nach Klopapier Ausschau halten setzten wir um. Aber es war nichts zu bekommen was nicht genau dem Papier im Hotel entsprach. Das Wort Papier ist etwas grosszügig. Es ist Schleifpapier, irgendetwas zwischen 120er und 160er. Nichts mir dreilagig und soft. Das ist bei einer etwas rebellierenden Verdauung nicht optimal. Aber wir fanden nichts anderes. Morgen mal gucken! ;).

Montag 08. September 2024

Es ist Montag, es ist der 8 September und es war 6:30 Uhr als drei ausgeruhte Gestalten ein chinesischen RAV4 bestiegen. Wir kamen pünktlich raus und die Sonne ist gerade aufgegangen. Wir mussten so früh raus wegen dem Personenverkehr. Am Vormittag rollt’s hier nämlich. Heute gleich dreimal. Drei Züge fahren nach Osten. Der erste um halb 8 Uhr ab Boysun. Und für den wollten wir bereits im Tal hinten stehen. Das ist zwar nicht weit, aber der Strassenzustand ist unbekannt und Reserve sollte man genug mitnehmen.
Frühstück gabs sowieso keins, also zumindest nicht offiziell. Der kleine Laden öffnet «zwischen 8 und 9 Uhr» und das Restaurant ist im Rohbau. Die eine Übersetzung in der App hätte man zwar so deuten können, als ob nach einer Zeit fürs Frühstück gefragt wurde … aber wir wollen denen ja auch keinen Stress machen. Vor «8 oder 9 Uhr» wäre da bestimmt nichts zu holen gewesen ;).
Die Reserve die wir eingeplant hatten war dann auch nicht verkehrt. Denn auch östlich der Stadt wird eine Strasse gebaut. Und die 20km bis zur Abzweigung finden auf Schotter statt. Auch da gibt es eine schöne Hauptstrasse, wenn sie denn mal fertig ist. Das dauerte alles etwas lange, aber der Zeitplan war grosszügig genug damit uns das nicht aus der Ruhe brachte. Bei Pulkhakim erreichten wir wieder die Bahn. Da geht es in das Tal hinein und das war unser Plan für heute.
Für den ersten Personenzug stellten wir uns einfach ganz am Anfang des Tals hin die Hügel. Da war die Sonne schon weit genug oben und passte perfekt. Wir stellten uns auf die Felsen und blickten auf das kleine Dorf. Es dauerte nicht lange bis sich der Personenzug mit gehupe ankündigte. Die einteilige Lok die davor hing war auch eine freudige Überraschung – die Kisten fahren also auch Personenzüge.

51- Bei Pulkhakim der erste Zug des Morgens. Es ist Zug 80 von Tashkent nach Termez. Den 9 Wagen ist O’ZEL 203 vorgespannt.


Ein paar Bahnmitarbeiter hatten es sich ziemlich direkt vor uns an einem Baucontainer gemütlich gemacht und haben da Material in einen – natürlich – weissen Chevy verladen. Die würden wir also vielleicht nochmal sehen. Sie nahmen Notiz von uns, grüssten freundlich, liessen uns sonst aber in Ruhe. Wir hatten unser Auto natürlich auch direkt an ihrem Container geparkt. Hatte sonst ja kein Platz im Dreck überall ;).
Wir fuhren dann für den zweiten Personenzug gleich weiter ins Tal hinein. Ab diesem Moment ist die Strasse dann nur mehr ein Weg. Sie erschliesst nichts und dient wohl einzig der Eisenbahn als Zufahrtsweg für den Unterhalt. Entsprechend «gut in Schuss» ist der Weg. Also nicht. Aber hey, wenn die das mit den weissen Standard Chevys fahren können, sollte unser Chinamobil damit ja auch klar kommen. Wir fuhren etwa 2km weiter hinein und jeder Hügel, jede Bergflanke ist eine potentielle Fotostelle. Vegetation? Nö. Nicht ein Baum wäre im weg, logisch könnte man sich überall hinstellen.
Wir hatten einen kleinen Anspruch, denn wir erblickten schöne Felsformationen an der Bahn. Und natürlich kann man auch da stehen. Also parkten wir wieder am Wegesrand und liefen dann den Hügelrücken hinauf. Der Personenzug wäre etwa 90min hinter dem ersten – bliebe also viel Platz für Güterverkehr. Und so wurden wir nicht enttäuscht. Je ein Zug pro Richtung schickte man noch auf die Piste bevor der Fensterzug kam.

52- Weiter im Tal drinnen standen wir für den zweiten Personenzug. Aber zuerst könnte ja noch etwas Güterverkehr kommen? Und so geschah es. Erst «von hinten» - wobei von hinten hier eine extrem schöne Stelle ist! Und der Güterzug ist, man muss wieder zweimal hinschauen, nicht mit einer normalen 20’ZELR bespannt, sondern mit einer der wenigen 20’ZUY. Die gibt’s also auch im Güterverkehr.

53- Nur 20min später dann ein Güterzug nach Osten. Gezogen von zwei O’ZEL 2XX

54- Und dann um 9 :42 Uhr war es soweit. 20’ZUY 501 zieht Zug 82F von Tashkent nach Saryasiya an unserer Stelle vorbei.


Das hat ja wunderbärchen geklappt! Uns hielt nichts mehr an der Stelle. Also sattelten wir das Auto und holperten weiter ins Tal hinein. Nach dem Felsendurchbruch, auf dem vorvorletzten Bild zu sehen, müsste bestimmt was gehen? Ja korrekt, die Bahn fährt einmal da durch diesen Einschnitt und folgt dem Flusslauf. Da hinten trafen wir wieder auf Bahnmitarbeiter, die waren gerade daran Schrauben an den Gleisen anzuziehen.
Im Felsendurchbruch gibt es einen kurzen Tunnel und ein Wachposten auf der Westseite. Der sahn uns aber nicht … wobei der bestimmt weiss was wir taten – der Buschfunk wird schon funktionieren. Aber solange es ihn nicht stört. Auch die Bahnarbeiter störten sich nicht an uns. Wir informierten sie mal proaktiv über unser Tun und ernteten ungläubige Blicke aber keine Einwände. Also stellten wir uns auf den Hügel. Und noch auf dem Weg hinauf kam schon der nächste Güterzug in die passende Richtung. Es rollt! Der Personenzug folgte dann fast eine Stunde später.

55- Wir stehen ungefähr in der Mitte des Tals zwischen Pulkhakim und Tangimush. Der Felsdurchbruch ist spektakulär. Die Bahn folgt immer dem Flusslauf, und dieser führt ihn durch dieses Felsentor. Noch vor dem dritten und letzten Personenzug kam ein Güterzug mit dieser unbekannt gebliebenen 20’ZELR.

56- Und der dritte Personenzug des Vormittags. Eine 20’ZUY zieht Zug 129 von Andijan nach Termez durch das Tal.


Diese Felsformation gefiel uns derart gut, dass wir uns nach dem Bild einen Hügel weiter hinten gleich wieder aufstellten. Es bräuchte zwar wieder ein Güterzug nach Osten, aber da wird schon was kommen? Vielleicht waren wir etwas zu zuversichtlich, aber wer nicht hofft der nicht gewinnt (oder so).

57- Nur eine gute Stunde nach dem Personenzug dann bereits der nächste Güterzug im Tal. 20’ZELR 401 zieht die bunte Wagenschlange in Richtung Osten.


Es lief fast schon beängstigend. Das entschädigte das Warten in der heissen Sonne locker. Was heute fehlte war der Wind in einer angenehmen Intensität. Das mag auch ein Grund sein, weshalb wir dann etwas müde wurden. Und etwas nachlässig? Wir stellten uns langsam für Züge nach Westen, die Sonne drehte langsam rein nach dem Mittag. Mit nachlässig meine ich, wir taten uns etwas schwer eine nächste Stelle zu finden. So schwer, dass wir fast einen Güterzug nach Osten verpasst haben. Da kam tatsächlich schon wieder einer. An der Stelle wartete es sich dann aber äusserst gemütlich im Schatten im Auto. Ein Anwohner (öh, oder eher Gleisarbeiter) kam noch vorbei und fragte nach Zigaretten. Ansonsten wollte er nichts von uns. Damit konnten wir leider nicht dienen.
Und weil das warten so angenehm war konnten wir auch gar nicht lange warten. Denn kaum war der «falschfahrer» durch kam ein Zug nach Westen wie erwünscht.

58- 20’ZELR 411 mit einem nächsten Güterzug nach Osten. Der hat uns etwas überrascht, so standen wir nicht wirklich optimal.

59- Denn wir warteten auf einen Zug in diese Richtung. Die 20’ZELR 402 ist für die Bespannung des nächsten Westfahrer zuständig.


Wir packten wieder zusammen und fuhren weiter durch das Tal. Da jetzt je ein Zug pro Richtung kam würde es wieder dauern. Es gibt ungefähr alle 10km einen Bahnhof, wobei es auch längere Abschnitte gibt. Die Strecken waren belegt, wir rechneten mindestens mit 30min Zugpause. Und in dieser Zeit könnten wir mal bis Tanghimush rausfahren. Tangimush ist das Ende vom Tal.
Der Weg wurde noch etwas abenteuerlicher als sowieso schon. Er führte früher wohl mal etwas oberhalb der Bahn an der Hügelflanke entlang. Nur ist das nicht mehr funktionsfähig. So hat man mehr schlecht als Recht eine Fahrspur neben den Gleisen eröffnet. Teilweise mit der einen Seite auf dem Schotterbett sollte man da nicht unbedingt langfahren wenn gerade ein Zug durchrauscht, der Seitenspiegel wäre nicht unbedingt glücklich darüber ;).

59.5- Im hinteren Tal wurde der Weg noch etwas abenteuerlicher. Zwischen Wadi und Bahngleis bahnt man sich einen Weg. Ein Zug kommt in diesem Moment besser nicht.


Nach einem letzten kurzen engen Abschnitt öffnet sich das Tal schlagartig. Und sofort wird der Weg wieder besser, da wird wieder irgendeine Förderanlage erschlossen. Und es gibt eine Industriebrache am Talausgang. Und genau da stellten wir uns auf einen Hügel. Und warteten auf einen nächsten Westfahrer. Wenn wir so zurück denken an Heute sind die Ostfahrer in der deutlichen Überzahl … ob das jetzt Klug war? Und prompt kam als erstes ein Ostfahrer. Und es war der erste Zug den wir NICHT fotografieren konnten. Grummel … . Aber nur 50min später trötete es aus dem Bahnhof Tangimush. Und um kurz nach 15 Uhr konnten wir auch diese Stelle als erledigt verbuchen.

60- Eine allgegenwärtige 20’ZELR - die 401 -mit einem Güterzug nach Westen. Wir stehen mittlerweile nahe am Bahnhof Tangimush und am Ende des Tals. Bei diesen ganzen 20’ZELR die wir fotografieren bleiben wir uns bewusst; von den Loks gibt es nur 20 Paare.


Langsam machten wir uns Gedanken was wir mit dem Personenzug anfangen wollen. Es kommt wieder ein 3er Paket am Abend. Leider beginnt der Spass aber relativ spät. Nur der erste geht noch im Licht, gegen 17 Uhr im Tal. Alles was folgt ist in dieser Jahreszeit dann nach Sonnenuntergang. So muss man etwas Gehirnschmalz investieren um diesen einen nicht zu verdaddeln ;). Wir fuhren wieder hinein ins Tal und platzierten uns in den eben gesehenen engen Abschnitt. Da fanden wir dann auch den ersten Platz heute den wir zu einem «must have» auserkoren. Wir konnten nur noch 20min warten bis die Sonne hinter dem Einschnitt versank. In dieser Zeit kam nichts. Also müssen wir nochmal hierhin, so einfach ist es ;).
Wir probierten auch noch einen Hügel rauf zu klettern für den P-Zug. Wir kamen auch gut rauf … bis in die Hälfte. Aber von unten sah das irgendwie alles flacher und stabiler aus. Irgendwann stand ich im Abbruch auf rutschigem irgendwas und kam weder vor noch zurück. Der Blick auf die Bahn war jetzt auch nicht mega, das wäre weiter oben auch nicht besser. Also kommunizierten wir einen Abstieg … oder der Versuch eines solchen. Ich kämpfte mich irgendwie ein bisschen weiter rüber, um in einem felsigeren Abschnitt runter zu kommen. Das klappte ohne Blessuren, aber gelohnt hat sich das nicht. Und die Beine zitterten.
Wir einigten uns darauf den Personenzug nochmal nahe des Felsentors machen zu wollen, da wo wir schon den letzten Personenzug heute früh gemacht haben. Das gefiel uns allen und die Richtung passte ja sowieso. Also hoppelten wir zurück zu dieser Stelle und stellten uns in den Dreck auf den Hügel. Und bevor der Personenzug kam, war wieder Zeit für Güterverkehr.

61- Wieder am Felsentor warten wir wieder auf den Personenzug. Aber bevor der kommt gab sich noch 20’ZELR 413 die Ehre.

62- Der Personenverkehr in diesen Landeseteil besteht nur aus Nachtzügen. Jene am Vormittag nach Osten kommen ja, wie wir heute früh gesehen haben, gut im Licht. Am Abend wäre das auch so, aber das Programm beginnt spät. Nur der erste der drei Züge kommt vor Sonnenuntergang. Es ist der Andijan Zug. Er kommt aus Termez und trägt die Nummer 130. Erinnert ihr euch, den Zug ist schon im Teil 1 auf Bild 6 zu sehen, aber nach seiner Fahrt durch die Nacht ;) Es zieht 20’ZUY 508.


So endete der Tag – vermeintlich. 17:15 Uhr war durch, die Sonne kratzte überall schon an den Bergspitzen. So nahmen wir den Weg zurück unter die Räder. Holperten durch das Felsentor und dann immer entlang der Strecke bis zum Talausgang. Dabei beäugten wir noch potenzielle Stellen für den Personenzug weiter oben im Tal. Wir kommen bestimmt nochmal her und bräuchten für ihn dann ja noch eine Stelle mit Licht. Wir waren irgendwie schneller als wir dachten – der Rückweg ist gefühlt immer kürzer – und standen plötzlich an einem Ort, wo die Sonne sicher noch gute 30min halten würde. An einem Bahnübergang stellte ich uns einfach hin und schaltete den Motor aus. Die anderen verstanden meine Intention nicht wirklich. Als ich aber raus stand und «ein Ohr voll» nahm merkten sie wohl worauf ich raus wollte. Das «Ohr voll nehmen» ergab aber nichts. Es war zwar ein Lärm in der Luft, aber kein Zug. Eine Industrie? Das ist doch nichts. Hier muss irgendwo weit weg etwas sein, was bis ins Tal reindröhnt.
Wir warteten einfach weiter. Wipf, unser powerhorcher, meldete plötzlich ein Westfahrer. Ich hab ihn nicht gehört. Und jetzt eilte es. Wipf wollte vorhin schon die ganze Zeit 200m weiter vorne hinstehen, da wären Westfahrer besser machbar. Ich wollte aber am BÜ bleiben für einen potentiellen Ostfahrer, der wäre im Streiflicht gut machbar. Das jetzt ein Westfahrer kam war doof. Es eilte, weil wir wollten die 200m noch vorfahren. Das der Zug schon so nah war wusste ich nicht, ich habe ihn ja nicht gehört. Als die Räder des Autos still standen war der Zug schon fast bei uns. Bei mir hat es nur noch gereich einen Dreckhaufen zu besteigen und drauf zu halten. Bei den anderen hat es gar nicht mehr gereicht. Ups, der geht auf meine Kappe – mi scusi! Wer rechnet denn auch damit, dass man 30min hinter dem Personenzug noch ein Güterzug durch die Schlucht treibt?

63- Am westlichen Talausgang noch ein letztes Bild. 30min hinter dem Personenzug schickte man tatsächlich noch ein Güterzug auf die Reise. Es zieht 20’ZELR 411.


Apropos Güterzug. Hier ist ja was los! Wir haben gehofft ab und an einen Güterzug zu sehen. Wir haben gehofft, dass nicht nichts läuft. Das man aber an einem Tag 10 Güterzüge sieht überrascht uns positiv. Wenn man von diesen 10 dann auch 9 noch (zumindest mehr oder weniger) gut fotografieren kann … hui! Ob in den nächsten Tagen so bleibt, wir hoffen einfach mal.
Nach diesem Bild war jetzt aber fertig. Der Zug kam um 18 Uhr und die Sonne war am Horizont angelangt. Also nutzen wir das Restlicht des Tages um nach Boysun zurück zu kommen bevor es dunkel über die blöde Baustellen gehen muss. Irgendwo vor Boysun bin ich dann falsch abgebogen – oder zu blind dem Auto vor mir nachgefahren. Auf jeden Fall waren wir plötzlich auf einer Asphaltstrasse, an die ich mich von heute früh überhaupt nicht erinnern konnte. Wir kamen dann im Norden in die Stadt rein. Das war schön, aber sinnlos. Denn trotz Asphalt kostet es Zeit. Aber Zeit hatten wir ja, oder habt ihr noch was vor heute? Wir nutzten die Fahrt durch die Stadt an einem kleinen Supermarkt vernünftiges Klopapier zu kaufen. Wir meinten auch nicht ganz so arges gefunden zu haben … aber ihr wisst wer meint? Beim Vergleich im Hotel sahen wir dann … ist exakt derselbe Mist :-).
Wir kauften ein, wir duschten uns den Staub vom Körper, schmissen uns in frische Kleider und gingen zum Essen. Heute war auch Gubi dabei. Wir gingen wieder zur Lokalität von gestern. Das war ja tiptop und alternativen sahen wir jetzt auch keine. Natürlich kannte man uns noch, wir wurden am selben Ort platziert und freudig empfangen. Wir hatten wieder Lust auf genau dieses eine Menü von gestern. Nur etwas weniger Momos wären gut. Wir versuchten ihm zu erklären, dass wir je 2 Momos wollen, also 6 totoal, und je 2 Spiesschen, also 6 Total. Ausserdem 3 Bier, also 3 total.
Erst stellte er eine Einkaufstüte mit 6 Bier hin. Die hatte man wohl gerade beim kleinen Geschäft vor dem Restaurant eingekauft. Nett, aber das mit den Zahlen üben wir nochmal. Dann kamen die Momos. Und das mit den Zahlen üben wir nochmal! Es waren natürlich nicht 6 in der Summe sondern deren 18. Freund, wer soll das Essen?! Immerhin, bei den Spiesschen scheint unser Wunsch nach je 2 angekommen zu sein. Den Salat hat man heute vergessen obwohl erwähnt, das war aber kein Problem, der hatte sowieso keinen Platz mehr nirgends. Masslos überfressen (ich wünschte es gäbe ein schöneres Wort dafür) liefen wir zurück zum Hotel und taten nicht mehr viel. Ausser natürlich eine Abfahrtszeit für morgen zu definieren. Wir wollen nicht morgen ins Tal sondern erst übermorgen wieder. Das ist dem Personenzugfahrplan geschuldet … dazu aber morgen mehr. Auf jeden Fall verabredeten wir uns um 06:15 Uhr am Auto.